Schlagwort: Karfreitag

Nachtrag: Karfreitag

 

Natürlich ist das Tanzverbot an Karfreitag eine Lappalie. Es ist aber eine Metapher, die für mehr steht. Für konfessionelle Schulen, die nichtchristliche Migrantenkinder ausgrenzen; für ein Spezialarbeitsrecht, das es kirchlichen Trägern erlaubt, ihre Mitarbeiter auf eine Weise auszubeuten, von der andere Arbeitgeber nur träumen können; für allerlei kirchliche Einrichtungen bis hin zu Bischofsgehältern, die nicht von der Kirche und auch nicht aus der Kirchensteuer sondern vom Staat bezahlt werden; usw. usw. usw. Es geht darum, dass die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland Privilegien genießen, die ungerecht gegenüber all denjenigen sind, die damit nichts zu tun haben (wollen). (…) Mit Atheismus hat das ganze nur am Rande zu tun. Es ist egal, ob du Atheist bist, Jude, Moslem, Buddhist, Anhänger einer Freikirche, Mormone, Neuheide oder Pantheist: Dein Glaube ist Privatsache und ob die Ausübung deiner Religion zu deinen Arbeitszeiten oder irgendwelchen Gesetzen passt, interessiert (zu recht) kein Schwein. Außer du bist zufällig evangelischer oder katholischer Christ. Der Karfreitag mit seinem Tanzverbotsbeschimpfungsritual ist ungewollt zu einem Gedenktag dafür geworden, dass Deutschland kein säkularer Staat ist – und einer vor dem nicht alle gleich sind. Eine faire Regelung wäre: Abschaffung all dieser Privilegien und Feiertage. Gebt den Leuten stattdessen ein paar Urlaubstage mehr und das verbriefte Recht, an den Feiertagen ihrer Religion freizunehmen, auch wenn dem Arbeitgeber das nicht passt. Wer’s nicht braucht, hat halt im Sommer ne Woche mehr auf Malle. Ich bin mir sicher, dass eine solche Regelung nicht nur arbeitnehmer- sondern auch arbeitgeberfreundlich wäre, wenn Leute an bestimmten Tagen fehlen, während sie dafür sicher gerne freiwillig an Tagen arbeiten, an denen Christen die Geburt, den Tod oder die Auferstehung Jesu mit Fressorgien und “Die Hard 17″ auf Sat.1 feiern wollen.

Aus: Die Ennomane (Blog von Enno Park, Berlin), Tanzverbot, die Eintausenddrölfzigste, dritter April Zweitausendundfünfzehn

Kein Gott, kein Kaiser noch Tribun…

Als “nicht mehr zeitgemäß” bezeichnen die Grünen das Unterhaltungsverbot an Karfreitag. Und der Deutsche Bühnenverein assistiert: “Will man Ernst machen mit der christlichen Tradition des Karfreitags, muss man zu einer einheitlichen Lösung kommen, die für Radio und Fernsehen genauso gilt wie für alle öffentlichen Veranstaltungen.” Jeder solle nach seiner Facon selig werden. Es wird hohe Zeit, daß dieses große Wort des Preußenkönigs Friedrich II. von 1740 (!) auch im säkularen Deutschland Wirklichkeit wird. Wer feiern will, möge feiern. Ruhe und Besinnung für jene, die der Ruhe und Besinnung bedürfen. Niemand möge dem anderen vorschreiben, wie er die Tage vor Ostern zu verbringen hat. Niemand möge dem anderen verbieten, wonach diesem ist. Kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun…