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Zur Strafe acht Jahre Opposition

Zur Strafe acht Jahre Opposition – so überschreibt die Süddeutsche Zeitung heute einen Kommentar, nein: eher ein öffentliches Nachdenken von Dieter Degler über die SPD. Es sei ihm alles zu schnell gegangen nach der verlorenen Wahl, moniert Degler: Steinmeier noch am Wahlabend zum Fraktionsvorsitzenden gekürt, Gabriel ein paar Tage später Parteivorsitzender, Nahles, Wowereit, Kraft und Scholz drumrum – Blitz-Personalien nennt er das Verfahren. “Statt zunächst gründlich die Ursachen der krachenden Niederlage zu analysieren, daraus die inhaltlichen Konsequenzen und Handlungsoptionen zu destillieren und anschließend, als letztes, die sich daraus ableitenden personellen Konstellationen festzuzurren, macht es die SPD genau anders- und falschherum.”  Vier Vorschläge macht Degler der “verwirrten” Partei. Erstens müsse das Verhältnis zur Linken nüchtern und ohne Selbstmitleid geklärt werden. Diese sollte als Konkurrenz ernst genommen und als möglicher Koalitionspartner akzeptiert werden. Eine bloße Wende nach links nutze nichts, mache die Linke keineswegs überflüssig. Zweitens müsse ein für die Wähler schlüssiges Bündnisverhalten erkennbar sein. Matschies Wahlkampf gegen die CDU in Thüringen und seine Koalitionsverhandlungen mit eben dieser CDU spalte die Partei und mache sie unglaubwürdig. Auch die Ausschließeritis müsse aufgegeben werden. Drittens solle die SPD sich bemühen, “das zerfallene Mitte-Links-Lager wieder zu stabilisieren. Dazu gehören bessere diplomatische Beziehungen zu Grünen, Linken und der FDP. Dazu gehört ein Anti-Verelendungs-Programm, das finanzierbar und damit überzeugender ist als der linke Spruch “Reichtum für alle”.” Dazu gehöre die Erneuerung und Verjüngung einer “vergreisenden” Partei, “die zwar im Internet-Zeitalter lebt, es aber nicht mehr versteht.” Und viertens schließlich müsse die Partei wieder lernen, mit dem Volk zu kommunizieren. “Viele Lösungsansätze schlummern in sozialdemokratischen Köpfen und Papieren, aber sie erreichen die Wähler nicht mehr. Während der heute vielgeschmähte Gerhard Schröder selbst fragwürdige Positionen öffentlich darstellen konnte als seien sie der Gral der Weisheit, gelingt es der aktuellen Führungsriege nicht einmal, ihre Verdienste während der großen Koalition angemessen ans Publikum zu bringen.” Dabei würden die gesellschaftlichen Probleme immer schwieriger, die Bindungen an Parteien nähmen ab und die mediale Verblödung produziere immer mehr politisch Desinteressierte. “Die ersten Schritte nach der Bundestagswahl deuten allerdings nicht darauf hin, dass sich die SPD nun gründlich den Mühen der Wiederaufbau-Ebenen widmen will. Wer das aber nach einem solchen Debakel unterlässt, wird mit Opposition nicht unter acht Jahren bestraft.”

Da kann ich nur noch hinzufügen: Das alles gilt in Wermelskirchen auch.

 

