Schlagwort: Katholische Kirche

Bußfertig

Bußfertig, das habe ich gestern noch im Spiegel gelesen, bußfertige gebe sich Erzbischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Bußfertig, was für ein schönes Wort, alt, ungebräuchlich, kaum gesprochen, selten zu lesen. Schuldbewusst bedeutet es, reumütig. Wir würden heute eher zerknirscht sagen. “Mit dem Wissen von heute erkenne ich, dass ich Fehler gemacht habe. Auch wenn sie niemals aus Absicht entstanden, haben sie Vertrauen zerstört.” So gestern noch zu lesen in Spiegel-Online. Heute berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger, für den seit Monaten nicht mehr im Amt befindlichen Oberhirten sei im Januar ein neuer Dienstwagen bestellt worden. Ein BMW der Oberklasse. Natürlich. Wie es sich für einen ehemaligen Limburger Oberhirten geziemt. Und alles an der Bistumsleitung vorbei. Bußfertig? Reumütig? Zerknirscht? Nur mal so am Rande: Die gut einhundertzwölftausend Euro, die Tebartz-van Elst kassiert, bringen die deutschen Steuerzahler auf, nicht nur die Kirchensteuerzahler der katholischen Kirche. Bußfertig? Reumütig? Zerknirscht? Der Mann müßte jeden Tag auf die Knie sinken vor Dankbarkeit angesichts der Großmütigkeit der Menschen in Deutschland, die aber hinters Licht geführt wurden und werden von jemandem, der offenbar für ein solches Amt keinerlei Eignung besitzt.

 

Katholisches Signal gegen den Osterfrieden

Folgt man dem Predigtforum, ist Ostern das Fest des Friedens. “In Lukas-Evangelium lesen wir in Kapitel 24, 36, dass der Auferstandene den Jüngern erschien. Er spricht sie an mit dem Gruß: ‘Friede sei mit euch!’ Und auch Johannes berichtet, wie der Auferstandene mit diesem Gruß seinen Jüngern erscheint.  (…) Das eigentliche Friedensfest der Christen ist das Osterfest! Es will Auferstehung schenken, wo Unterdrückung war; es will Frieden schenken, wo Hass, Neid, Streit und Krieg war.” In diesem Sinne haben in Holzwickede seit zehn Jahren eine katholische und zwei evangelische Gemeinden einen gemeinsamen Gottesdienst in der Osternacht gefeiert. Bis jetzt. Denn jetzt hat das Erzbistum Paderborn diesen Gottesdienst verboten.  “Die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Gottesdienst sind noch nicht gegeben”, erklärt Monsignore Dr. Michael Hardt, Leiter der Fachstelle Ökumene im Erzbistum Paderborn. “Wir mussten ein Signal setzen.” So zitiert der WDR den Kirchenfürsten. Ein Signal setzen gegen evangelische Christen? Mir kann es egal sein. Aber verstehen kann man diese eingekapselte Kirche der alten Männer nicht.

