Rechenkünste, Stillstand und der Bürgermeister

Udo Teifel hat gerechnet: eine Wahrscheinlichkeitsberechnung in der Bergischen Morgenpost, welche Koalitionen im Wermelskirchener Stadtrat möglich sind. Das Ergebnis, kurz zusammengefaßt: Am wahrscheinlichsten sei die Zusammenarbeit der Grünen mit dem Block der Parteien, die Bürgermeister Weik unterstützt haben, also WNKUWG, Bürgerforum und FDP. Zwar seien nicht alle grünen Fraktionsmitglieder vorbehaltlos auf der Seite des Bürgermeisters, aber bei entsprechendem Geschick des Bürgermeister und der Vertreter des Parteienblocks müsse eine Zusammenarbeit möglich sein, zumal es eine gehörige Schnittmenge bei den politischen Positionen gebe. Für weniger wahrscheinlich hält Teifel die Zusammenarbeit von CDU, SPD und Grünen, weil es in der Fraktionen der Grünen doch auch Mißtrauen gebe. Eine Zusammenarbeit der “Bürgermeister-Parteien” mit der CDU hält Teifel für unwahrscheinlich, weil die Gräben aus der Vergangenheit zu tief seien und aus dem Bürgermeisterblock bereits die Forderung zu lesen gewesen sei, mit der CDU unter den Granden Bosbach und Schmitz sei Kooperation nicht möglich.

Das mag alles plausibel gerechnet sein. Allein: Es ist die Fortsetzung des Fingerhakelns, das die Bürger in den letzten Wochen so sehr verdrossen hat.

Die SPD hat sich vorschnell in die Opposition verdrückt. Keine Bewegung erkennbar, keine neue Idee, schon mal gar keine kommunalpolitische Vision. Abwarten scheint zur Strategie zu werden. Die CDU beteuert ihren anhaltenden Schock. Keine Bewegung erkennbar, keine neue Idee, schon mal gar kein öffentliches Nachdenken darüber, ob sie nicht doch die wahre Urheberschaft für die kommunalpolitische Misere in Wermelskirchen zu übernehmen hat. Beim sogenannten Bürgerblock handelt es sich ja im wesentlichen um Abspaltungen der CDU. Wie gesagt, Demut ist nicht erkennbar. Bleibt der Bürgerblock. Auch hier: Ausgrenzung. Henning Rehse hat schon Ultimaten an die CDU gerichtet und die SPD mit Mißachtung belegt. Bleiben die Grünen. Vielleicht begreifen sie es als ihre Aufgabe, durch ihr Verhalten im Rat der Stadt, das monolithische Denken zu überwinden.

Hinter jedem Ratsmandat stehen Wähler. Jeder Ratsherr, jede Ratsfrau steht für Bürger dieser Stadt, mögen sie einem sympathisch sein oder nicht. Ausgrenzung, Mißachtung, Ultimaten sind auch Ausgrenzungen und Mißachtung von Wählern und Bürgern, von Ideen, von Konzepten und auch Visionen. Insoweit stimme ich Udo Teifel auch nicht zu, der die Linke im Stadtrat als zur Bedeutungslosigkeit verurteilt sieht, weil sie mit nur einem Mandat keine Machtoption habe. Auch die Linke steht für politische Ideen und Auffassungen in unserer Stadt. Wir haben viele Parteien im Rat, die allesamt für Interessen von Bürgern stehen. Es gilt, das Gemeinsame herauszuarbeiten, das Gemeinwohl, wenn man mir den altmodisch anmutenden Begriff gestattet. Ich fürchte, wir werden auf die notwendige Portion Rationalität – vielleicht auch politische Moral – bei den Parteien noch ein wenig warten müssen.

