Da hat der Protest von Muslimen gegen das antiislamische Videomachwerk eines koptischen Christen in den USA ein vergessen geglaubtes deutsche Wort wiederbelebt. Das Video wird in der Presse und im Funk als Schmähvideo bezeichnet. Verschmähen werden die meisten noch verstehen, selbst, wenn sie es nicht mehr im aktiven Wortschatz haben werden. Verachten meint es, verstoßen. Aber schmähen und das entsprechende Kompositum, Schmähvideo, werden nur wenige noch verwenden. Verächtlich machen ist gemeint, erniedrigen, in entehrender Weise darstellen. Zu Recht. Ich habe mir das Werk in Teilen angesehen. Stümperhaft gemacht, mit blöd-primitiven, armseligen Aussagen. Video-Klippschule. Weit jenseits des Niveaus selbst von Lore- oder Adelsromanen. Im Grunde nicht beachtenswert. Man kann dieses Dumm-Bilder-Band nur verschmähen. Zudem schmäht es den oder die Urheber eher als die Muslime. Denn es sagt mehr aus über das intellektuelle Niveau von Klerikal-Fundamentalisten, an denen jegliche Aufklärung vorbei gerauscht ist, in diesem Fall koptischer Christen in den USA, und so gut wie nichts über Muslime oder muslimischen Glauben. Und Schmäh ist das Ganze auch nicht. Schmäh nämlich bezeichnet in den süddeutschen Dialekten Humor, Witz, aber auch Schwindelei oder Unwahrheit. Sprichwörtlich ist der Wiener Schmäh als spezielle österreichische Form des Wortwitzes. Und das Schmähvideo ist gänzlich humorfrei, in seiner ganzen Stümperhaftigkeit nur angestrengt und verbissen.
Schlagwort: Islam
Kirchtumspolitik
Die Schweizer haben sich entschieden: Fürs Minarett-Verbot. Volksentscheid hin, Volksentscheid her: Wer gläubigen Menschen verbietet, ein Gotteshaus zu errichten, handelt ausgespochen dumm. Und vergeht sich an den Menschrechten, zu dem auch das Recht zur freien Religionsausübung gehört. Bei uns jedenfalls darf ein Grundrecht nicht per Mehrheitsentscheid ausgehebelt werden. Vielleicht werden ja europäische Gerichte diese Fehlentscheidung noch korrigieren. Der Schweizer Kirchtumsentscheid aber ruft nun sogleich auch deutsche Kirchtumspolitiker auf den Plan. Wolfgang Bosbach, Innenpolitikfachmann der CDU im Deutschen Bundestag, Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses und direkt gewählter Abgeordneter unseres Wahlkreises, kam das Schweizer Fehlurteil offenbar wie gerufen. Man müsse das Schweizer Kirchtumsurteil ernst nehmen. Spiegel-Online zitiert: “Das Ergebnis der Volksabstimmung sei Ausdruck einer auch in Deutschland weit verbreiteten Angst vor Islamisierung, sagte Bosbach der ‘Berliner Zeitung’.” Islamisierung. Das ist das Zauberwort. Auch Bosbach spricht sofort von Islamisierung. Keine Rede vom Recht auf die Ausübung der islamischen Religion. Keine Rede vom Recht auf islamische Gotteshäuser. Sofort ist die Keule der Islamisierung zur Hand. Islamisierung sagen, Überfremdung meinen. Wer es ernst meint mit der Integration von Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund und anderer religiöser Überzeugung, kann ihnen den Bau einer Moschee nicht verwehren – und zur Kirche gehört auch der Kirchturm, zur Moschee das Minarett.
“Ehrenmord”-Krimi auf der Buchmesse
Der “Ehrenmord”-Krimi erscheint nun doch. Nachdem der Düsseldorfer Droste Verlag Bedenken hatte, den Roman von Gabriele Brinkmann zu veröffentlichen, weil man islamistische Reaktionen befürchtete, hat sich nun der Leda-Verlag in Leer entschlossen, den Krimi unter dem Titel “Wem Ehre gebührt” zu publizieren. Schon am kommenden Freitag sollen auf der Buchmesse die ersten Exemplare zu haben sein. Ab 19. Oktober wird das Buch im Handel sein. “Der Roman ist kritisch und dürfte manchen provozieren, natürlich, aber er differenziert auch”, sagte die Verlegerin Heike Gerdes. Das Buch greife nicht “die Türken” oder “den Islam” an, sondern nur die Auswüchse einer frauenfeindlichen Einstellung, die sich auf Tradition und Religion berufe, um Männern die Macht zu erhalten.