Beatifikation

Beatifikation, das ist die Seligsprechung. Nach dem Kirchenrecht der katholischen Kirche ist die Seligsprechung die feierliche Erklärung,  daß Gott einen verstorbenen Christen in die Gemeinschaft der Seligen aufgenommen habe. Der Verstorbene muß dafür ein besonders vorbildliches Leben geführt haben. Die Seligsprechung gilt als Vorstufe zur Heiligsprechung. Üblicherweise kann ein solcher Seligsprechungsprozess frühestens fünf Jahre nach dem Tod in Gang gesetzt werden. Morgen wird der vorletzte Papst, Johannes Paul II., selig gesprochen werden. Dazu hatte Papst Benedikt der XVI., Joseph Ratzinger, der amtierende “Heilige Vater” und engster Mitarbeiter von Karol Wojtyla, die vorgesehene Frist enorm verkürzt, nämlich auf nur drei Monate. Eigentlich kann es mir,  bin ich doch kein Katholik, vollkommen gleichgültig sein, ob die Kirche ihre eigenen Regeln einhält, verletzt oder dehnt. Karol Wojtyla war ein charismatischer Papst. Ein Papst, der eine entscheidende Rolle im erfolgreichen Kampf gegen den Kommunismus in Polen gespielt hat. Ein erzkonservativer Kirchenführer, der sich unerbittlich gegen sämtliche Reformbestrebungen innerhalb der Kirche gestellt hat. Aber auch das müssen die Katholiken mit sich ausmachen. Ich habe zwar Zweifel daran, daß ein Mensch, und sei er Papst, Wunder vollbringen kann. Ein Wunder nämlich ist die zweite Voraussetzung für die Seligsprechung. Gleichwohl: Sollen die katholischen Gläubigen doch von Wundertätigkeit des Karol Wojtyla überzeugt bleiben. Was mich jedoch berührt und nicht gleichgültig läßt, ist die Tatsache, daß der polnische Papst eng und freundschaftlich verbunden war mit Marcial Maciel, dem Ordensgründer der Legionäre Christi. Dieser Orden galt als fundamentalistisch und besonders konservativ. Seit den sechziger Jahren gab es öffentliche Kritik an Marcial Maciel und seinen Legionären. Er solle drogenabhängig gewesen sein und Knaben mißbraucht haben. Diese Vorwürfe wurden später bestätigt. Mehr noch: Nach seinem Tod stellte sich heraus, daß der eifrige Verteidiger des Zölibats Kinder in Spanien, Mexico und der Schweiz gezeugt hatte. Mit einer anderen Frau hatte er zwei weitere Kinder. In vielen Ordenshäusern der Legionäre wurden Jungen sexuell mißbraucht. Wohlgemerkt: Das alles sind nicht nur irgendwelche Gerüchte, sondern bestätigte Ergebnisse von Untersuchungen kirchlicher und staatlicher Stellen. Papst Benedikt XVI. schrieb am 1. Mai 2010, also genau ein Jahr vor der Seligsprechung von Karol Wojtyla: “„Das sehr schwerwiegende und objektiv unmoralische Verhalten von Pater Maciel, das durch unbestreitbare Zeugenaussagen belegt ist, äußert sich bisweilen in Gestalt von wirklichen Straftaten und offenbart ein gewissenloses Leben ohne echte religiöse Gesinnung.“ Und morgen also wird Karol Wojtyla selig gesprochen, Papst Johannes Paul II.,  der Marcial Maciel noch gelobt und gefördert hatte, als dessen sexuelle Übergriffe an minderjährigen Kindern bereits bekannt gewesen waren. In der Amtszeit des polnischen Papstes wurden sexuelle Übergriffe gegen Kinder und Jugendliche durch katholische Würdenträger, wurden Mißbrauchsverbrechen vertuscht und verschwiegen. Eine vorbildliche Lebensführung kann ich darin nicht erkennen. Statt des Papstes sollte die Kirche einen anderen Polen selig sprechen. Janusz Korczak war Schriftsteller, Mitarbeiter beim polnischen Rundfunk, Arzt und Leiter eines von ihm selbst gegründeten jüdischen Waisenhauses. Zudem Herausgeber einer Kinderzeitung und Dozent an polnischen Hochschulen. Als die Nazis in Warschau das Ghetto errichtet hatten, wurde das jüdische Waisenhaus dorthin umgesiedelt. Korczak und die Kinder lebten fortan unter unerträglichen Bedingungen. Am Mittwoch, dem 5. August 1942, wurde Waisenhaus Korczaks in das KZ Treblinka verbracht. Janusz Korczak wurde mehrfach die Gelegenheit geboten, sein eigenes Leben zu retten. Aber er lehnte alle diese Angebote entschieden ab und ging gemeinsam mit “seinen” Kindern in den Tod.

Im Namen des Herrn

“Ehebruch ist kein Kündigungsgrund”, so entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gegen deutsche Richter und Gerichte und die katholische  Kirche. Ein Kirchenmusiker in Essen, der sich von seiner Frau getrennt hatte und nun mit einer anderen zusammenlebt, war von seiner Gemeinde gefeuert worden. Die Richter in Straßburg haben nun entschieden, daß mit einem solchen Urteil die Europäische Menschrechtskonvention verletzt worden sei, die die Privatsphäre und das Familienleben schütze. Bischof Franz-Josef Overbeck aus Essen verteidigte trotz des Straßburger Urteils das Vorgehen der katholischen Kirche. Ein Organist habe eine Vorbildfunktion für die Gemeinde und die Kirche. Noch am elften April hatte das Essener Obervorbild in der Sendung Anne Will im Ersten unter anderem gesagt, Homosexualität sei eine Sünde und widerspreche der Natur. Glaubensfreiheit anno 2010 in Deutschland.  In gesellschaftlichen Schlüsseleinrichtungen wie Kindergärten, einigen Schulen und Internaten, in Kliniken oder Pflegeheimen, an Universitäten können die großen Kirchen ihre Weltsicht als allein seligmachende verkünden. Dank staatlicher Förderung, die sich längst nicht nur auf das Eintreiben der Kirchensteuer beschränkt. Es ist hohe Zeit für Säkularisierung.

