Tag: 8. August 2012

Schwarz-Gelb blockiert Korruptionsregeln

Die Welt steht Kopf. Jedenfalls hierzulande, in Deutschland. Hier nämlich fordern führende deutsche Konzernchefs den Bundestag auf, das UN-Abkommen gegen Korruption so schnell wie möglich in Kraft zu setzen. „Das Ausbleiben der Ratifizierung schadet dem Ansehen der deutschen Wirtschaftsunternehmen“, heißt es in einem Schreiben an alle Fraktionschefs. Ein demokratisches Land wie Deutschland müsse international glaubwürdig sein und dürfe sich nicht unnötig angreifbar machen. Die Chefs von Siemens, Daimler, Allianz, Bayer, Eon, Deutsche Bank, Commerzbank, Deutsche Telekom, Linde und Metro machen Dampf. Ist ja klar, die internationalen Korruptionsverfahren sind erledigt, sozusagen Geschichte. Die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) wurde inzwischen von einhundertneunundfünfzig Staaten ratifiziert. Es fehlen autoritäre Länder wie Syrien oder Saudi-Arabien. Und Deutschland. Die schwarz-gelbe Koalition aber blockiert die Ratifizierung der Korruptionsregeln, wegen des im deutschen Recht unzureichend geregelten Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung. Es geht um den §108e des Strafgesetzbuches, der Bestechlichkeit und Bestechung von Abgeordneten regelt. Aus Sicht von Transparency International (TI) ist er viel zu einschränkend. Zwar verbiete der Paragraph den „Stimmenkauf“, aber es bleibe unklar, ab wann Spenden an Mandatsträger „Käuflichkeit“ signalisierten. Der Paragraph müsse ausgeweitet werden. TI begrüßt die Initiative der Wirtschaft. „Es ist längst überfällig, dass die deutsche Wirtschaft Bundesregierung und Bundestag drängt, die UN-Konvention gegen Korruption endlich zu ratifizieren. Der gegenwärtige Zustand schadet den Interessen der deutschen Exportwirtschaft.“ Die Unternehmen wollten, dass in allen Zielländern und von allen Wettbewerbern nach den gleichen Regeln gespielt werde. By the way: Was macht der Herr Rösler eigentlich so?

Perseveration

Nein, nein, das hat nichts mit Perversität zu tun, mit Präservativen oder dem Perserteppich. Perseveration meint krankhaftes Beharren oder beharrliches Wiederholen. Perseveration ist ein wirklich selten gebrauchtes Wort und ich kenne niemanden, der mir auf Anhieb die Übersetzung oder Bedeutung dieses nicht wirklich hübschen Fremdwortes hätte geben können. Wie ich drauf komme? Henning Rehse hat es verwandt, öffentlich, in einem Leserbrief an den Wermelskirchener Generalanzeiger. Der Leserbrief ist eine einzige Suada (Wortschwall, großer Redefluß) gegen Frank Schopphoff, Vorsitzender des ADFC, des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs. Nur: Was mag Henning Rehse nun wirklich meinen? Beharrt Frank Schopphoff  hartnäckig auf dem Recht der Radfahrer in Wermelskirchen, auf der Telegrafenstraße gegen die Fahrtrichtung der Automobile fahren zu dürfen oder leidet er an krankhafter Beharrungsstarre? Wir wissen es nicht, wir können nur vermuten. Nämlich, daß der Großmeister der WNKUWG die derzeit geltende Radfahrregelung für krank hält und alle Befürworter gleichermaßen. (Wobei seine Haltung nicht weniger perseverativ ist als die des Rad-Fahrerlagers.) Gleichwohl: Ein Fremdwort, das keiner kennt und entschlüsseln kann, ist meiner Ansicht nach ein denkbar ungünstiger Einstieg in einen Artikel oder Leserbrief, mit dem man doch überzeugen will, werben für die eigene Position, Klarheit herstellen. Nein, es ging und geht Henning Rehse nicht ums Überzeugen, es geht ums Blähen, ums Aufplustern. Dann ist auch kein Fremdwort zu schade, nicht einmal eines, das kein Arsch kennt und Henning Rehse vermutlich auch erst in Wikipedia oder sonstwo mühsam hat suchen müssen. Dennoch, zum Intellektuellen, zum Philosophen wird es mit Perseveration alleine kaum reichen. Wichtiger als der Einstieg in den Leserbrief ist mir indes der Ausstieg. Nachdem Henning Rehse seinem Kontrahenten die lange Liste deutscher Justizinstanzen aufzählt, bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (!?!), heißt es dann wörtlich: “Das werden wir dann als Stadt auch durchziehen. Ich bin nicht mehr bereit hinzunehmen, dass demokratisch gefasste Beschlüsse und Mehrheiten durch diese Spielchen außer Kraft gesetzt werden.” Das werden wir als Stadt durchziehen. Wir? Die WNKUWG? Die WNKUWG mit Ihrer Mehrheit in der Stadt? Wer ist die Stadt? Die Parteien, die WNKUWG zuvörderst, die Stadtverordneten, an ihrer Spitze Kaiser Henning? Oder nicht doch etwa vor allem wir Bürger? Wir sind die Stadt, die Autofahrer und Fußgänger, die Radfahrer und  die Biker, die Mütter mit Kinderwagen und die Älteren mit Rollator, wir alle sind die Stadt, die Käufer und die Flaneure, die Händler und die Verkäufer, die Schüler, Lehrer und Eltern, Straßenmusiker und Rentner. Wir alle sind die Stadt, nicht nur die Handvoll Kommunalpolitiker. Henning Rehse ist nicht mehr bereit. Das stimmt. Er ist nicht bereit einzusehen, daß Radfahren in der Stadt auch Lebensqualität bedeutet. Er ist nicht bereit, von seiner bedingungslosen Autounterstützungsposition abzuweichen. Er ist nicht bereit, in eine sachliche Auseinandersetzung einzusteigen. Nicht, daß Henning Rehse sich täuscht und sich die Bürger dereinst nicht mehr von einem hyperaktiven Stadtverordneten und seinen Fünfzehn-Prozent-Getreuen vorschreiben lassen wollen, was sie für richtig halten oder falsch, ob sie mit dem Rad durch die Stadt fahren können oder nur mit dem Porsche Cayenne. Wer das Rad aus der Stadt verbannen will, der sollte auch vor Rollatoren, Kinderwagen, Gehstützen, Rollstühlen nicht Halt machen.

