„Wer wird deutscher Finanzminister?“, wird man in Paris immer wieder gefragt – und meist gibt sich der Fragesteller mit ahnungsvollem Stirnrunzeln selbst die Antwort: Christian Lindner! Keine Frage, der FDP-Chef ist für die Franzosen eine Art rotes Tuch. Die Liberalen gelten hier als kompromisslose Hardliner in der europäischen Finanz- und Schuldenpolitik. Damit sind die Konflikte zwischen den beiden Nachbarn programmiert:
Sabine Rau, in: Was wird aus Deutschland? Internationale Erwartungen an die neue Regierung in Berlin. Mehr Europa wagen, in: Hauptstadtbrief vom einunddreißigsten Oktober Zweitausendeinundzwanzig
Monat: Oktober 2021
Vermögen
Ich frage mich, ob die Raumfahrtabenteuer der Herren Bezos, Branson und Musk nicht der berühmte Schuss in den eigenen Fuß waren. Die co2 und Geld fressenden Kurztrips vermittelten weniger das gewünschte Bild vom Weltraumpionier, sondern eher die Botschaft, dass da jemand zu viel Zeit und viel zu viel Geld hat. Seitdem nimmt jedenfalls die Debatte um eine Spezialbesteuerung dieser Superreichen Fahrt auf. Schon zwei Prozent einer Sonderabgabe zur Bewältigung der Pandemiefolgen würde enorme Summen generieren und den sozialen Frieden festigen. Die Vermögensungleichheit hat wirklich irre Dimensionen angenommen. Der französische Zweig von Oxfam hat mal folgendes Gedankenspiel veröffentlicht: Wenn jemand achttausend Euro spart und zwar jeden Tag und damit am vierzehnten Juli Siebzehnhundertneunundachtzig begonnen hätte, könnte er sich heute eines Guthabens erfreuen, das gerade mal einem Prozent des Vermögens von François Pinault entspricht.
Nils Minkmar, Der Siebte Tag, dreißigster Oktober Zweitausendeinundzwanzig
Der Kirschbaum tanzt
#2GBoykott
Wagakki Band
Das tut man nicht
Nikolaus Blome, einst bei Welt und Bild, heute beim Spiegel, sinniert dort übers Konservative. Konservativ sei zu wissen, was man nicht tut. Und das macht er fest an Sebastian Kurz und seinen Fanboys im Nachbarland. “Sie verachten das Volk, dem aufs Maul zu schauen sie vorgeben, derweil sie es blenden. Es müsste ihnen allen amtlich verboten werden, sich konservativ zu nennen. Sie sind eine Schande, weil sie tun, was man einfach nicht tut. Weil sie tun, was zu tun man seinen Kindern untersagt, um sie Anstand zu lehren.” Anstand. Da haben wir es. Bürgerlicher Anstand. Thomas Schmid schreibt in seinem Blog: “Für die CDU ist die Causa Kurz durchaus von Bedeutung. Denn sie zeigt, nicht nur, dass die Zukunft der Partei kaum in der Rückkehr zu altkonservativen Werten liegen kann. Sie zeigt auch: Eine Partei, die das Etikett ‘bürgerlich’ für sich beansprucht, beschädigt sich selbst, wenn sie die Werte des Anstands zwar regelmäßig propagiert, sie im internen Umgang aber ebenso regelmäßig verletzt.” Zwar sei die CDU noch weit entfernt vom “Nihilismus der Kurz-Boys”. Gleichwohl werde die Ressource Anstand allmählich knapp. “Nicht zuletzt, weil es auf breiter Front an Anstand fehlte, hat die Union bei der Bundestagswahl so schlecht abgeschnitten.” Markus Söder habe einen erheblichen Anteil an diesem Anstandsdebakel, da er im Grunde Wahlkampf für die SPD gemacht habe. Es gibt nach Nikolaus Blome den Unterschied zwischen populär und populistisch, nämlich der zwischen Beliebt-Sein und Sich-Beliebt-machen-wollen. Ohne das sichere Gespür für diesen Unterschied könne man weder Liberaler, noch Konservativer sein.
Schwatzhaftigkeit
Schamperücken
Ja, jeder weiß, daß Blumentopferde keine Pferde sind und Erblasser keinen Teint beschreibt. Gleichwohl kamen mir heute diese sattsam bekannten Beispiele in den Sinn, als mir mein Sohn Palle eine Seite des Kraftfuttermischwerks zusandte mit dem Hinweis auf einen Schamperückenverkäufer. Merkins werden sie genannt, die Schamperücken, mir gleichfalls unbekannt, dieses Wörtchen. Übersetzt findet man dann: Downstair Toupets. Damen, ja, wirklich Damen, aus dem Milljöh, sollten auf ihre Hygiene achten und etwa dem Lausbefall vorbeugen, indem sie ihre “downstairs” Körperhaare, die Schambehaarung, abrasieren und an der Stelle eine Schamperücke, ja, was? aufsetzten? anbrachten, einerlei. Schließlich könne ein derartiges Kunstwerk Narben, etwa der Syphilis, verdecken. Im übrigen: Schamperücken datieren bereits aus der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts. Glatt, rasiert, kahl, das ging vor einhundertsechzig Jahren noch nicht. Da mußte schon eine Schamperücke her. Und eigentlich geht das auch heute nicht. Wie dem auch sei. Das beste an dem kleinen Beitrag ist indes der Satz: “Und ich möchte bitte nicht über den Bart des Gentleman reden.”
Koalitionsanschmusung
Made my Day. “Während im politischen Berlin in den vergangenen Tagen alle damit beschäftigt waren, im Zuge der Koalitionsanschmusung öffentlich möglichst wenig Drama zu veranstalten, hatte man sich in Wien in der gleichen Zeit entschieden, ein ordentliches Regierungskrisenfeuerwerk abzufackeln.“
Peer Schader bei DWDL, zitiert nach Altpapier vom MDR