Monat: August 2012

Selbstversorger

Drei Milliarden Euro. Ein hübschen Sümmchen. Das sind dreitausend mal eine Million Euro, also eine drei mit neun Nullen. Um genau diesen Betrag von drei Milliarden Euro haben die deutschen Energieversorger die deutschen Verbraucher geprellt. Nur in diesem Jahr. Dies geht aus einer Analyse des Energieexperten Gunnar Harms für die Grünen-Bundestagsfraktion hervor, wie die Süddeutsche Online berichtet. “Der Atomausstieg hat nicht zu den befürchteten Preissteigerungen geführt”, heißt es in der Studie. Im Gegenteil: Die Preise im Stromeinkauf an der Strombörse sind im vergangenen Jahr um zehn bis zwanzig Prozent gefallen.  Demnach müßte der Strompreis etwa zwei Cent je Kilowattstunde niedriger sein, wenn man das Gerede vom geregelten Strommarkt ernst nehmen könnte. Dabei werden steigende Einkaufspreise stets unmittelbar an die Endkunden weitergereicht. Der Markt funktioniert lediglich bei steigenden Einkaufspreisen. Fallen diese, wird der Markt ignoriert, samt seiner Regeln. Neben den Banken und der Finanzwirtschaft haben wir es mit dem nächsten Wirtschaftssegment zu tun, das die freie Marktwirtschaft bloß behauptet. Der Studie zufolge sind die Preise für Industriekunden in den letzten Jahren um drei Prozent gesunken, “während gleichzeitig private Endkunden seit 2008 rund 20 Prozent mehr für den Strom bezahlen müssen”. Die Marktwirtschaft, die keine Marktwirtschaft mehr ist, läßt die Kleinen bluten und die Großen die Gewinne genießen. Die Energieversorger sind Selbstversorger. Nicht mehr. Der Schockwellenreiter hat Recht: “Und ich will meine alten Stadtwerke (…) wiederhaben, da hielt sich die Abzocke wenigstens noch in Grenzen (und sei es nur, weil die Stadtoberhäupter wiedergewählt werden wollten).”

Bagatellvergehen?

Wie war das noch mit der Berliner Supermarktkassiererin, der nach einunddreißigjähriger Betriebszugehörigkeit fristlos gekündigt worden war, weil sie Pfandbons im Wert von Euro 1,30 unterschlagen haben soll? Oder mit der Bäckereiverkäuferin in Friedrichshafen am Bodensee, die wegen eines Fehlbetrags von 1,36 Euro in der Kasse fristlos entlassen wurde? Oder der achtundfünfzigjährigen Altenpflegerin in Konstanz, die wegen sechs Maultaschen im Wert von drei bis vier Euro ihren Job verloren hatte? Da bin ich ja mal auf die Folgen gespannt, die der gewesene Ministerpräsident Mappus von der Christlichen Union zu spüren bekommt, der immerhin Festplatten, die nicht ihm, sondern dem Staat, dem Land Baden-Württemberg, letztlich also uns allen gehörten, hat vernichten lassen.

Yellow Submarine

Augenklappe, orangefarbenes Kopftuch und Freibeutergehabe können den blau-gelben Wams bisweilen doch nicht so ganz verbergen. Piraten erstatten Anzeige gegen den Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, so ist es heute allenthalben zu lesen, wegen des Ankaufs von Datensätzen mutmaßlicher Steuerhinterzieher. Ist die Zahl der Steuerhinterzieher wirklich so groß, daß neben CDU und FDP auch noch die Piratenpartei bei Wahlen von Steuerflüchtigen profitieren könnte? Eher nicht. Kein Wunder also, daß der Vorstoß der politischen Seeräuber in der Korsarenpartei für Unmut sorgt. Noch einmal: Es sind keine Steuersünder, die ihr Geld in die Schweiz oder Liechenstein oder Singapur bringen. Es sind Steuerhinterzieher, die sich an bundesdeutschen Gesetzen vergehen und mithin das deutsche Gemeinwesen schädigen. Daß die Piraten ein U-Boot steuern, hätte ich nicht gedacht. Das blue-yellow Submarine  – der FDP.

