Tag: 30. September 2009

“Es ist Deutschland hier…”

Jeder entzaubert sich selbst, so gut er kann. “Wie wird sich die deutsche Außenpolitik unter Ihrer Führung verändern?”, fragt ein BBC-Journalist den deutschen Außenminister in spe. “Sie stellen dieselbe Frage nach Ämtern, nur kommen Sie von der internationalen Ecke”, antwortet der alerte Außenminister designatus. Westerwelle spricht zwar deutsch. Versteht es aber vielleicht nicht. Beantwortet hat die Frage nach dem sich ändernden Konzept deutscher Außpenpolitik nicht. Weder auf deutsch, noch in einer anderen Sprache. Er hat den Frager schlichtweg abgekanzelt. “Es ist Deutschland hier.”

Nochmal zum Thema “Volkspartei”

Nach den Wahlverlusten von Sonntag ist das Konzept “Volkspartei” in aller Munde. Der Göttinger Politikwissenschaftler und Parteienforscher Franz Walter sieht die Volksparteien in einer großen Krise. “Die SPD ist von 30 Prozent meilenweit entfernt. Dort wäre die Union auch, wenn sie nicht ihre Rentnerkohorte der über 60-Jährigen hätte. Ihr Vorsprung vor der SPD ist ein rein demographischer. In den aktiven, erwerbstätigen Schichten sieht es auch für die CDU / CSU zappenduster aus.” Die Bindekraft von Union und SPD gehe bisher von einem starken weltanschaulich-ideologischen Kern aus, um den herum eine loyale Anhängerschaft gruppiert war, die der Partei die Treue hielt. Bei der SPD die sozialistisch-gewerkschaftlichen, bei der Union die kirchlich geprägten Kreise. Das alles löse sich auf. Die Volksparteien seien zu „Allerweltsparteien“ geworden, “ohne markante Interessenvertretung, ohne Ankerplatz für ein intellektuelles Anliegen, ohne großes politisch-gesellschaftliches Ziel.” In einer Phase gesellschaftlicher und politischer Unklarheit wachse dagegen der Bedarf nach größerer Eindeutigkeit. “Gerade in schweren Zeiten haben die Menschen Sehnsucht nach einem Moment der Einheit, der Geschlossenheit”, so Franz Walter.

Ohne großes politisch-gesellschaftliches Ziel! Ohne Ankerplatz für ein intellektuelles Anliegen! Ohne markante Interessenvertretung ! Haben wir da nicht schon Ansatzpunkte für ein neues Nachdenken, sogar auf lokaler Ebene?

Sprachlos im Internet

Man weiß mittlerweile sicher, daß sich jüngere Menschen tendenziell anders informieren als ältere, nämlich weniger aus Hörfunk, Fernsehen oder Tageszeitung, dafür aber stärker über das Internet. Insoweit ist kaum zu verstehen, daß die Parteien in Wermelskirchen das Internet nicht auch als aktuelles Medium nutzen. Und: Wenn eine Internetseite mehrfach aufgesucht worden ist, ohne daß es überhaupt Informationen gibt, geschweige denn Neue,  dann sind diese Internetnutzer für die entsprechende Partei ein für alle mal verloren. Man darf nicht davon ausgehen, daß jüngere Menschen einen sportiven Ehrgeiz entwickeln und tage- oder wochenlang immer wieder auf die Internetseiten einer Partei surfen. Weg ist weg. Insofern wundert mich beispielsweise nicht, daß die SPD fast die Hälfte ihrer Wähler unter 30 Jahren bei der letzten Bundestagswahl verloren hat, wenn viele lokale Internetangebote der Partei ähnlich sein sollten wie hier in Wermelskirchen. Wer die Medien nicht nutzt und pflegt, kann auch die Mediennutzer nicht erreichen.