Heute, am 30. April, wird traditionell die Walpurgisnacht begangen. Die Hexen feiern heute Nacht, insbesondere auf dem Blocksberg, also dem Brocken; für die Kelten und Heiden heißt der Tag Beltane, ein Frühlings- und Fruchtbarkeitstag, auch ein Feuertag. Die Walpurgisnacht leitet sich von Walburga (auch Walpurga oder Walpurgis) ab, einer Äbtissin aus dem England des achten Jahrhunderts.
Der Gedenktag dieser Heiligen wurde im Mittelalter am 1. Mai gefeiert. Was ich mit der Walpurga am Hut habe? Walpurga ist die Schutzheilige gegen Pest und Tollwut – aber das macht sie mir nicht so interessant. Wichtiger ist: Walpurga ist auch die Schutzheilige gegen Husten. Und der plagt mich nun schon seit einer Woche, samt Schnupfen und Halsschmerzen. Ich hege also die begründete Hoffnung, daß heute Nacht, in der Walpurgisnacht die Heilige an mir ihr Werk verrichtet. Warum sollte das weniger wirksam sein als Umcaloabo oder Bronchoforton oder Hustensaft? Maisingen, einen Maibaum setzen, Maibowle trinken, ein Maifeuer entzünden – mir sind alle Bräuche recht, wenn Walpurga nur meinen Husten nicht vergißt. Selbst der Brauch, daß in der Walpurgisnacht Mädchen mit entblößten Genitalien über die “Brautstein” genannten Monolithe im Wendland rutschen, um sich dabei ihren Liebhaber zu wünschen, selbst dieser Brauch ist mir nur Recht, wenn ich den ersten Mai ohne plagenden Husten verbringen kann. Sollen die Hexen auf Besen oder Ziegenböcken reiten, sollen die jungen Leute am Osterfeuer auf heiße Gedanken kommen, sollen die Menschen trinken, lachen, tanzen und lüstern sein – Hauptsache hustenfrei.