Monat: Februar 2015

Bekenntnis

“Keiner weiß, was das Publikum will, auch nicht das Publikum.” Dieses bemerkenswerte Bekenntnis lieferte Gary Davey. Und der ist immerhin Executive Vice President Programming bei der Sky Deutschland AG, also für die Programme zuständig, fürs Publikum mithin.

(http://mobil.horizont.net/medien/nachrichten/Branchenevent-Wir-zahlen-den-Laden-hier-Die-besten-Zitate-von-den-Medientagen-Muenchen-2014-131070)

Unternehmenskultur

Die Deutsche Bahn. Unvergleichbar. Schon mit Verspätung in Hannover eingefahren. Und jetzt die Durchsage: “Sehr geehrte Damen und Herren, unsere Verspätung wird um einige Minuten zunehmen, denn wir müssen noch auf den Zugführer warten.” Das war vor einigen Minuten. Jetzt eine neue Durchsage der Schaffnerin: “Ein Lokführer für unseren Zug ist bereits unterwegs. Wir werden unsere Fahrt also in wenigen Minuten fortsetzen können.” Transparenz, die nicht gut tut. Soll ich mich freuen?

 

Nachtrag: Jetzt kann im hinteren Zugteil die Tür Zweiundzwanzig nicht geschlossen werden. Aufgeregte Durchsage der Schaffnerin: “Meine Damen und Herren, unsere Weiterfahrt verzögert sich um einige Minuten wegen einer Betriebsstörung in Tür Zweiundzwanzig.” Eine Zugfahrt von Berlin ins Rheinland. Eines der letzten großen Abenteuer unserer Zeit. Vom Flug zum Mond vielleicht abgesehen.

 

Nachtrag zwei: Es geht weiter. Jetzt mit einunddreißig Minuten  Verzug. Normal, oder?

Quäntchen

Das Quäntchen, das doch so gerne beim Glück verwendet wird,  bei der Wahrheit oder auch dem Mitleid, das Quäntchen also ist ein altes Handelsgewicht und beträgt ein Fünftel des alten Lots. Vor der Rechtschreibreform schrieb man Quentchen, weil es vom Quent abstammt, dem fünften Teil, und nicht dem Quantum, der Menge, wie man heute annehmen könnte nach der Reform, die so vieles noch unverständlicher gemacht hat, als es zuvor schon war. Mit Quäntchen oder Quentchen, einerlei, meinen wir eine ganz kleine Menge, eine Winzigkeit, ein Fitzelchen, einen Hauch,  ein Tröpfchen. Und eben, im Hauptbahnhof von Berlin, lese ich, daß ein Quäntchen genau drei Komma sechs fünf Gramm schwer sein soll. Toll, oder?

Tanz den Freddy

Matthias Dell schaut den Tatort. Immer. Und schreibt. Unterhaltsamer als die meisten Tatorte. Ein paar Ausschnitte:

(…) Ein von der fiesen Fratze des Kapitals (Investmentbanker) halbtot geschlagener Minderleister (obdachloser Pianist) versucht sich in ein Mietshaus zu retten, in dem Hilfeleistung nicht nur unterlassen, sondern er per Semi-Unfall und Missverständnis zu Ende getötet wird. Solche Häuser nennt man seit Udo »Gott hab ihn selig« Jürgens »ehrenwert«. Deshalb sagt Ballauf (Klaus J. Behrendt) das auch einmal. (…) Wahrscheinlich soll es um die sogenannte Kälte in der Gesellschaft gehen, in der die Menschen, getrieben von den Verhältnissen (Kapitalismus), unmenschlich werden. Vielleicht auch um sogenannte Lebenslügen. Bei Jürgen Werner, der in seinen Dialogen so was Absurdes wie die »Schätzkeule« auspacken lässt, herrscht daran keinen Mangel: Die Malereiprofessorin verdingt sich als Edel-Escorteuse, damit dem Kind der Standard in dem tollen Haus gehalten wird. Der supermachoide Eishockey-Trainer (Robert Gallinowski) hat ein Klavier zu Hause und ist heimlich schwul (der obdachlose Pianist aber nicht). Und oben wohnt die Schund-Autorin Katja Petersen (Anna Stieblich), die nicht mehr rausgeht, weil ihr Ex-Mann sie noch am Mülleimer verprügelt, und die zur Sicherheit mal pfeffersprayt, wenn jemand blutend klopft. Die Geschichte von »Freddy tanzt« ist eine Beleidigung für jede Zuschauerin, weil der Film sich anbiedert mit seinen groben Stichen, sich in Wahrheit aber für nichts interessiert. Investmentbanker sind Angeber und obdachlose Pianisten putzig, da macht man nichts falsch. (…)

Tanz die Revolution

Wenn ich nicht dazu tanzen kann, ist es nicht meine Revolution. Dieses schlichte, aber entschiedene  Urteil über ästhetische Ansprüche an politisches Handeln wird der amerikanischen Anarchistin Emma Goldman zugeschrieben. Fälschlicherweise, wie uns Wikipedia mitteilt. Der wahre Urheber läßt sich leider auch in den Tiefen des Netzes nicht ermitteln.