Die Eigentumsordnung, so ist ein Blogbeitrag von Michael Schöfer überschrieben, dessen Lektüre ich empfehlen möchte. Hier einige Ausschnitte:
“Das Grundgesetz schützt in Artikel 14 das Eigentum der Bürger. Das ist auch gut so. Und in den übrigen westlichen Industriestaaten wird es nicht anders gehandhabt. Doch seltsamerweise gibt es, frei nach George Orwells Bonmot in der Parabel ‘Farm der Tiere’ (‘Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher’), zwei Eigentumsordnungen: eine für den Normalbürger und eine für Investoren. Haben Sie etwa das Pech, hierzulande Hartz IV-Empfänger zu sein, müssen Sie vor den Behörden gewissermaßen die Hosen herunterlassen, bevor Sie überhaupt irgendeine müde Mark bekommen. Ihr Vermögen, soweit vorhanden, wird gemessen und gewogen. Und wehe, Sie haben mehr, als Ihnen der Staat in seiner unnachahmlichen Großzügigkeit zugesteht. Ihre Wohnung, Ihr Auto, sogar Ihre Intimbeziehungen – alles wird penibel überprüft. Als deutscher Steuerhinterzieher mit Bankkonto in der Schweiz genießen Sie jedoch auch künftig den Schutz der Anonymität, was faktisch einer Amnestie gleichkommt. Neugierige Blicke deutscher Finanzbeamter? Pustekuchen! Zumindest, wenn das Steuerabkommen, das Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit den Eidgenossen abgeschlossen hat, tatsächlich in Kraft tritt. “Tja, Bankgeheimnis”, zuckt da die Eigentumsordnung lakonisch mit den Schultern. (…) All animals are equal… Müssen Sie als griechischer, spanischer, portugiesischer oder italienischer Rentner Ihr Dasein fristen, kann Ihnen der Staat einen Teil Ihrer ohnehin mageren Rente wegnehmen. Einfach so, ohne Ausgleich, die Euro-Krise macht’s möglich. Dazu schweigt sich die Eigentumsordnung aus, schließlich müssen wir die notleidenden Banken retten. Bei den Anlegern heißt es dagegen, wir müssten unbedingt ihr Vertrauen gewinnen, weshalb man noch nicht einmal eine Sekunde lang daran denken dürfe, ihnen einen einzigen Cent ihres riesigen Vermögens wegzunehmen. ‘Das Kapital ist eben ein scheues Reh’, belehrt uns die Eigentumsordnung hochtrabend. Außerdem sind Enteignungen nur gegen Entschädigung erlaubt. Wohlgemerkt: Bei den Spekulanten, nicht bei den Rentnern. Die Not der Rentner ist sekundär. All animals are equal… (…) Die Eigentumsordnung meldet sich bloß, wenn die großen Vermögen in den Fokus geraten. 21 bis 32 Billionen Dollar sollen die Reichen weltweit in Steueroasen gebunkert haben. Nur zum Vergleich: Mit diesem Vermögen könnte man die Eurozone (Schuldenstand: 10,1 Billionen US-Dollar) [2] und die USA (Schuldenstand: 15,8 Billionen Dollar) [3] komplett entschulden. Mit einem Schlag. ‘Nein’, schreit da die Eigentumsordnung hysterisch, ‘das könnt ihr doch nicht machen! Das ist Sozialismus!’ (…) Geld muss bekanntlich arbeiten. Oder besser: es muss arbeiten lassen! Deshalb liegt das Geld nicht nutzlos in den Tresoren der Steueroasen herum, sondern wird in aller Welt gewinnbringend angelegt. (…) Falls dieses Kapital dann durch irgendetwas, zum Beispiel eine kleine Staatspleite am Rande des Mittelmeeres, in Gefahr gerät, sorgt die Eigentumsordnung durch ihren Einfluss dafür, dass Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitslose den Gürtel noch enger schnallen müssen als zuvor. Den Anlegern droht nichts dergleichen, denn die sind ja zum Glück systemrelevant. Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitslose hingegen nicht. Manchmal darf sogar ein Teil der Eigentumsordnung im Kanzleramt Geburtstag feiern. Raten Sie mal, welcher. All animals are equal… In George Orwells “Farm der Tiere” gibt es am Ende einen Aufstand. Liebe Eigentumsordnung, keine Angst, das ist bloß die dichterische Freiheit. Alles Fiktion! Sei beruhigt, in der Realität wird es nie einen Aufstand geben, immerhin schützt Dich die Verfassung. Es bleibt deshalb dabei: ‘Das Eigentum ist sicher, aber manche sind sicherer!'”