Schlagwort: Andrea Nahles

Umlaufaufzug

Nicht wahr, Umlaufaufzug gehört zu den Worten, die man nie hört und nur ganz selten zu lesen bekommt. Umlaufaufzug. Gemeint ist ein Paternoster. Eine, wie Wikipedia aufklärt, “Sonderform einer Aufzugsanlage zur Personenbeförderung. Beim Paternosteraufzug verkehren mehrere an zwei Ketten hängend befestigte Einzelkabinen (üblicherweise für ein bis zwei Personen je Kabine) im ständigen Umlaufbetrieb. Die Kabinen werden am oberen und unteren Wendepunkt über große Scheiben in den jeweils anderen Aufzugsschacht umgesetzt. Die Beförderung von Personen beim Wendevorgang ist vorgesehen und gefahrlos. Die Beförderungsgeschwindigkeit beträgt ca. 0,20 bis 0,45 Meter pro Sekunde.” Doch ab dem ersten Juni ist es erst einmal vorbei mit den Paternostern. In der Süddeutschen ist heute zu lesen: “Gemäß der Betriebssicherheitsverordnung, die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) neu gefasst hat, dürfen Paternoster vom 1. Juni an aber aus Sicherheitsgründen nur noch von eingewiesenen Beschäftigten benutzt werden.” Andrea Nahles, mal wieder. Obwohl doch, wie es in dem Artikel weiter heißt, selbst Fachleute sich nicht an einen nennenswerten Unfall, schon gar nicht an Personenschäden im Zusammenhang mit Paternostern erinnern können. Diese Aufzüge sind ein Stück Industriegeschichte, erhaltenswert, sicher, nostalgisch. Vater unser, Pater noster, gib, daß uns der Paternoster erhalten bleibe und und die Einsicht in Andrea Nahles einfahre. Amen.

Mehrheit

In der Minderheit war bislang mein Platz. Anecken meine Paradedisziplin. Und nun? Nix da, Minderheit. Ich bin im Mainstream angekommen, in der entsetzlich langweiligen Mehrheit. Bolschewiki. Siebenundsiebzig Prozent der Deutschen wollen Andrea Nahles nicht als Kanzlerkandidatin. Bei den SPD-Mitgliedern sind es immerhin sechsundsiebzig Prozent, die die ehemalige Jusochefin und Generalsekretärin als Kanzlerinnenkandidatin ablehnen. Und ich mittendrin in beiden Mehrheitsgruppierungen. Ich werde an mir arbeiten müssen.

Frau Andrea Tur Tur

Gestern, via Livestream der SPD, Sigmar Gabriel bei der Regionalkonferenz in Nürnberg. Ein Genosse versteigt sich zum Argument, bei der Mitgliederbefragung handele es sich um eine Scheinabstimmung. Heute vormittag, Deutschlandfunk. Ein zugeschalteter Hörer wählt die gleiche Vokabel, Scheinabstimmung, wenn postuliert werde, nach einer eventuellen Ablehnung der Koalitionsvereinbarung durch die Mitglieder der SPD müsse die gesamte Führung der Partei zurücktreten. Mit Recht. Wer die Mitglieder befragt, muß mit dem Ergebnis auch leben können, so oder so. Eine Befragung der Mitglieder ist nur demokratisch, wenn sie auch ergebnisoffen stattfindet. Wer ein bestimmtes Ergebnis mit Druck zu erreichen sucht, mit der Drohung des Rücktritts der gesamten Führung, wenn die Basis falsch abstimme, der hat wenig verstanden von Demokratie und gehört auch nicht in eine leitende Position. Andrea Nahles hat sich in einem Pressegespräch mit der Welt wohl in diesem Sinne geäußert. Generalsekretäre und Generalsekretärinnen von Parteien dürfen sich gewiß nicht durch überbordende Empfindlichkeit auszeichnen. Eine derart schmerzfreie und die Nöte von zweifelnden Genossinnen und Genossen ignorierende Haltung indes, wie sie Andrea Nahles auszeichnet, sollte in der SPD-Führung keinen Platz haben. Der Scheinriese in Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer hieß Herr Tur Tur. Der erschien dann als Riese, wenn man sehr weit von ihm entfernt war. Nur wer sich ganz nah an den Scheinriesen heranmachte, konnte erkennen, daß er genauso klein und armselig ist wie jeder normale Mensch. Weil sich das aber niemand traute, blieb Herr Tur Tur sehr einsam. Die SPD braucht keine einsame Scheinriesin in ihrer Führung, sondern eine Generalsekretärin, die nicht taub ist gegen Bedenken der Mitglieder gegen das von den Riesen in der Partei ausgehandelte Konvolut.

