Monat: August 2021

August

Dieser August ist ein einziges Unglück, er fällt die großen Männer, die Idole einer langvergangenen Jugend. Erst Gerd Müller und jetzt auch noch Charlie Watts. Oh no o no, oh no no, oh no no.

Willi Winkler, Oh no no no. Ohne ihn gibt es die “Rolling Stones” nicht mehr, denn er war ihr Herzstück: zum Tod des begnadeten Schlagzeugers Charlie Watts, in: Süddeutsche Zeitung vom sechsundzwanzigsten August

Schaudern

Da schaudert es mich noch einmal auf meine alten Tage. In den jungen Tagen, wahrlich schon ein Weilchen her, daß ich zur Schule ging, aufs Stadtgymnasium Porz am Rhein, war es Mathe, wie das Schulfach Mathematik in Schülerjargon hieß, das mich geschüttelt hatte. Der Blick in die Geheimnisse der Zahlenwissenschaft ließ mich regelmäßig erschaudern. Gleichwohl waren meine Anstrengungen vergeblich, so viel so gut zu lernen, daß auch eine halbwegs erträgliche Schulnote dabei hätte herausgespringen können. Nun denn. Jetzt lese ich – und dabei schüttelt es mich wie dereinst -, daß diese schöne Zahl Drei Komma Eins Vier, Pi, so genau berechnet worden ist wie niemals zuvor. Pi, das ist hängengeblieben aus den jungen Tagen der Schulzeit, gibt das Verhältnis des Kreisumfangs zum Durchmesser an. Der Umfang eines Kreises ist Drei Komme Eins Vier Mal länger als sein Durchmesser. Im Prinzip jedenfalls. Um es genau zu wissen, lassen Forscher Computer rund um die Welt diese hübsche Zahl immer genauer berechnen. Schweizer Wissenschaftler haben nun Zweiundsechzig Komma Acht Billionen Stellen hinter dem Koma berechnet. Einhundertacht Tage haben die Schweizer für diese Operation benötigt. Mal ganz ehrlich, kann man das noch begreifen? Pi mit derart vielen Stellen hinter dem Komma? Diese nette Zahl, die den Babyloniern und Griechen bereits bekannt und nützlich war?

True Fruits – Smoothie-Posse um AfD-Flaschen bei EDEKA

“Rechts ist bei uns kein Platz im Regal.”

True Fruits? Noch nicht probiert? True Fruits liefert Smoothies, wie ordinäre Fruchtsäfte heutzutage sprachlich geadelt werden, unter anderem an EDEKA. EDEKA kennen Sie, nicht wahr? Die “Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin”. So hieß die heutige Lebensmittelkette bei ihrer Gründung im Jahr Achtzehnhundertachtundneunzig. True Fruits nun lieferte an den größten deutschen Lebensmittelhändler ein Sortiment von sechs Säften, auf denen aus Anlass der Bundestagswahl jeweils die Namen von sechs Parteien mit entsprechenden Auszügen aus den Programmen etikettiert waren. Die Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler aber duldete lediglich die Flaschen mit dem Geschmack “CDU”, “SPD”, “Die Grünen”, “FDP”, “DIE LINKE”. Die Geschmacksrichtung “AFD” wurde an den Hersteller zurückgesandt. Auf Facebook postete der Lebensmittelkonzern ein Foto von der AfD-Version der Flasche – verbunden mit dem Satz “Rechts ist bei uns kein Platz im Regal.” In einer Erklärung ergänzte das Unternehmen: “Der Edeka-Verbund steht für Vielfalt, Toleranz und die Förderung einer offenen Gesellschaft. Edeka hat die “AfD-Flaschen” von True Fruits nicht bestellt und wird sie an den Hersteller zurücksenden.” Hätte man den Kolonialwarenhändlern nicht zugetraut, gell? In Wermelskirchen ruft nun ein rechter Aktivist sozusagen zum Boykott auf. Auf Facebook nutzt er dazu das Logo der Einkaufsgemeinschaft. Und begibt sich in historische Kontinuität.

