Katar gegen Ecuador

Unsystematisches Gegrummel zur Fußballweltmeisterschaft

Ich bin mir gar nicht so sicher, daß ich mir das Fußballweltmeisterschaftsspiel zwischen Katar und Ecuador, das während einer Weltmeisterschaft, sagen wir in: Brasilien stattgefunden hätte oder in Polen mit Ungarn oder den Vereinigten Staaten von Amerika angesehen hätte im Fernsehen. Noch wesentlich jünger, vor vielen Jahren, gewiß. Da war jede Fußball-WM ein Ereignis mit Wucht, eines, von dem ich möglichst viel, möglichst alles mitbekommen wollte. Katar gegen Ecuador ist am kommenden Samstag das Eröffnungsspiel der diesjährigen Winterweltmeisterschsft im Wüstensand. Und von überall her ertönt der Ruf nach Boykott. Diese WM darf man sich nicht ansehen, wegen des Skandals eines völlig korrupten Vergabeverfahrens. Die schlechteste WM-Bewerbung aller Zeiten wurde belohnt. Die Spiele finden im Winter statt, weil der Sommer dort in Katar mit seinen fünfzig Grad doch zu heiß ist fürs Kicken. Sie finden dort statt, wo es wirklich keine Fußballtradition gibt. In einem sehr kleinen Land, kleiner als Schleswig-Holstein, am Rande einer Wüste, das touristisch kaum etwas zu bieten hat. Fußballfans, die die Spiele besuchen wollen, müssen sich mit äußerst rückständigen kulturellen und sozialen Umständen abfinden. Eine kleine, unendlich reiche Männergesellschaft regiert das Land nach islamistischem Gutdünken; die Arbeit wird von asiatischen Arbeitssklaven erledigt, denen alle sozialen Rechte genommen werden; Frauen werden Menschenrechte vorenthalten; Homosexuelle werden verfolgt. Kurzum: Der Wüstenstaat ist noch nicht in der Moderne angekommen. Ob das jemals gelingen kann mit der Ausrichtung eines Welt-Fußballturniers, bleibt fraglich. Der Boykott der Fernsehübertragungen wird Katar ebenfalls nicht zur Turboentwicklung verhelfen können. Die Spiele von Bayern München beispielsweise wurden von niemandem bis jetzt als sanktionsreif bewertet. Dabei ist einer der potentesten Finanzpartner des bundesdeutschen Abonnementsmeisters Katar und seine Fluggesellschaft. Die Spiele der englischen Profiliga sind auch völlig frei von Boykottüberlegungen, obwohl es dort, jenseits des Kanals sowie in Spanien, Frankreich oder Italien doch nur so wimmelt von Vereinen, die mit dem Kapital aus den schmuddeligen Öl- und Gasgeschäften im Nahen Osten zunächst saniert und hernach auf die Erfolgsspur gebracht worden sind. Durchaus vergleichbare Umstände werden schließlich mit ganz unterschiedlichen Ellen gemessen. Meine Lust am Boykott, noch selten wirklich ausgeprägt, wird nicht angefacht. Aber: Katar gegen Ecuador? Das wäre auch unter Bolsonaro oder der PIS-Partei kein Bringer. Das muß man nicht boykottieren. Das sieht man sich einfach nicht an. Als Teil eines Boykotts würde ein derartiges Spiel allenfalls noch geadelt. Zu dieser Begegnung kommt es nur, weil es der FIFA, dem Welt-Fußballverband, stets um die Steigerung der Anzahl der Teilnehmerländer an diesem Großereignis ging und geht. Mehr, mehr, mehr Mannschaften, mehr, mehr, mehr Geld. Und dann? Katar gegen Ecuador. Nein, ich boykottiere diese WM nicht. Aber ich schaue mir auch nicht mehr jedes Spiel an. Mal sehen. Vielleicht grummele ich einfach weiter …

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