 

Blowing in the Wind

Es gibt einen Zickzackkurs, der nach vorne führt. Beim Segeln. Wenn der Wind von vorne bläst. Dann muß man kreuzen. Man fährt immer hoch am Wind und muß mehrere Wendemanöver durchführen, abwechselnd auf Backbord-Bug und Steuerbord-Bug segeln, um sich auf diese Weise dem Ziel zu nähern. Die SPD segelt aber nicht. Schon mal garnicht unter der Führung eines Kapitäns, der die Idee von einem klaren Kurs des Tankers hat. Die SPD taumelt. Im Zickzack. Von einem Kurs zum nächsten. Mal hierhin, mal dorthin. Und vom Ziel hat die Führung der SPD offenbar nicht einmal eine ungefähre Vorstellung. Nur der Wind, der bläst der SPD immer ins Gesicht. Bis kurz vor Ostern hieß die Parole: Parteiausschluß von Thilo Sarrazin. “Wer uns empfiehlt, diese Botschaft in unseren Reihen zu dulden, der fordert uns zur Aufgabe all dessen auf, was Sozialdemokratie ausmacht: unser Bild vom freien und zur Emanzipation fähigen Menschen.” So Sigmar Gabriel vor Monaten. “Und wer uns rät, doch Rücksicht auf die Wählerschaft zu nehmen, die Sarrazins Thesen zustimmt, der empfiehlt uns taktisches Verhalten dort, wo es um Grundsätze geht – und darüber jenen Opportunismus, der den Parteien sonst so häufig vorgeworfen wird.” Seit Gründonnerstag gilt ein anderes Motto: Doch kein Parteiausschluss von Sarrazin. Weil der Genosse eine ausgesprochen dürre und wohlfeile Erklärung abgab. Was gilt denn nun, Frau Nahles?  “Taktisches Verhalten und feiger Parteienopportunismus”? “Die Aufgabe des Bildes vom freien und zur Emanzpation fähigen Menschen”? Die Grundsätze der Partei? Und wenn ja, welche? Ich war nicht für den Ausschluß von Sarrazin aus der SPD. Weil eine Partei auch Narren aushalten muß. Und ein Parteiausschluß nicht vor einer Debatte schützt, die in und außerhalb der SPD auch mit kruden Argumenten geführt wird. Aber wenn ein solches Verfahren angestrengt wird, kann es nicht kurze Zeit danach auf derart erbärmliche Weise abgeblasen werden. Frau Nahles und Herr Gabriel haben der SPD keinen guten Dienst erwiesen. Die SPD sendet die Botschaft einer schlingernden Partei und einer nicht zu eindeutiger Kommunikation fähigen Führung.

Mühe an Gründonnerstag

Morgen, an Gründonnerstag oder dem Tag der Sündenvergebung, dies absolutionis, macht sich die SPD in Berlin Mühe mit einem SPD-Mitglied. Mit Thilo Sarrazin. Geht es nach Andrea Nahles, der Generalsekretärin, wird Sarrazin aus der SPD ausgeschlossen. Und viele werden beipflichten. Ich nicht. Der Führung der SPD, soweit man von einer solchen sprechen kann, wird es nicht gelingen, die SPD von allen Narren mit Mitgliedsbuch per Ausschlußverfahren zu befreien. Sarrazin ist ein Narr. Mit kruden Thesen. Einer, der die Wissenschaft mit seinem Buch vergewaltigt und die Leser heillos unterfordert hat. Einer, dem mehr öffentliche Beachtung zukam, als seine Stammtisch-Thesen von vorgestern verdient hätten. Und einer, über den der Gang der Geschichte hinweggehen wird, ohne daß es zu bemerkenswerten Hinterlassenschaften kommen wird. Aber das Ausschlußverfahren wird der SPD mehr schaden als dem Noch-Genossen Sarrazin. Und entschieden ist der Vorgang noch lange nicht. Was, wenn der beabsichtigte Ausschluß am Ende am Parteiengesetz scheitern sollte? Viel Rumor um Nichts? Fast nichts. Eine Parteiführung, die sich, mal wieder, selbst beschädigt. Mit einem Gründonnerstagsei. Ach, ja, nach dem Handbuch des deutschen Aberglaubens soll ein Gründonnerstagsei als Gegenzauber zum Aufspüren von Hexen in den Gottesdienst mitgenommen werden.

Wischiwaschi

Andrea Nahles. Wenn Ihnen nicht sofort einfallen sollte, in welchem Zusammenhang Sie den Namen Andrea Nahles schon einmal gehört haben sollten: Sie ist Generalsekretärin der SPD. Und sie hat sich jetzt mit der bemerkenswerten Einsicht zu Wort gemeldet, daß die Grünen eine Konkurrenz für die SPD sind und man sich abzugrenzen habe: “Politisch sind sie uns immer noch am nächsten, aber wir dürfen kein rot-grünes Wischiwaschi machen.” Was immer das bedeuten könnte, rot-grünes Wischiwaschi. Die Generalsekretärin will die Unterschiede zwischen beiden Parteien deutlich machen.  “Wir werden harte Wahlkämpfe für unsere eigenen Konzepte führen – in den Ländern und im Bund.” Toll. Hat die Partei bislang doch für die Konzepte anderer gefochten. Die Generalsekretärin ist offenbar fürs Generelle, fürs Allgemeine zuständig, für die Allgemeinplätzchen der SPD. Auch eine denkbare Interpretation ihrer Funktion. Generellsekretärin.