Position beziehen: Fußball und die demokratische Zivilgesellschaft

Robert Lüdecke hat für die Amadeu Antonio Stiftung einen Offenen Brief veröffentlicht, den zu unterschreiben ich alle Leser herzlich bitte:

Offener Brief zur Ablehnung des Trikots von Tennis Borussia Berlin mit dem Logo des “CURA – Opferfonds rechte Gewalt” durch den Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV)

Wie viel gesellschaftliche Verantwortung darf der Sport übernehmen? Diskussionen darüber gab es zuletzt immer wieder. Während der Fußball-EM waren Regenbogenfarben an der Münchner Fußball-Arena der Anlass. Während der Olympischen Sommerspiele war es eine Solidaritätsgeste für unterdrückte Gruppen durch die Kugelstoßerin Raven Saunders. In der NFL war es zuvor schon der Kniefall des Quarterbacks Colin Kaepernick im Rahmen der “Black Lives Matter”-Proteste. Während alle diese Fälle glücklicherweise eine breite gesellschaftliche Unterstützung erfahren haben, waren es stets Trägerverbände und Komitees, die diese Aktionen mit Ausschluss, Geldstrafen oder Verboten sanktioniert haben.

Ein Vorfall aus der Regionalliga Nordost des Männerfußballs fügt sich jetzt in diese Reihe ein: Zu Beginn der aktuellen Saison hat sich Tennis Borussia Berlin dafür entschieden, die vakante Werbefläche auf der Trikotbrust vorerst dem Opferfonds CURA zur Verfügung zu stellen. Der Fonds unterstützt Betroffene rechter Gewalt finanziell. Die Amadeu Antonio Stiftung zählt zweihundertdreizehn Todesopfer rechter Gewalt seit 1990. Die Zahl der rechten Gewalttaten liegt deutlich höher – rechte Gewalt ist in Deutschland leider immer noch Alltag. Auch im Kontext des Fußballs werden immer wieder Menschen aus rassistischen oder antisemitischen Gründen angegriffen. Wenn Menschen aufgrund von Hass und Ideologien, die den Grundwerten unserer demokratischen Gesellschaft zuwiderlaufen, angegriffen, verletzt oder gar getötet werden, ist es selbstverständlich, dass die demokratische Zivilgesellschaft an ihrer Seite steht. So dachten wir zumindest, als wir unsere Trikots mit dem Logo des Opferfonds CURA beantragt haben.

Der NOFV hat mit seiner Ablehnung des Aufdrucks auf den Trikots diese Selbstverständlichkeit mit Verweis auf die Spielordnung infrage gestellt. Diese besagt in § 25 Ziffer 8, dass “Werbung für politische Gruppierungen und mit politischen Aussagen” nicht genehmigt wird. Weiter heißt es in der Begründung, eine “bestimmte Gruppe von Personen” könne sich “durch die Werbung provoziert fühlen”. In den sozialen Medien äußerten daraufhin zahlreiche Menschen und Organisationen ihr Unverständnis über diese Entscheidung und ihre Begründung.

Wir, die Verfasser:innen und Unterzeichner:innen dieses Briefes, können und wollen die Entscheidung des NOFV nicht so stehen lassen. Engagement für demokratische Grundwerte muss auch auf dem Platz möglich sein. Glücklicherweise ist diese Haltung mittlerweile in vielen, wenn auch noch nicht in allen Sportverbänden angekommen. In der Bundesliga sind Statements gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung ebenso möglich wie in der Berliner Kreisliga. Wir appellieren an Verbände aller Sportarten, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Nach einer rassistischen Beleidigung gegen den Spieler Jordan Torunarigha von Hertha BSC im Februar Zweotausendundzwanzig zeigten sich Mitspieler und Fans solidarisch und positionierten sich deutlich gegen Rassismus. Dafür gab es breite Zustimmung. Doch auch ohne konkreten Anlass muss in allen Ligen und Spielklassen eine Solidarisierung mit Betroffenen von Rassismus und rechter Gewalt möglich sein.

Dem NOFV unterbreiten wir im vorliegenden Fall einen konkreten Vorschlag: Wenn der Spielausschuss bei seiner Auffassung bleibt, dass § 25 Ziffer 8 Werbung für den CURA Opferfonds und vergleichbare Initiativen verbietet, bleibt dem Verband noch immer die Möglichkeit, die Regelung zu präzisieren.

