Schlagwort: Mehrwertsteuer

Miszelle

Ein kleines Fundstück aus dem Sprengsatz von Michael Spreng.

Die zweite Steuer, bei der die Große Koalition auf Gestaltung verzichtet, ist die Mehrwertsteuer. Schon oft wurde eine Reform versprochen, aber bis 2017 wird sich auch hier nichts tun. Es werden also weiter Babywindeln, Insulin und Mineralwasser höher besteuert als Trüffel, Hotelübernachtungen und Hundefutter. Wolfgang Schäuble ist in seiner dritten Regierungsperiode kein gestaltender Politiker, sondern nur ein Kassenwart. Und die Große Koalition hat wenig Grund zum Schulterklopfen.

Stolpersteine und Mehrwertsteuer

Stolpersteine, so nennt der Künstler Gunter Demnig sein Projekt. Betonsteine, auf deren Oberseite eine Messingplatte je individuell an das Schicksal von Menschen erinnert, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert oder vertrieben wurden. Als kleine Gedenktafeln werden sie vor den ursprünglichen Wohnorten der NS-Opfer in das Pflaster des Gehweges eingelassen. Man stolpert also nicht mit den Füßen, sondern mit Augen, Kopf und Hirn. Ein europaweit bedeutsames Projekt des Erinnerns und Mahnens. Weit mehr als siebenundzwanzigtausend solcher Stolpersteine hat Gunter Demnig in fünfhundertdreißig Städten und Gemeinden in Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Italien, Norwegen, Österreich, Polen, Tschechien, der Ukraine und Ungarn eingesetzt. Stolpersteine für Dänemark und Frankreich befinden sich in der Planung. Wenn das Finanzamt mitspielt. Denn die Kölner Steuereintreiben wollen den Künstler mit dem vollen Mehrwertsteuersatzt von neunzehn Prozent belegen, weil es sich um “Massenproduktion” handele und nicht um eine schöpferische Tätigkeit. Insofern könne der ermäßigte Steuersatz für urheberrechtlich geschützte Kunstwerke nicht in Anspruch genommen werden. Auf eine Steuernachzahlung verzichten die Kölner Finanzbeamten mittlerweile, nachdem sie sich lautstarken Protest und harscher Kritik ausgesetzt sahen. In Zukunft aber solle der volle Mehrwertsteuersatz entrichtet werden. So ist das, wenn Steuereintreiber als Kunstexperten tätig werden. Der Finanzminister des Landes, Norbert Walter-Borjans, ist aufgerufen, dem aberwitzigen Treiben seiner Beamtenbanausen, die in den Stolpersteinen lediglich “Hinweisschilder” zu erkennen vermochten, ein schnelles Ende zu bereiten. Der Kölner Stadt-Anzeiger zitiert den Finanzminister heute mit den Worten: „Es handelt sich um ein einziges Werk der Erinnerung, das durch den Künstler permanent vervollständigt wird.“ Na also, geht doch.

Stolpersteine in Wuppertal

Stolpersteine in Wuppertal

 

 

Pinkwart tollt mit Rüttgers

Der steuerpolitische Kurs der Liberalen dürfe nicht wegen schlechter Umfragewerte vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai geändert werden. So Wolfgang Kubicki, FDP-Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, an die Adresse seines Parteifreundes und Vizevorsitzenden Andreas Pinkwart. Der hatte eben noch getönt, die Mehrwertsteuersenkung sei ein bürokratisches Monstrum und müsse ausgesetzt werden. Zur Not werde die NRW-Landesregierung eine Bundesratsinitiative ergreifen. Und Rüttgers sprang ihm bei. Aber? Eingeknickt. Beide. Pinkwart und Rüttgers. Keine Bundesratsinitiative. Mund gespitzt, aber nicht gepfiffen. Schwanz eingezogen. Beide. Die Sorge vor der Landtagswahl scheint größer zu werden. Ich bleibe dabei: Die FDP ist ein Tollhaus. Und Rüttgers tollt mit.

“Bambi” schwimmt im ZDF

Christian Lindner, FDP-Nachwuchsstar, soeben in “Berlin direkt”, ZDF. Peter Frey fragt nach der Position der FDP zum Thema Mehrwertsteuer und Hotels, fragt auch nach, als Lindner auszuweichen versucht. Und “Bambi” schwimmt. “Wir wären nicht gut beraten, jetzt die Mehrwertsteuer für Hotelbetriebe zu ändern. Allerdings müssen wir müssen das Ganze praxistauglicher machen.” Und noch eine Nachfrage. Lindner: “Das Thema Mehrwertsteuer ist überdimensioniert.” Sprechblasen, auf die Frey nur süffisant zurücklächeln kann. Da sollte man vielleicht auch mal Herrn Pinkwart fragen. Die FDP zerlegt sich.

