Monat: September 2018

“BILD” im AfD-Vorfeld

Eine „Vorfeldorganisation“ ist, wenn man Wikipedia glauben darf, eine politische Gruppierung, die einer Partei nahesteht oder gar in ihr eingebettet ist. Anders als die Partei selbst spricht sie ausschließlich bestimmte Interessenlagen an. Damit erhält sie einen Zugang zu Personen, die nicht direkt für die Partei zu gewinnen wären. Michael Spreng, konservativer Publizist und ehedem Wahlkampfmanager für Edmund Stoiber und später auch für Jürgen Rüttgers, nutzt ganz aktuell in seinem Blog „Sprengsatz“ den Begriff der „Vorfeldorganisation“ zur Kennzeichnung der BILD-„Zeitung“. Unter dem Titel: „BILD – Vorfeldorganisation der AfD“ schreibt er, es vergehe kaum ein Tag, an dem die BILD-Zeitung nicht versuche, die Institutionen und Repräsentanten des Staates verächtlich zu machen und ihre Leser gegen sie aufzuhetzen und fährt fort: „Jüngstes Beispiel an diesem Samstag. Auf Seite 1 schreibt BILD: ‚Der türkische Präsident Erdogan will, dass Deutschland Journalisten als ‚Terroristen‘ in die Türkei ausliefert – und bekommt dafür ein Staatsbankett beim Bundespräsidenten.‘ Nicht trotzdem, was legitim gewesen wäre, sondern dafür. BILD unterstellt damit Frank-Walter Steinmeier, das Bankett sei eine Belohnung für Erdogans Forderung. Dies ist nicht nur objektiv falsch, sondern auch eine Verunglimpfung des obersten Repräsentanten des Staates. Steinmeier hat sich ebenso wie Angela Merkel während des Staatsbesuches bei jeder Gelegenheit und bei jedem Zusammentreffen mit Erdogan unmissverständlich zur Lage der Menschenrechte und der Pressefreiheit in der Türkei geäußert.“ Das Verhalten von BILD sei kein Einzelfall. Seit Monaten bespiele BILD die politische Agenda der AfD. Fast jede Gewalttat eines Flüchtlings gegen einen Deutschen werde zur schreienden Schlagzeile, wenn aber ein Deutscher einen Syrer ersteche, werde dies mit ein paar Zeilen hinten im Blatt abgetan. Der ehemalige Redakteur bei der Welt, der Welt am Sonntag, bei Bild und Bild am Sonntag, beim Kölner Express und anderen Boulevardzeitungen urteilt, daß das Hamburger Springerblatt „mit dieser Kampagne systematisch den Respekt vor den Institutionen und Repräsentanten des Staates (zersetzt) und die liberale deutsche Demokratie (delegitimiert)“. Die Zeitung mache sich damit freiwillig oder unfreiwillig zur Vorfeldorganisation der AfD. Zwei oder drei Prozentpunkte für die AfD in den Meinungsumfragen müßten aufs BILD-Konto gebucht werden. Mehr noch: Der neue BILD-Chef Julian Reichelt habe eine Truppe von „selbsternannten Kriegern im Schützengraben“ rekrutiert, um die Kanzlerin und den liberalen Rechtsstaat „sturmreif“ zu schießen. O-Ton Spreng: „Mir tun die anständigen Journalisten bei BILD leid, die zum Teil aus Existenzangst nicht wagen, dagegen aufzustehen oder das Blatt zu verlassen.” Wie hieß es früher noch in „unseren“ Kreisen? „Enteignet Springer!“

Foto: Udo Grimberg, Lizenz: CC-BY-SA 3.0

Drinbleiben?

Nichts Böses ahnend, mehr noch: Gutes feiernd, etwa, daß Palle, mein Sohn, mit dem ich mich seit einigen Tagen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet radfahrend herumtreibe, um die letzten Sonnenstrahlen bei (halbwegs) sportlicher Betätigung einzufangen, die Marke von dreitausend Kilometern mit dem Handbike, dem Fahrrad für Rollstuhlfahrer, erreicht und übertroffen hat, werden wir dennoch von den Niederungen und Grotesken bundesdeutscher Politik erreicht, überrascht, überwältigt, gefoltert, was auch immer. Eigentlich müßte ich mein SPD-Mitgliedsbuch in die Maas werfen, in irgendeinen der kleinen Kanäle hier, ins Leukermeer. Allein: So ein Parteibuch trägt man ja nicht immer bei sich. Schon mal gar nicht auf einer Radtour, bei der um jedes Gramm gekämpft wird. Ich habe ja nicht das zweite Paar Schuhe zu Hause gelassen, um stattdessen den Ausweis sozialdemokratischer Gesinnung mitzuschleppen. Nun gut. Der Eifgenbach führt auch noch Wasser, zur Not tun es auch Wupper oder Rhein. Austreten ist irgendwie auch keine Lösung. Das weiß ich ja. Ist aber drinbleiben eine? Ich weiß es nicht.

Bella Ciao

Ganz frisch auf den Tisch: Übermorgen erst erscheint das Album des Gitarristen  Marc Ribo “Songs of Resistance Nineteenfourtyeight – Twentyeightteen”. Und darauf die Hymne aus dem italienischen Widerstand und antifaschistische Volks-Ballade Bella Ciao.  Mehr noch: gesungen, vorgetragen, durchlebt von Tom Waits.

Eines Morgens in aller Frühe
Bella Ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao
Eines Morgens in aller Frühe
trafen wir auf unseren Feind.


Partisanen, kommt nehmt mich mit euch,
Bella Ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao
Partisanen, kommt nehmt mich mit euch,
denn ich fühl' der Tod ist nah.


Wenn ich sterbe, o ihr Genossen,
Bella Ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao
bringt als tapferen Partisanen
mich sodann zu letzten Ruh'.


In den Schatten der kleinen Blume,
Bella Ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao
einer kleinen, ganz zarten Blume,
in die Berge bringt mich dann.


Und die Leute, die gehn vorüber,
Bella Ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao
Und die Leute, die gehn vorüber,
sehn die kleine Blume stehn.


Diese Blume, so sagen alle,
Bella Ciao, bella ciao, bella ciao, ciao, ciao
ist die Blume des Partisanen,
der für unsere Freiheit starb.


(Verfasser des italienischen Orginals: unbekannt 
(um 1906 in Terre d'Acqua), Übersetzung: Horst Berner)