Das NOFV-Präsidium könnte eine rechtliche Grundlage innerhalb der Spielordnung schaffen, die zivilgesellschaftliches Engagement gegen Diskriminierung und für eine offene Gesellschaft zulässt. Die Unterstützung gemeinnütziger Organisationen könnte explizit erlaubt werden. Eine entsprechende Änderung der Ordnung könnte das Präsidium – wie in anderen Fällen auch – im Umlaufverfahren unverzüglich beschließen. Dafür ist es höchste Zeit: Solange wir als Gesellschaft davor zurückschrecken, uns klar zu Terror, Ausgrenzung und Hass zu positionieren, können wir nicht jene schützen, die von ihnen bedroht werden!

Initiator:innen

  • Tennis Borussia Berlin e. V.
  • Amadeu Antonio Stiftung

Erstunterzeichner:innen (in alphabetischer Reihenfolge)

  • Enrico Bloch (SPD, Kandidat Marzahn-Hellersdorf für den deutschen Bundestag)
  • Katarina Barley (SPD, MdEP, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments)
  • Bündnis Aktiver Fußballfans e.V.
  • Martin Endemann
  • FC Internationale 1980 e.V.
  • Henning Flaskamp (Geschäftsführer werk21Kommunikation)
  • FSV Hansa 07 Berlin e.V.
  • Initiative “Nazis raus aus den Stadien”
  • Fußballfans gegen Homophobie e.V.
  • Anetta Kahane (Vorstandsvorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung)
  • Sigmount A. Königsberg (Beauftragter gegen Antisemitismus, Jüdische Gemeinde zu Berlin)
  • Dr. Remko Leemhuis (Director, AJC Berlin Lawrence & Lee Ramer Institute for German-Jewish Relations)
  • Gordon Lemm (SPD, Schul- und Jugendstadtrat und Kandidat für das Amt des Berzirksbürgermeisters)
  • Makkabi Deutschland e.V.
  • Gero Neugebauer (Politikwissenschaftler)
  • Monty Ott (Publizist)
  • Dagmar Poetzsch (Gewerkschafterin)
  • Queer Football Fanclubs
  • SV Babelsberg 03 e.V.
  • Tennis Borussia Abteilung Aktive Fans
  • Timo Reinfrank (Geschäftsführer Amadeu Antonio Stiftung)
  • Eberhard Schulz (Sprecher von !Nie wieder – Initiative Erinnerungstag im Deutschen Fußball)
  • Iris Spranger (SPD, MdA, Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl Marzahn-Hellersdorf)
  • Martin Schilling (Vorsitzender der Willi-Eichler-Akademie e.V.)
  • terre des hommes Deutschland e.V.
  • Jutta Weduwen (Geschäftsführerin Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.)
  • Zusammen1 – Für das, was uns verbindet

Wenn Sie diesen Brief öffentlich unterzeichnen möchten, schicken Sie uns bitte eine E-Mail an benedikt.bethscheider[at]tebe.de

Verdacht

Warum nur werde ich den Verdacht nicht los, daß die christliche Union in Ermangelung gut in die Zeit passender politischer Grundsätze, konkreter Programme und sympathischen Personals ihre Mobilisierung für den Wahlkampf auf die Präsentation von Befragungsergebnissen verlegt hat, die eine enges Rennen, gleichsam Kopf-an-Kopf mit der geschundenen SPD “prognostizieren”? Es gibt gewiß auch willfährige Umfragen.

Eine Sammlung von Versprechen: Bubble Puppy

Neunzehnhundertneunundsechzig erschienen. Ich aber erfahre von denen erst mit Siebzig. Zweiundfünfzig Jahre zu spät.

  • 1. Hot Smoke and Sasafrass 0:00
  • 2. Todd’s Tune 2:38
  • 3. I’ve Got to Reach You 5:53
  • 4. Lonely 13:45
  • 5. Gathering of Promises 16:42
  • 6. Hurry Sundown 19:07
  • 7. Elizabeth 23:09
  • 8. It’s Safe to Say 26:06
  • 9. Road to St. Stephens 28:36
  • 10. Beginning 32:45