No Pasaran

No Pasaran. Sie werden nicht durchkommen. Mit ihren Schauprozessen. Von Putin, dem lupenreinen Demokraten, und seinen Vasallen wird sich das russische Volk auch verabschieden, früher oder später. Mehr oder weniger gewaltsam. No Pasaran. Das große Wort der spanischen Kommunistin, Dolores Ibárruri, genannt La Pasionaria, die Leidenschaftliche, Franco und seiner faschistischen Diktatur entgegengeschleudert und Titel ihrer Biographie, trägt eine der angeklagten Musikerinnen auf ihrem T-Shirt im Moskauer Gerichtssaal, wo die Posse um drei junge Musikerinnen gegeben wird. Putin und seine Getreuen sind schon Geschichte. Sie wissen es nur noch nicht.  Die unwürdig-absurde Gerichts-Show um diese Mädchenband, Pussy Riot, Mösentumult, ist nur eine Etappe auf dem Weg in den Untergang der Putins und der Seinen. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Milchcafébeobachtung

Wie lange mag man für einen Milchkaffee brauchen, samt Bestellung? Zwanzig Minuten? Mehr? Seien wir großzügig. Wir rechnen mal mit einer halben Stunde. In dieser halben Stunde, die ich eben auf der Terrasse des Stadtcafes zugebracht habe, mit einem Milchcafé und einer Zigarette, waren es sieben (!) Autofahrer, übrigens mehrheitlich Fahrerinnen, die vor der Apotheke bzw. der kombinierten Bäckerei/Fleischerei ihren Wagen abgestellt hatten. Kein Lieferwagen, keine Anlieferung, die schiere Bequemlichkeit. Und: Keine kranken oder alten Menschen, keine Hinfälligen oder Behinderte, wie immer mal wieder gerne behauptet wird. Junge Leute und erkennbar wohlanständig-bürgerliche Wermelskirchener mißachten die Verkehrsregeln auf der Telegrafenstraße. Menschen, die allem Anschein nach durchaus einen der vielen Parkplätze in der unmittelbaren Umgebung des Rathauses hätten nutzen können. Die Eiferer gegen den Radverkehr in der Telegrafenstraße sollten sich mehr Milchcafés gönnen. Dann hätten sie einen besseren Überblick.

Klüngelspartei

Die CDU Köln hat ein Kommunalwahlprogramm für die Zeit von Zweitausendneun bis Zweitausendvierzehn, in dem es unter anderem heißt, daß das „System Köln“ der grundlegenden Erneuerung bedürfe. „Kein Klüngel, mehr Transparenz“. Nur wenn die CDU diese Messlatte der Erneuerung selbst beherzige, so heißt es dort, akzeptierten dies die Wähler. Der christliche Oberbürgermeisterkandidat Peter Kurth sagte am vierzehnten August Zweitausendneun: „Es geht in unserer Stadt zudem um Fragen der Rückführung des parteipolitischen Einflusses“. Rückführung des parteipolitischen Einflusses. Wie wohl das klingt, wie lernfähig, wie modern, wie demokratisch. Doch, ach: Mit der Erneuerung ist es nicht wirklich weit her. Jetzt hat der Kölner Stadtzeiger ein internes Positionspapier des Fraktionsvorstandes der Kölner Christdemokraten in Ausschnitten veröffentlicht und kommentiert, in dem die Oppositionspartei im Kölner Stadtrat auch in Zukunft städtische Amtsleiterposten nach Parteibuch besetzen will. Fünfzehn Amtsleiterstellen und zweiundfünfzig andere Leitungsstellen, so listet die Kölner Klüngelspartei akribisch auf, würden im höheren Dienst in der Stadtverwaltung frei. Der Kölner Stadtanzeiger weiter:  “Die CDU müsse frühzeitig damit beginnen, ihr nahestehende Mitarbeiter für die Besetzung dieser Stellen ‘fit zu machen’, heißt es in der Niederschrift des Treffens aus dem Juni.” Die CDU will immer mehrere Kandidaten für je einen Posten aufbieten. „Der politische Gegner habe dadurch eine gewisse Auswahl und könne nicht immer alle Bewerber ablehnen. Sollte sich der ein oder andere Distanz zur Partei wünschen, soll offenbar ein bisschen Druck helfen. ‘Gegebenenfalls müsse die Fraktion ein Bekenntnis für die CDU von Führungspersönlichkeiten einfordern und sie daran erinnern, wer für ihre Karriere mitverantwortlich ist’, heißt es in dem Protokoll.” Die Stadt Köln hat ein Zweihundert-Millionen-Euro-Loch im Haushalt, alle städtischen Leistungen stehen auf dem Prüfstand.  Doch ist das alles für die ach so sauberen Christdemokraten nicht so besonders wichtig. Es geht ja um den Klüngel, um Pöstchengezerre, darum, eine Position zu ergattern, für die nicht Leistung, sondern Parteibuch entscheidend ist. Man mag es nicht glauben und wendet sich angewidert ab.