ADSH

Henning Rehse heißt er, der Chef der WNKUWG. Wenn nicht Chef, dann allemal ihr Lautsprecher, Dröhner, Wadenbeißer. Kaum eine Woche geht ins Land, in der er nicht Radfahrer auf der Telegrafenstraße geißelt, wildwachsendes Grünzeug als Torpedo gegen die Verwaltung zu nutzen sucht, ein besseres Stadtmarketing seitens der Verwaltung einfordert und dabei sein Konzept als das einzig Löbliche darstellt, die baldige Rathausfassadenrestauration als Erfolg nur seiner Fraktion wertet, dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub mit einem langen Instanzenweg durch die deutsche Gerichtsbarkeit droht oder wildes Plakatieren an städtischen Laternenpfählen als Versäumnis der Verwaltung schurigelt. Henning Rehse macht Druck auf den Bürgermeister. Laut, polternd, mit Schreien und wilden Gesten auf sich aufmerksam machend bewegt er sich durch die Gefilde der Kommunalpolitik und läßt kaum ein Thema aus. Es läuft, glaubt man dem Laut-Sprecher der CDU-Abspaltung, nicht gut in Wermelskirchen, mehr noch: nichts läuft gut in Wermelskirchen. Was ist bloß los mit Henning Rehse? Das Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom mit Hyperaktivität, ADSH? Das ließe sich ja noch mit Ritalin behandeln. Kann Henning Rehse die im Urlaub gesammelten Kräfte nicht anders kanalisieren als über wildes Gewese? Oder hat das Bürgermeisterbündnis mit dem schönen Namen Regenbogen einen Knacks bekommen? Dafür spräche durchaus einiges. Denn immer häufiger bandeln die illegitimen Blagen, Bürgerforum (Büfo) und WNKUWG, mit der einst verstoßenen Mutter, der CDU, an. Wenn’s etwa ums Wohl der Autofahrer geht, schubsen diese drei Parteien gemeinsam und einhellig die Radfahrer vom Rad. Wenn’s ums Wohl der Autofahrer geht, wird flugs ein Parkplatznotstand in Wermelskirchen herbeigelärmt, Seit an Seit mit der CDU. Es dürfe “keine Gefährdung durch Radfahrer geben”. Muhahaha. Sprache kann ja so entlarvend sein. Das Fahrrad gefährdet Henning Rehses SUV. Wie schrieb Thomas Wintgen heute so treffend im Wermelskirchener Generalanzeiger? Es sei die “Brötchen-Fraktion”, die von Henning Rehse und seinem Mentor Rüdiger Bornhold angeführt werde, die Fraktion der Automobilisten, die nur mal eben Brötchen holen wollten und dabei verbotswidrig auf der linken Seite parken müssen. Es ist ja derart schlecht bestellt im Städtchen mit Parkplätzen. Nichts da. Ich stimme Thomas Wintgens Fazit zu, daß “Radfahren wesentliches Element unserer Freizeit’industrie’ ist und ein ernst zu nehmender Wirtschaftszweig” und daß “Verantwortungsbewusstsein zum Wohle der ganzen Stadt” anders auszusehen habe.

Was fehlt?

Der frühere FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt beklagt in einem Gastbeitrag für das “Handelsblatt” den Zustand seiner Partei: “Nichts läuft so richtig zusammen. Es fehlt ein überzeugender Politikentwurf”. Bevor sich die Partei in Debatten über eine Ampelkoalition verliere, müsse sie “zuallererst einmal ihre eigene Politik überzeugend beschreiben und mit Gewicht durchsetzen”.

Günstlings-Wirtschaft

Gab es jemals einen FDP-Parteitag, auf dem nicht der Subventionsabbau beschworen wurde? Weil ja staatliche Zuschüsse oder steuerliche Vorteile als Vergehen gegen den freien Markt, gegen das freie Spiel der Kräfte zu brandmarken sind? Nein, der Subventionsabbau gehört zum Mantra blau-gelber Politik, seit jeher. Und dennoch werden große Teile der deutschen Industrie bis zum Jahr 2022 weiter von der Ökosteuer befreit – und damit auch von Kosten für die Energiewende. Unser famoser Wirtschaftsminister begründet den Gesetzentwurf der Bundesregierung mit der “Sicherung des Industriestandortes, Beschäftigung und Wachstum”. Dem Staat entgehen dadurch Einnahmen von jährlich 2,3 Milliarden Euro. Ein schwarz-gelb-blaues Geschenk für die Industrie. Und eine ungerechte Lastenverteilung, müssen private Verbraucher und kleine Unternehmen nunmehr doch höhere Energiekosten berappen. Greenpeace beispielsweise forderte die Regierung auf, pauschale Vergünstigungen zu streichen und die Ausnahmen zu begrenzen. Es dürften nur jene Firmen gefördert werden, die energieintensiv sind und gleichzeitig im internationalen Wettbewerb stehen. Das aber sei bei vielen der nun Begünstigten nicht der Fall.