Diese Überschrift erschließt sich erst, wenn man ein Posting noch einmal liest, das ich vor knapp einem Jahr hier eingestellt habe. Buchhaltung wider die Zeder war der Beitrag überschrieben und widmete sich einem schönen Schreiben der Bürgermeisterin, in dem sie Barbara und mir zur Goldenen Hochzeit gratulierte. Ein Jahr zu früh. Wir hätten die Zedern-Hochzeit auslassen müssen, die am neunundvierzigsten Jahrestag der Eheschließung begangen wird. Diese, wie festzustellen einem das Internet möglich macht, die Zeder, gilt als robustes und langlebiges Holz. Immerhin. Darüber hinaus werde „Erleuchtung“ mit diesem Tag assoziiert. Darauf kann man nun doch weiß Gott nicht verzichten. Also: Wir haben die neunundvierzigste Wiederkehr so begangen wie die meisten dieser Tage, von der Hochzeit selbst abgesehen: Mit einer kurzen Gratulation, einer mehr oder weniger intensiven gedanklichen Rückkehr in die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, der eher Staunen machenden Erkenntnis, was seither alles geschehen, was uns gelungen ist, was noch zu tun sein wird. Kein großes Fest, kein Empfang keine Girlanden an der Haustüre. Und so ist es auch heute. Kein Fest, kein Empfang, keine Girlanden an der Haustüre. Aber ein freundlicher Brief der Bürgermeisterin. „Von einem Ereignis, das nur wenigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern vergönnt sei, schrieb Frau Lück, von einem reichen und glücklichen Leben zu Zweit, von der Bereitschaft, sich immer wieder umeinander zu bemühen und Neues zu entdecken nach langen, gemeinsam verbrachten Jahren.“ Das gilt auch heute noch, ein Jahr später, zur Goldenen Hochzeit. Der Brief der Bürgermeisterin ist, auch heute noch, „ein durchdacht-nachdenklicher Text, besinnlich, klug, ganz unamtlich formuliert, sozusagen mehr an die betagten Freunde als an die Mitbürger adressiert. Sie wünscht uns alles Gute und das frohe Fest der Goldhochzeit.“ Vielen Dank, Frau Bürgermeisterin. Im nächsten Jahr werden wir dann die Weidenhochzeit begehen. Die Bezeichnungen fürs immergleiche, die Besinnung auf die Eheschließung, sind vielfältig. Da kommen noch Uran, Platin, Eisen, Juwelen oder Alabaster. Alles zu seiner Zeit. Heute ist erst einmal Goldhochzeit.
Monat: Mai 2023
Fußballgott
Der Fußballgott hat gestern auf der ganzen Linie versagt. Nein, ich meine nicht die xte Meisterschaft für den FC Bayern München. Auf dem Platz war es die Mannschaft von Borussia Dortmund, die kläglich an der Riesenchance scheiterte, einmal die Serienmeisterschaft für die Bayern zu durchbrechen. Zudem ist mir der FC Bayern München ziemlich egal. Mehr noch. Mein Interesse am Profifußball läßt beständig nach. Von Leidenschaft ist seit geraumer Zeit nicht mehr zu reden. Versagt hat der Fußballgott, als er die Kommunikation des Meistervereins auf dem Niveau einer Kreisklassenmannschaft hat durchgehen lassen. Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic waren und sind für mich keine Sympathieträger. Für nichts. Aber daß sie gestern, als die Meisterschaft noch nicht einmal in trockenen Tüchern war, geschasst worden sind, zeigt nicht mehr, als daß es sich beim Münchener Verein um den Serienmeister der Arroganz handelt. Die Kommunikationsabteilung in München ist gestern jedenfalls nicht Deutscher Meister geworden.
Bleiern
Über Jahre hat man sich den den Blick auf die Fußball-Bundesligatabelle abgewöhnt. Die Spannung war dahin. Jedenfalls, wenn es um die oberen Tabellenregionen ging, die Meisterschaft. Der Kampf um die Plätze für internationale europäische Pokal-Wettbewerbe ist allenfalls ein schaler Ersatz für die Hauptfrage jeglichen Sports: Wer wird Erster, wer gewinnt die Meisterschaft? Müdes Gähnen ist Folge der Dauer-Meisterschaft des FC Bayern. Ein Abonnementsmeister ist der Tod des Wettbewerbs. Dauersieger entwerten den Sport, richten sich gegen den Grundgedanken, immer wieder neu die Kräfte miteinander messen zu müssen mit realistischen Chancen, daß der Sieger nicht vorhergesagt werden kann. Der FC Bayern als Dauermeister spricht gegen jede Idee des Sportes, gegen jede Idee des freien Spiels der Kräfte, gegen jede Marktidee. Eine große Anzahl von Kindern weiß nicht, daß auch andere Mannschaften einmal Deutscher Fußballmeister waren. Das ist so ähnlich wie bei den gefühlt ewigen Kanzlerschaften von Helmut Kohl oder Angela Merkel. Die Hoffnung der Fußballfans richtet sich auf den kommenden Samstag. Kann Borussia Dortmund den hauchdünnen Vorsprung vor dem FC Bayern sichern, Deutscher Fußballmeister werden und damit die bleiernen Zeiten totaler Übermacht aus München (zeitweilig jedenfalls) beenden? Ich wünsche es mir und den vielen Fußballfreunden im Land.
Pilotbüro
Der kürzlich verstorbene ehemalige Nachrichtensprecher des DDR-Fernsehens, Klaus Feldmann, hat Zweitausendsechzehn ein Buch mit dem Titel “Verhörte Hörer” veröffentlicht, in dem er Geschichten aus Rundfunk und Fernsehen im Sozialismus präsentierte, die eigentlich nie passieren sollten. So erinnerte er an Versprecher wie “demokratische Hodenreform” oder “bunte Transparente und Bruchbänder” oder das “Pilotbüro der SED”.