Mehrwertsteuertollhaus

Wie die Tagesschau meldet, ist in der FDP eine Debatte um die Mehrwertsteuer und die umstrittene Sonderregelung für Hotelbetriebe entbrannt. Der stellvertretende Vorsitzende der Liberalen, Andreas Pinkwart, fordert sogar eine Aussetzung des eben erst beschlossenen Gesetzes. Ein “bürokratisches Monstrum” sei entstanden, da die unterschiedlichen Steuersätze für Übernachtungen und Frühstück einen unzumutbaren Mehraufwand bei den Reisekostenabrechnungen bedeuteten. Auch der FDP-Finanzexperte Volker Wissing setzt sich sich für Änderungen der Mehrwertsteuerregeln ein. Der Regelsteuersatz solle 19% betragen, der ermäßigte Satz von sieben Prozent nur für den existenznotwendigen Konsum wie Lebensmittel gelten. Die Tagesschau weiter:  “Lobbygruppen hätten im Laufe der Jahre zu viele Sondertatbestände in das Mehrwertsteuerrecht hineinverhandelt, sagte der FDP-Politiker. Damit müsse Schluss sein, so Wissing. Er lehne es daher ab, den Mehrwertsteuersatz auf Kinderartikel, Bahnreisen, Öko-Produkte oder ähnliches auf sieben Prozent zu senken.” Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Ernst Burgbacher, ebenfalls FDP, hält dagegen: “Die Bundesregierung wird den reduzierten Mehrwertsteuersatz für die Hotellerie nicht aussetzen. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz ist nötig, um Wettbewerbsverzerrungen in der Hotelbranche zu beseitigen und so Arbeitsplätze, Beschäftigung und Wachstum zu sichern.” Ein Tollhaus, diese FDP. Oder doch nur NRW-Landtagswahlkampf?

Skilifte, Tiere und Hotels

Angefangen habe ich mit diesem Blog, weil ich im Zusammenhang mit der vergangenen Kommunalwahl Kritik geäußert habe an den Strategien und am Auftreten von Parteien hier in Wermelskirchen, an ehrenamtlichen Parteivertretern und Kommunalpolitikern. Die Lust aber, sich einzumischen, Kritik zu formulieren, Parteivertretern aufs Maul zu schauen, diese Lust läßt doch gewaltig nach angesichts dessen, was professionelle Politiker, Parteien und Parteivertreter auf Bundes- oder Landesebene so alles zu Wege bringen. Wachstumsbeschleunigungsgesetz, so nennen CDU, CSU und FDP ein Gesetz, das Hoteliers fördert, Kinder armer Familien aber, die auf Sozialtransfers angewiesen sind, gegenüber Kindern wohlhabenderer Familien benachteiligt oder das Erben der Schwester vom Bruder erleichtert. Der komplette Wirtschaftsverstand des Landes, alle Experten ohne jede Ausnahme, alle Beobachter halten dieses Gesetz für vollständigen Unsinn und keinesfalls für eine Maßnahme, die Wachstum beschleunigen könnte. Gleichwohl: Die verantwortlichen Parteien, CSU, FDP und CDU, sind vollkommen beratungsresistent. Skilifte ermäßigter Mehrwertsteuersatz – Babywindeln voller Steuersatz, Tierfutter ermäßigt – Arzneimittel voll. Deutschland im Jahre 2009, dem Jahr der weltweiten Finanzkrise: Wir fördern Skilifte, Tierhalter und Hotels. Hört sich nicht nur bescheuert an – ist auch so. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund beziffert die Mindereinnahmen aus dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit 1,6 Mrd. Euro jährlich und fordert eine Kompensation für Städte und Gemeinden. “Die kommunalen Haushalte sind komplett überfordert, die Finanzlage vieler Kommunen ist verheerend, uns droht die Handlungsunfähigkeit”, so Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes. Die Steuereinnahmen brechen immer weiter ein, allein bei der Gewerbesteuer ist ein Rückgang von über 17 % zu verzeichnen. Gleichzeitig explodieren die Sozialausgaben und werden im nächsten Jahr über 41 Mrd. Euro ausmachen. Die Städte und Gemeinden werden gezwungen, die Leistungen für die Bürger weiter einzuschränken, die Investitionen zurückzufahren und die Verschuldung weiter zu erhöhen. Wachstum? Beschleunigung? Da kann man nur noch irre kichern. Und man wird milde, ausgesprochen milde angesichts dessen, was Kommunalpolitiker in den vergangenen Wochen und Monaten so angerichtet haben.

Welternährungsgipfel im Stau

Stau auf der Autobahn, das bildet. Eben im Deutschlandfunk. Es geht um den Welternährungsgipfel in Rom. Der erste Satz des Berichts: “Alle dreißig Sekunden sterben auf der Erde fünf Kinder an Hunger!” Und wir? Wir subventionieren stattdessen Hoteliers mit dem verminderten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Das senkt zwar keinen Übernachtungspreis im Hotel, dafür aber fördert es auch den Tourismus nicht. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz von FDP, CSU und CDU.

Hotelförderung

Die Koalition will ein “Wachstumsbeschleunigungsgesetz” durchsetzen. Na fein. Ob in diesem Gesetz auch der von der CSU heftigst geforderte verminderte Mehrwertsteuersatz für Hotels und Beherbergungsbetriebe festgeschrieben werden soll, ist nicht klar. Verminderter Mehrwertsteuersatz. Das sind sieben statt der üblichen neunzehn Prozent. Aber warum ausgerechnet Hotels? Warum nicht den geringeren Mehrwertsteuersatz anwenden auf Kinderkleidung zum Beispiel? Auf Windeln. Auf Kinderschuhe. Auf Kindermöbel. Auf Schulbedarf. Die Koalition zeigt nach und nach, welche Lobby im Lande was zu melden hat und welche Gruppen keine starke Lobby haben.