Politik ist kein Zuschauersport

Aber es gibt noch eine andere wichtige Erkenntnis dieser Tage: Ein Mann allein, sei es Joe Biden oder Emmanuel Macron, vermag nicht mehr viel auszurichten. In der Familie, der Keimzelle des Staates, leben wir ja auch längst anders. Da gibt es keinen Pater familias und wenn ich zu Hause so anfangen würde, müssten alle lachen. Aus dem, was im privaten Leben wichtig ist – die Fairness, die Zuverlässigkeit, die Kommunikation, die Freiheit – kann man ableiten, wie Politik sein muss. Wenn man sich die Rangliste mit den glücklichsten Ländern anschaut – Finnland, Norwegen, Dänemark und die Schweiz sind da immer vorn – wird man Mühe haben, auch nur eine Politikerin, einen Politiker dieser Länder zu nennen. Glück braucht keine Helden. Und Politik ist kein Zuschauersport.

Nils Minkmar, Das Wunder von Paris, in: Newsletter, Der Siebte Tag

Zur Kenntlichkeit verändert

In den letzten Wochen hat sich Frankreich verändert. Man hat noch mal genauer hingesehen, wer sich unter dem Logo des Rassemblement National so versammelt: Da war ein Kandidat, dessen geistiger Zustand es nötig macht, ihn unter Vormundschaft zu stellen. Eine, die schon wegen Überfall und Geiselnahme verurteilt wurde. Eine weitere, die mit einer SS-Kappe posiert. Wieder eine, die lachend erklärt, sie könne gar nicht rechtsradikal sein, denn ihr Zahnarzt sei Jude. Und jene Kandidatin in einem Wahlkreis in den Vogesen, die dem drohenden Ärztemangel durch massenhafte medizinische Spontanbildung im Praxiseinsatz begegnen möchte. Lange Jahre lebten die RN–Protagonisten in gemütlichen Fernsehstudios und kamen sympathisch rüber. Nun sieht man, woraus diese Bewegung gemacht ist. 

Nils Minkmar, Das Wunder von Paris, in: Newsletter, Der Siebte Tag

Schäbig

Wie abgebrüht muß man sein, wie kalt und gefühllos, wenn man die Ukrainerinnen auffordert, mit ihren Kindern unser Land wieder zu verlassen, zurückzufahren in die kriegszerstörte Heimat, in die Ukraine, die Tag für Tag von russischen Bomben und Raketen beschossen wird, weil sie hier im friedlichen Deutschland Bürgergeld beziehen. Dobrindt, der Ober-Bayer im Deutschen Bundestag, hat sich mit dieser schäbigen Forderung hervorgetan. Wenn billigster Populismus das politische Handeln in dieser Weise bestimmt, dann steht das Christlich-Soziale nicht einmal mehr auf der Tagesordnung, dann ist es verloren. Hoffnungslos.