Zunächst waren es Corona und und die Pandemie, die meinen Aktionsradius schlagartig verkleinerten. Nicht Schrittchen für Schrittchen, in kleinen Dosen, langsam. Nein. Für den Risikopatienten mit vorgeschädigter Lunge hieß es, Kontakte einzuschränken, drastisch, Masken zu tragen, auf Medikamente und Impfstoffe zu warten. Zwischenzeitlich gibt es Medikamente und Impfstoffe in ausreichender Zahl und auch das winzige, nur rund zwanzig bis dreihundert Nanometer große Virus hat sich verändert. Die gegenwärtige Mutation ist nicht annähernd so gefährlich für die Gesundheit und fürs menschliche Leben wie die Ausgangsform. Trotz spürbar besserer medizinischer Versorgung hatte ich mich hernach entschieden, mindestens bis zur Booster-Impfung alles so zu belassen. Keine Kontakte außer Haus. Keine Konzerte, leider, leider. Keine Feiern. Keine Restaurants, keine Freundschaftsbesuche, kein Café. Keine Treffen im Familienkreis in Köln. Plausch und Kännchen nur draußen. Gespräche und Debatten ebenfalls. Kein politisches Treffen, keines in der Partei, keines mit der Flüchtlingsinitiative. Keines mit den Kolleginnen und Kollegen, die beim Forum Wermelskirchen hilfreich zur Hand sind. Keine Sportveranstaltung mehr. Kein Einkaufsbummel. Draußen, das waren und sind nunmehr, auch nach der Boosterimpfung, Arztbesuche, Augenoperationen, Blutabnahmen. Zunächst allenfalls Antwort auf Corona und die bleibenden Gefahren für Menschen meines Alters. Nunmehr, in den vergangenen Monaten, tritt indes eine Verschlechterung meines Gesundheitszustandes hinzu. Meine körperliche Belastbarkeit ist hin. Der Kopf leistet mir gute Dienste. Wie eh und je. Nur meine Mobilität ist stark eingeschränkt. Treppen machen große Mühen, meine Wege sind sehr kurz, allenfalls zwischen zwei Zimmern, zu einem anderen Sitzplatz. Und, ich höre den Spott schon, in den nächsten Tagen wird ein Treppenlift dafür sorgen, daß ich ohne größere Luftnot aus dem ersten Stock in die Küche und ins Wohnzimmer kommen kann und ebenso luftnotlos auch wieder zurück. Lifta. So schrumpft die Welt. Das ganze Universum paßt in nur zwei kleinere Zimmer. Und auf eine geräumige Terrasse. Wenn Sohn und Freundin kommen, Freunde, Nachbarn. Das Fenster befindet sich, weil bereits in die Dachschräge eingepaßt, sehr weit oben, seine Rollokästen schließen die Öffnung deckenhoch ab. Mein Blick nach draußen, aus diesem Zimmer, geht auf die Gartenseite. Von dem aber kriege ich nichts mit. Ich habe mein eigenes Triptychon. Zwei Tafeln, links und in der Mitte, gestatten mir einen Blick auf den Götterbaum im nachbarschaftlichen Garten, die Rechte auf den Giebel des anderen Nachbarhauses, das zu Weihnachten immer so hell illuminiert wird. Götterbaum. Für hiesige Naturschützer ein Nachtmahr. Das aus China stammende Gehölz mag Trockenheit und Hitze und könnte einheimisches Gewächs verdrängen. Mein Triptychon mit einem Spurenelement von Klimakatastrophe. Der beste Indikator auf meinem Triptychon ist die Farbe blau. Blau bedeutet Himmel, Sonne, Trockenheit. Grau hingegen verheißt Regen, Schnee, Wind. Das Triptychon aber ist nur ein kleiner Blick in die Welt, ein Mini-Ausschnitt. Zoom und Consorten, Facetime, das normale Telefon, Briefe, Mails, all die modernen technischen Kanäle zur Kommunikation lassen mich nicht zum Eremiten geraten. Mein Radius ist eingeschränkt. Ich nehme an Veranstaltungen nicht mehr persönlich teil, offline sozusagen. Die Technologie aber bietet neue Möglichkeiten, Dinge in Erfahrung zu bringen, sich auszutauschen, sich aufeinander zu beziehen. Ich bin also noch da und möchte auch noch eine Weile bleiben. Auch, wenn das für einige Menschen bedeuten wird, daß nicht mehr ich sie, sondern eher sie mich werden aufsuchen müssen. Den Kartenvorverkauf werde ich im neuen Jahr starten. Ich danke allen Weggefährten bis hierher und wünsche allen erholsame Feiertage, einen guten Übergang in ein besseres Jahr Zweitausenddreiundzwanzig und noch viel gemeinsame Zeit und inspirierende Gespräche.
Das werden wir gerne tun, dich heimzusuchen, wenn es dir gut geht und dir gut geht mein alter Freund.
Gute Zeit Hannes