Opposition

Der Duden liefert eine allgemeine Definition, was denn Politik ist, nämlich “das auf die Durchsetzung bestimmter Ziele besonders im staatlichen Bereich und auf die Gestaltung des öffentlichen Lebens gerichtete Handeln von Regierungen, Parlamenten, Parteien, Organisationen oder ähnlichem”. Politik, politisches Handeln von Parteien und Politikern wirkt also im öffentlichen Raum, in die Öffentlichkeit, müht sich, verstanden zu werden bei den Menschen, Verständnis für das Handeln von Politikern und Parteien zu bewirken. Ein wichtiger Teilbereich von Politik also ist die öffentliche Kommunikation. Davon ist derzeit in Wermelskirchen nichts zu spüren. Die CDU tritt öffentlich so gut wie nicht auf. Die SPD hat sich ebenfalls lange nicht gerührt. Gut, eine herbe Wahlniederlage will erst verdaut sein. Aber was sich jetzt wieder abspielt in der Kleinstadt, ist lediglich die Fortsetzung dessen, was die Bürger bereits im Wahlkampf erleben, erleiden durften. Die Parteien, nein: CDU und SPD, haben offenbar größte Mühe, die neuen Verhältnisse, die die Wähler in der Stadt herbeigeführt haben, zu akzeptieren. Die CDU lehnt jedwede personelle Änderung ab, mithin auch die Übernahme der Verantwortung für ein desaströses Wahlergebnis. Und die SPD? Dito. Mehr noch: Der Wahlkampf geht nahtlos in die Nachwahlphase. Keine personelle Erneuerung. Keine Veränderung des öffentlichen Auftretens. Die gleiche Grundhaltung, wie sie im Wahlkampf täglich zu hören und zu lesen war: Schuldzuschreibungen für alles und jedes an andere, an den Bürgermeister, an die örtliche Presse, an wen auch immer. Den Bürger, den Wähler hat man schon im Wahlkampf mit diesen Mitteln nicht erreicht, im Gegenteil. CDU und SPD richten sich offenbar auf eine sehr, sehr lange währende Opposition ein.

Nicht mehr “stadttragende” Partei

Nur fünf Wochen nach der desaströsen Kommunalwahl gesteht nun die örtliche CDU Fehler in ihrer Politik ein. Sie sei nicht mehr “stadttragende Partei”. Ach was. Die Bürger und Wähler in dieser Stadt wußten das schon seit der vorletzten Kommunalwahl, seit 2004. Die CDU sei nun Opposition. Interessant, daß sich auch die CDU lieber die Oppositionsrolle schnappt, als sich der programmatischen und personellen Erneuerung zu unterziehen. Personell, so der CDU-Vorsitzende, Volker Schmitz, in der Bergischen Morgenpost, werde sich vorerst nichts ändern. Die beiden Köpfe, die für den Obstruktionskurs der CDU in den vergangenen Jahren und den Wahlkampf Verantwortung tragen, Martin Bosbach und Volker Schmitz, sind denn auch für den Fraktionsvorsitz im Gespräch. “Da sieht man mal, wie schnell ist nichts passiert”, dieser Ausspruch, den ich neulich aus dem Munde eines gewitzten Ruhrgebietsbewohners hörte, trifft voll auf die örtliche CDU-Gliederung zu. Da nutzt es auch nichts, wenn im Nachhinein Wahlkampfpositionen geräumt werden: Die Zusammenarbeit mit der SPD sei ein Nachteil gewesen und werde aufgegeben zugunsten eines “eigenen Profils”, zum Freibad in Dhünn oder zu den Kindergartenbeiträgen werde man die eigenen Positionen im Lichte des Wahlergebnisses neu bedenken.

Fazit: In der CDU wird man wohl noch lernen müssen, die Wählerquittung zu lesen und zu verstehen. Auf dem Nachdenkzettel der Wähler stand auch: So nicht mehr und nicht mit diesem Personal. Die Stadt gehört nicht Euch. Wir wollen keine Obstruktion und Zwietracht im Rat. Es geht nicht um die Macht für die CDU, sondern um die Gestaltung der Stadt.

Eigentlich doch nicht so schwer zu verstehen, oder? Ich habe es an dieser Stelle schon mehrfach gesagt: Der CDU mangelt es an Einsicht und an Demut, aus der sich eine neue Kommunalpolitik entwickeln ließe, eine Politik, die nicht zuerst den Bürgermeistersessel und andere Pöstchen im Auge hat. Statt Einsicht Opposition, statt neuer Gesichter die alten Granden. Unendlich viel Zeit hat die CDU durchaus nicht. Die nächste Wahl kommt gewiß.