Irgendwie steht die Welt doch Kopf, wenn es vor sechs Monaten, an Heiligabend, dem vierundzwanzigsten Dezember Zweitausendzwölf mit sechzehn Grad wärmer war als heute, dem sechsundzwanzigsten Juni Zweitausenddreizehn mit zwölf Grad. Oder?
Monat: Juni 2013
Mit Wobo raus aus der kommunalen Enge
Bundesweit wird ihr vermutlich kein Erfolg beschieden sein am zweiundzwanzigsten September, dem Tag der Bundestagswahl. Die Rede ist von der WNK, der Wermelskirchener Neuen Kommunalpolitik. Mutig aber, daß sie antritt, bundesweit, die engen Grenzen der lokalen Politik sprengt, das Ganze ins Auge nimmt, die Republik, das bundesdeutsche Gemeinwohl. Den Auftakt für die Expansionspläne liefert eine Bürgerversammlung am 2. Juli, an Mariä Heimsuchung.
Ob es indes ein kluger Schachzug war, keinen eigenen Kandidaten auszuwählen, Henning Rehse etwa, den geborenen Anführer seiner Truppe und mitunter einsamen Raufbold im feindlichen Wermelskirchener Umfeld, sondern sich stattdessen dem gebrauchten Kandidaten einer anderen Partei anzuschließen, wird sich weisen müssen. Wolfgang Bosbach oder, wie seine CDU-Mitstreiter aus Wermelskirchen ihn lieber nennen, weil das jünger und moderner klingt: WoBo ist der Hoffnungsträger von zwei Parteien, von CDU und WNK, die darüberhinaus natürlich nichts, gar nichts miteinander zu tun haben. Ein wirklich großes Risiko geht die WNK mit ihrem Bundestagswahlkampfauftakt aber auch nicht ein, nachdem die Originalveranstaltung der CDU vor wenigen Tagen schon eine eher matte Angelegenheit war. “Man hätte an diesem Abend auch etwas anderes machen können.” Mit diesen Worten begann beispielsweise die Bergische Morgenpost ihre pflichtschuldige Berichterstattung über dieses örtliche Politikereignis. Das WNK-Wagnis hält sich mithin in Grenzen, wird es doch auch am zweiten Juli wiederum nur um die Bekehrung der bereits Bekehrten gehen.
César Luis Menotti, ein hormoneller Marxist
“Der Ausdruck stammt vom Schriftsteller José Saramago, aber ich fühle mich auch so. Ich empfinde eine gewisse Abscheu für den Kapitalismus. Ich glaube, dass es keine dermaßen ungerechte Welt geben darf. Aber gut, wir leben alle vom Geschäft Fußball. Man soll nur innerhalb dieses Systems das Kulturgut Fußball respektieren, das Spiel. Heute gehört der Fußball dem Big Business, und wenn da beschlossen wird, dass um drei Uhr morgens gespielt wird oder in Afrika, dann spielt man um drei Uhr morgens oder in Afrika. Argentinien und Brasilien haben heute keine Fußballkultur mehr. Früher war es in Europa so, jetzt ist es umgekehrt.” (César Luis Menotti, Fußballphilosoph und Trainer im Gespräch mit Peter Burghardt, veröffentlicht in Süddeutsche Zeitung Magazin, Ausgabe 25/2013)
WoBo
Plakate auf der Dellmannstraße. Viele. Dort, wo es zumeist auch etwas flotter zugeht. So manchen Autofahrer durchzuckt die Frage: Ist denn schon wieder Wahlkampf? Nein, beruhigt sich der Fahrer, Wahlen sind doch erst im September. Wenn man nur besser erkennen könnte, um was es geht auf diesen Plakaten. Langsam auf eine rote Ampel zugerollt und schon kann man lesen: Wir für WoBo. Trendy klingt das, hip, irgendwie jung, jugendlich. WoBo. Was mag das sein? Wolfgang Borchert? Nein, nein, zu alt, zu lange her. Wobo, der Zauberer? Irgendwas mit Bohnerwachs? Der Wochenendtarif irgendeines Mobilfunkbetreibers? Ein Medikament? Woboenzym? Eine neue Bank? Nur so geht Bank heute, die Wobobank. Dann noch ein Plakat. Von der CDU. Wolfgang Bosbach kommt nach Wermelskirchen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Bergisch-Gladbach. Aha. WoBo. WoBo kandidiert für die gefühlt zehnte Legislaturperiode im Deutschen Bundestag. Der Mann ist volkstümlich, pflegt den rheinischen Singsang und muß nichts mehr werden. Kann sich also auch verhaltene Kritik am CDU-Kurs leisten. Bleibt ohnehin folgenlos. WoBo wird ausgemerkelt, immer mehr. Nein. Ich bin nicht für WoBo. Der ist weder trendy, noch hip, nicht jung oder jugendlich. Eher ein Auslaufmodell. Ein netter Mann. Aber keiner, den das Land jetzt braucht. Seine Zeit ist um. Wir für WoBo? Nein, präsentiert uns einen anderen.