Es könnte die Zeit des Bürgermeister sein, der Kraft Amtes dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Des Bürgermeisters, der eindeutig von Wählern aller Couleur, aller Parteien, aller Richtungen im Amt bestätigt worden ist. Ein Bürgermeister mithin, der nicht nur einer Partei, einem Block, einer Koalition verpflichtet ist. Mit dem grandiosen Wahlergebnis haben die Bürger Eric Weik mit der Unabhängigkeit ausgestattet, die es ihm erlaubt, die Schritte zu gehen, zu denen Parteien offenbar noch nicht in der Lage sind.

3 Kommentare

  1. Wolfgang Horn

    Lieber Henning,
    noch ein kleiner Nachtrag: Zwischen Mißachtung und Ausgrenzung auf der einen und einer Brücke zurück zum Gemeinwohl auf der anderen Seite ist die Welt schön und groß und bunt. Nutzt sie. Als Wahlsieger. Seid offen. Was könnte Euch eigentlich passieren? Ihr habt die politischen Verhältnisse in der Stadt derart zum Tanzen gebracht, daß sich die jüngere Geschichte nur wiederholen könnte, wenn sich auf der “anderen” Seite nur Holzköpfe befänden. Und selbst wenn es so wäre, wäre es für euch nur zum Vorteil.

  2. Wolfgang Horn

    @Henning Rehse
    Natürlich weiß ich, daß in der Vergangenheit Vereinbarungen zwischen den Parteien eher nicht eingehalten worden sind. Und ich weiß auch, daß solche Erfahrungen die Leidenschaft nicht gerade erhöhen, zukünftig wiederum zu Vereinbarungen zu kommen. Gleichwohl kann und muß man sich gerade jetzt auch um die beiden Wahlverlierer bemühen. Es ist ja nun keineswegs so, daß beide Parteien monolithische Blöcke sind, in denen nur gesagt und getan wird, was die Anführer vorhaben und vorgeben. Und die derbe Niederlage hat natürlich Wirkungen. Auch die, daß mit dem Nachdenken gewiß schon begonnen worden ist. Wenngleich sich das derzeit noch nicht in öffentlichen Äußerungen niederschlägt. Ich bin und bleibe optimistisch. Aber mich fragt ja keiner.

  3. Henning Rehse

    Hallo Wolfgang,

    du magst meine Ausführungen in Richtung SPD und CDU als Missachtung bzw. Ausgrenzung deuten, dem ist aber nicht so.

    Es ist nur so, dass ein gebranntes Kind nun einmal das Feuer scheut:
    Mit der SPD wurde nach der Kommunalwahl 2004 ein leider nur personalpolitisches Konzept überwiegend zu Gunsten der SPD geschnürt. Nachdem das umgesetzt war, ward die SPD nicht mehr geshen, obwohl es immer wieder Ansätze des Bürgermeisters und Bündnisses gegeben hatte, inhaltlich zusammen zu arbeiten. Selbst das Angebot, einen technischen Beigeordneten auf Vorschlag der SPD anstelle des bisherigen Beigeordneten zu wählen, lehnte die SPD ab – da war der BB-Handel mit der CDU “Bürgermeister gegen Beigeordneten” längst perfekt. Dass es auf Grund dieser Vorgeschichte da derzeit wenig Berührungspunkte gibt, liegt auf der Hand.
    Mit der CDU schlossen Bündnis und Bürgermeister sogar einen schriftlichen Vertrag. Der beste Notar – die Öffentlichkeit vor laufenden Kameras – wurde zur Vertragsunterzeichnung bemüht. Das hinderte die Herren Schmitz und Bosbach aber nicht daran, diesen Vertrag nach nur einem Jahr hinterlistig nach Gutdünken zu brechen. Insofern ist es nur verständlich, dass eine solche Erfahrung niemand im Bündnis und auch ich nicht sehenden Auges ein zweites Mal machen wollen. Das heißt aber nicht, dass die CDU imsgesamt ausgegrenzt werden soll und darf. Eine erneuerte, glaubwürdige von “Altlasten” befreite CDU ist für mich jederzeit ein ernst zu nehmender Ansprechpartner.

    Liebe Grüße
    Henning

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