Schlagwort: Plagiat

Die Ausreden der Plagiatoren

„Als Doktorand kann man nicht so blöd sein, dass man nicht weiß, wie richtig zitiert wird.” Dieses harsche Urteil fällte gestern laut Frankfurter Allgemeine Zeitung der Münchener Rechtswissenschaftler Volker Rieble über den niedersächsischen Kultusminister und Präsidenten der Kultusministerkonferenz, Bernd Althusman, nein, noch: Dr. Bernd Althusmann (CDU). Althusmann dagegen beteuert, an deutschen Universitäten seien unterschiedliche Zitierweisen üblich und er habe Flüchtigkeitsfehler begangen. Mit einer ähnlich dreisten Ausrede versucht auch der Europaabgeordnete der FDP, Jorgo Chatzimarkakis, seine Doktorarbeit gegen Plagiatsvorwürfe zu verteidigen. Für Volker Rieble eine „Standardausrede“. „Ein wörtliches Zitat muss gekennzeichnet werden, sei es durch Einrückung oder durch Anführungszeichen. Das ist nicht verhandelbar und das ist in der Atomphysik genauso wie bei Soziologen.“ Die Plagiatoren werden nicht einfallsreicher, ihre Ausreden schon.

Tollhaus

Die FDP ist wirklich nur noch ein Tollhaus. Gerade hat die Universität Heidelberg der liberalen Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin wegen Plagiaten, also geistigem Diebstahl, den Doktortitel aberkannt. Und heute nachmittag wird die Frau, deren Forschungsarbeit von ihrer Universität als mangelhaft und wissenschaftlichen Kriterien nicht genügend qualifiziert wurde, im Europaparlament befördert: Sie wird Vollmitglied im Forschungsausschuß. Sie soll sich also unter anderem um die “Verbreitung und Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse” kümmern. Das ist wirklich der Brüller.

Das stumme Waldmädchen

Silvana, welch schöner weiblicher Vorname. Waldmädchen. Das derzeit bekannteste Waldmädchen, Silvana Koch-Mehrin von der FDP, trägt auch (noch) den Vornamen Doktor. Aber damit dürfte es bald vorbei sein. Dann wird der schmückende Doktortitel wohl entzogen werden, weil die Vorzeigeblondine für ihre Dissertation geklaut hat, geistiges Eigentum anderer. Die als wenig arbeitsam angesehene EU-Parlamentarierin hat es sich auch mit ihrer Doktorarbeit leicht gemacht. Wie weiland der adlige Schnösel aus und von und zu Guttenberg. Die Vizepräsidentin des Europaparlaments hat nicht ganz soviel geklaut wie der Ex-Minister, aber immerhin lassen sich jetzt schon auf einem Viertel der Seiten ihrer Dissertation Plagiate finden. Die Marktliberalen, für die Eigentum nachgerade spirituellen Status hat, scheinen das geistige Eigentum gering zu schätzen, so lange es das geistige Eigentum anderer ist. Da kann geklaut werden, was das Zeug hält. Die geistig-politische Wende ist vor nicht zwei Jahren vom politischen Ziehvater des Waldmädchens, vom FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle, ausgerufen worden. Welch ungeheure Anmaßung. Und unser Waldmädchen schweigt, bleibt stumm. Ganz gegen ihre sonstige Art. Schon 1810 ist die Oper  “Silvana, das stumme Waldmädchen” von Carl Maria von Weber uraufgeführt worden. Geschichte ist bisweilen hintersinnig.

Täuschungsversuch

Damals, in der Schule, hieß das Täuschungsversuch, wenn man von seinem Mitschüler abgeschrieben hatte, bei den Hausaufgaben oder einer Klassenarbeit, und man aufgeflogen war. Für einen Täuschungsversuch bekam man immer eine Sechs. Ich weiß bis heute nicht, ob das eine Vorschrift war oder die Lehrer sich nur auf eine solche Vorgehensweise geeinigt hatten. Heute kann man sich mit mit einem dreisten Täuschungsversuch ein Bundestagsmandat ergattern, wie beispielsweise Dr. Dieter Jasper, CDU, der sich seinen Titel “Doktor” an der wunderlichen Freien Universität Teufen Schweiz erkauft und damit sein Bundestagsmandat in Steinfurt errungen hatte. Von einem ähnlich dreisten Täuschungsversuch berichten heute fast alle Tageszeitungen. Zwar hat der Promovend in diesem Fall nicht bloß einen Titel erkauft, sondern wirklich eine Arbeit vorgelegt. Die Promotion, also die Verleihung des akademischen Titels Doktor, mit der der Nachweis der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit erbracht wird, ist in Deutschland nämlich klar geregelt. Sie beruht auf einer selbständigen wissenschaftlichen Arbeit, der Dissertation, und einer mündlichen Prüfung, Rigorosum genannt, Disputation oder Kolloquium an einer Universität oder einer gleichgestellten Hochschule. Ob es sich aber im Falle unseres adligen Verteidigungsministers mit den vielen Vornamen wirklich um eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit gehandelt hat, ist, glaubt man den vielen Presseveröffentlichungen von heute, mehr als fraglich. Zu Guttenberg wird nämlich des Plagiats beschuldigt. Plagiat nennt man in einem solchen Fall der Zuerkennung des akademischen Titels, der “Doktorwürde”, was früher, in der Schule, eben Täuschungsversuch hieß. Ein Plagiat ist das bewusste Aneignen fremden Geistesguts. Ein Plagiator schmückt sich mit fremden Federn und macht dies nicht kenntlich. Vulgo: Er schreibt einfach bei anderen ab. Wie wir weiland auf dem Gymnasium. Seiten- bzw. passagenweise soll der Adlige fremde Quellen wörtlich für seine Dissertation geräubert haben, ohne dies kenntlich zu machen. In Copy and Paste-Zeiten einfacher als früher, als wir noch wirklich abschreiben mußten. Kopieren und Einfügen und Nicht-Kenntlichmachen. Nennen wir es Plagiat, nennen wir es Täuschungsversuch, einerlei. Ich wäre für eine Sechs, wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten, und eine Aberkennung des Titels. Wie sagt doch der Volksmund: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.