“Du sollst nicht lügen”

Der Teufel ist der Vater „Vater der Lüge“ (Johannes 8, Vers 44). Der Teufel ist auch der Vater der Lüge des Augsburger Bischofs Walter Mixa. Wochen lang hat er die Öffentlichkeit belogen, die Medien des Landes, die katholischen und anderen Christen, die Heimkinder, an denen er sich während seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen vergriffen hat. Heute wird Mixa, die “Kettensäge der Kurie”, in der Süddeutschen Zeitung mit den Worten zitiert, daß er “als langjähriger Lehrer und Stadtpfarrer im Umgang mit sehr vielen Jugendlichen die eine oder andere Watschn von vor 20 oder 30 Jahren natürlich nicht ausschließen kann. (…) “Das war damals vollkommen normal.” Nein, nein, nein. Kinder zu schlagen, war niemals normal. Lehrer, Erzieher und Eltern haben es getan, das ist wohl wahr, Pfarrer leider auch, aber dadurch wird es noch lange nicht normal. Kinder zu schlagen war und ist nicht normal. Es war und ist und bleibt ein Übergriff gegen Schutzbefohlene, ein Gewaltakt gegen Schwächere. Noch vor kurzem hatte Mixa versichert, “zu keiner Zeit körperliche Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in irgendeiner Form” ausgeübt zu haben. “Ich habe ein reines Herz.” Mit dieser Beteuerung hat er die Öffentlichkeit des Landes getäuscht. Walter Mixa hat gelogen. Es ist Zeit für einen Rücktritt. Nehmen Sie sich Frau Käßmann zum Vorbild. Und schweigen Sie, Bischof Mixa. Für lange Zeit.

Felix VI.

1449 war’s. Auf den Tag genau vor 561 Jahren. Der Gegenpapst Felix V., eigentlich Graf Amadeus VIII. „der Friedfertige“ aus dem Hause Savoyen, tritt zurück. Natürlich, nachdem er sich reiche Privilegien gesichert hat. Er wird Kardinalbischof von Sabina und Genf . Er gilt als letzter historischer Gegenpapst. Es wird Zeit für einen neuen.

“Kind Gottes, nimm diese Strafe”

“Kind Gottes, nimm diese Strafe”, sprach Walter Mixa zum über einen Bock gebeugten Jungen und schlug ihm 35 mal mit einem Teppichklopfer auf den Hintern. So berichten soeben die Tagesthemen. Ein ehemaliges Heimkind informiert von diesen Praktiken des ehemaligen Stadtpfarrers von Schrobenhausen. Zwei Frauen, ebenfalls ehemalige Heimkinder, bestätigen, von Pfarrer Mixa geprügelt worden zu sein. “Ich will keine Entschuldigung von Herrn Mixa. Ich will nur, daß Herr Mixa verschwindet, auch aus meinem Leben verschwindet”, so eine von Ihnen vor den Kameras der ARD. Sie erinnern sich? Walter Mixa, mittlerweile Bischof von Augsburg, hat die sogenannte “sexuelle Revolution” der sechziger bis siebziger Jahre für den Mißbrauch und die sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche mitverantwortlich gemacht. Walter Mixa, gehen Sie. Und schweigen Sie. Walter Mixa, Kind Gottes, nimm diese Strafe. Und laß uns alle endlich in Ruhe.

