Schlagwort: Alexander Dobrindt

Verlogen

Je ärmer, desto glaubwürdiger. Das ist die Formel der Zeit. Wie weit darf ein Sozialdemokrat, mehr noch gilt das selbstredend für Politiker der Linken, wie weit also darf sich ein sich als links verstehender Politiker mit seinem persönlichen Wohlstand von denen entfernen, deren Interessen er politisch in den Parlamenten vertreten möchte? Unternehmer dürfen natürlich wohlhabend sein, reich sogar, Manager, Anwälte, Berater, Finanzdienstleister, Geschäftsführer, Bänker, Verbandsmitarbeiter aus Industrie und Handel ebenfalls. Konservative und Liberale zeichnet überdurchschnittlicher Wohlstand aus, Linke, Gewerkschafter, Sozialdemokraten schmäht er, sie haben gefälligst arm zu bleiben. Um ihrer Glaubwürdigkeit willen. Der (alte) Porsche von Klaus Ernst (Die Linke) war es vor Jahresfrist oder das Vermögen des Oskar Lafontaine, die Rednerhonorare von Peer Steinbrück sind es heute. Ein verlogenes Argument, das auch nur in einer verlogenen Gesellschaft mit einem verlogenen Politikbetrieb und einer verlogenen Publizistik Bedeutung erlangen kann. Konservative und Liberale bezeichnen sich gerne als bürgerliche Kräfte im Politikbetrieb. Bürgerlich soll in der politischen Geographie rechts von der Mitte angesiedelt sein. Links hingegen sei kein Platz für Bürgerlichkeit. Politik ist immer auch Kampf um Semantik. Den aber haben die Konservativen und Liberalen bereits verloren. Konservative und Liberale waren es zuvörderst, die die hohen Einkünfte des SPD-Kanzlerkandidaten mit hohlem Moralin kritisierten.  Wenn zentrale Werte einer bürgerlichen Gesellschaft Leistung und Leistungsbereitschaft sind, wenn sich diese bürgerliche Gesellschaft neben anderem durch Gleichheit vor dem Gesetz und Chancengleichheit auf dem Markt auszeichnet, dann vergehen sich die Kritiker am Vermögen des Peer Steinbrück an eben diesem Begriff der bürgerlichen Gesellschaft. Und jetzt, da der Kanzlerkandidat der SPD seine Einkünfte öffentlich gemacht hat, macht sich betretenes Schweigen breit. Denn Transparenz und Öffentlichkeit der Einkünfte und Nebeneinkünfte aller Abgeordneten, das hatten die Seehofers und Dörings und Dobrindts  nicht im Sinn. Die vermeintlich Bürgerlichen scheuen Transparenz und Öffentlichkeit, wenn’s ums Geld geht. Konservative und Liberale haben verlogen-durchsichtig argumentiert, geheuchelt, um des billigen Punktgewinns willen. Das Armutspostulat ist ein Rohrkrepierer. Und Verlogenheit und Heuchelei sind weder bürgerliche noch linke Tugenden. Ob Nebeneinkünfte für Parlamentarier sinnvoll sind, statthaft, ob sie beschränkt werden sollen, finanziell oder zeitlich, oder untersagt, das ist eine andere Debatte. Eine, die ansteht, die wichtig ist dafür, ob Politiker sich weiter von ihren Wählern entfernen oder nicht, eine, die zu mehr politischer Hygiene führen kann.

Gott mit Dir, Du Land der Bayern …

Interessant. Da tritt der Pressesprecher der bayerischen CSU, Dr. Hans Michael Strepp, heute zurück, obwohl er doch, nach eigenem Bekunden, nicht bei der Heute-Redaktion des ZDF angerufen hatte, um eine Berichterstattung des Zweiten über den Parteitag der bayerischen SPD zu verhindern. Also nochmal. Strepp hat nicht den Versuch gemacht, auf die Berichterstattung des Mainzer Senders Einfluß zu nehmen. Sagt er. Und deswegen tritt er zurück? Logisch? Nein, das folgt nicht einmal bayerischer Logik, die sich uns Saupreußen oft entzieht. Das ist lediglich mit einem in CSU-Logik sozialisierten Gemüt zu begreifen. Strepp, das hat mir heute mein Radio erzählt, WDR 5 und Deutschlandfunk, Strepp galt und gilt als besonnener Medien-Strippenzieher. Und der soll in einem telefonischen Alleingang versucht haben, die Mainzer Heute-Redaktion zu beeinflussen, so ganz ohne daß sein Chef, der Partei-Intellektuelle und Generalsekretär, Alexander Dobrindt, der mit der schwarzen Hornbrille, etwas von diesem Vorhaben wußte? Muhahaha. Einen “Abgrund von Landesverrat” hatte schon einmal ein bedeutender CSU-Mann bei einem Medium ausgemacht, beim Spiegel. Und hat dessen Redaktionsräume durchsuchen und die Zeitschriften beschlagnahmen lassen sowie den Chefredakteur hinter Gittern gebracht, vorübergehend – und mußte hernach zurücktreten, weil er Parlament und Öffentlichkeit dreist belogen hatte. Nachtrag: Strepp ist nun weg, aber Seehofer und Dobrindt bleiben: im ZDF-Verwaltungsrat der eine, im ZDF-Fernsehrat der andere. In der Partei sollten sie bleiben, aus den Mediengremien aber verschwinden. Alle Politiker.

Der CSU mangelt es an Anstand

“Die unmittelbare Wirklichkeit des Gedankens ist die Sprache.” Dies schrieb Friedrich Engels bereits im Jahr 1845. Und also konnte er Alexander Dobrindt nicht kennen, den Generalsekretär der CSU. Dobrindt hatte die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, als das “faulste Ei der deutschen Politik” bezeichnet, und zwar genau, während diese ihre vielbeachtete Trauerrede auf dem Gottesdienst anläßlich der Loveparade in Duisburg hielt. Zurückgepfiffen von seinen Parteioberen murmelte Dobrindt hernach ein knappes Sorry. Und so soll die Angelegenheit vergessen sein. Ich finde dagegen, daß man so schnell nicht zur Tagesordnung übergehen sollte. Die neuerliche Geschmacklosigkeit des Herrn Dobrindt ist eben nicht nur eine sprachliche Entgleisung, sondern eine gedankliche Fehlleistung. Alexander Dobrindt ist ein Hetzer. Die Parteispitze der CSU hat, wie die anderer “bürgerlicher” Parteien, ein Problem mit bürgerlichen Tugenden. Ihnen mangelt es an Anstand.