Sexueller Mißbrauch ist kein Kavaliersdelikt, auch nicht, wenn die Kavaliere Soutanen tragen

Alles, was Recht ist: Die katholische Kirche hat nun keinerlei Grund, die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ins Visier zu nehmen. Kein Tag vergeht, an dem nicht über Übergriffe auf Kinder und Jugendliche, über sexuellen Mißbrauch in katholischen Einrichtungen, in Schulen, Heimen, Klöstern berichtet wird. Wohlgemerkt: Wir reden nicht über mangelnde Moral. Wir reden über Verbrechen. Sexueller Mißbrauch ist kein Kavaliersdelikt, auch nicht, wenn die Kavaliere Soutanen tragen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte der katholischen Kirche mangelnden Aufklärungswillen bei den Missbrauchsfällen vorgeworfen und die “Schweigemauer” beklagt, die in vielen Schulen und Einrichtungen die juristische Aufklärung von Kindesmissbrauch behindere. Dabei verwies die FDP-Ministerin auf eine Kirchen-Direktive von 2001, die auch schwere Missbrauchsfälle zunächst unter die päpstliche Geheimhaltung stelle. “Es braucht ein klares Signal an die Opfer, wie zum Beispiel das Gespräch über freiwillige Wiedergutmachungen in den Fällen, in denen die rechtliche Verjährung eingetreten ist”, sagte Leutheusser-Schnarrenberger der “Süddeutschen Zeitung”. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass nur Fälle zugegeben werden, die sich nicht länger bestreiten lassen. Es ist abscheulich, was sich unter katholischen Dächern zugetragen hat und vielleicht noch zuträgt. Und armselig ist, wenn nunmehr Kirchenobere und in ihrem Gefolge auch CDU-Politiker die Justizministerin mit Schmähkritik überziehen und mithin vom eigentlichen Problem abzulenken versuchen: In der Obhut der Kirche waren und sind Kinderseelen und Kinderleiber nicht sicher. Ich wünsche mir, daß Frau Leutheusser-Schnarrenberger standhaft bleibt und nicht einknickt vor der geballten Macht der Kirche und ihrer Gefolgsleute in der Politik.

Mißbrauch, die nächste

Mißbrauch, die nächste: Wie der WDR meldet, ist es auch im Konvikt St. Albert in Rheinbach und im Vinzenz-Pallotti-Kolleg in den 60er Jahren zu Übergriffen gekommen. Nicht nur die Jesuiten, sondern auch die Pallottiner haben sich also an Kindern und Jugendlichen vergangen und ihre Körper und Seelen geschändet. “Die Gemeinschaft der Pallottiner umfasst 300 Glaubensbrüder und gehört der katholischen Kirche an. Sie unterhält in Deutschland Einrichtungen wie Schulen, Jugendhilfeeinrichtungen und eine philosophisch-theologische Hochschule in Vallendar”, schreibt der WDR auf seiner Homepage. Diese Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen werden zwar von den Pallottinern betrieben, der deutsche Steuerzahler aber gibt das seinige dazu. Skandalös genug. In den Kommentaren zum WDR-Artikel schreibt M.: “Ich selbst war in den 60er + 70er Jahren Schüler eines katholischen Internats in der Eifel. Körperliche Züchtigung, sexuelles Vergehen und psychischer Terror war dort an der Tagesordung. Nach heutigen Maßstäben wären die Patres und Erzieher direkt ins Gefängnis gewandert.” Und Geli kommentiert: “Jetzt weiß ich auch, was dieser unsägliche Mixa mit seiner Aussage gemeint hat. Wenn die sexuelle Revolution nicht gewesen wäre und wir immer noch gläubig und ohne nachzudenken den Pfaffen hinterrennen würden, wäre das Ganze nie ans Licht gekommen und die Rockträger würden den Respekt bekommen, der ihnen ihrer Meinung nach zusteht.” Den Schändern, Verharmlosern und Verleumdern in der Kirche, sei Psalm 77 ins Stammbuch geschrieben:

Ich rufe zu Gott, ich schreie, ich rufe zu Gott, bis er mich hört. Am Tag meiner Not suche ich den Herrn; unablässig erhebe ich nachts meine Hände, meine Seele lässt sich nicht trösten. Denke ich an Gott, muss ich seufzen; sinne ich nach, dann will mein Geist verzagen. Du lässt mich nicht mehr schlafen; ich bin voll Unruhe und kann nicht reden. Ich sinne nach über die Tage von einst; ich will denken an längst vergangene Jahre. Mein Herz grübelt bei Nacht, ich sinne nach, es forscht mein Geist.

Mir ist nach Speien zumute.