Maulkorb und Geldstrafe

Abgestraft. Weil er Kritik geübt hat, öffentlich, in einer Zeitung. Am Unternehmen. An der Führung. Philipp Lahm heißt der Abgestrafte, ist Verteidiger bei Bayern München und in der deutschen Fußballnationalmannschaft. Ein kluger, junger Mann gibt selbstbewußt der Süddeutschen Zeitung ein Interview, hält dabei mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg, kritisiert seine Vereinsführung für die Investitionspolitik – und wird jetzt mit der höchsten Geldstrafe bestraft, mit der der FC Bayern je einen seiner Angestellten bedacht hat. Man spricht von fünfzigtausend Euro. Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens eben im Fernsehen: “Interviews der Spieler werden vom FC Bayern organisiert und autorisiert.” Ich bin nicht sicher, daß man einem Fußballer das Recht auf die eigene Meinung und zur öffentlichen Äußerung mit dem Gehaltscheck und dem Arbeitsvertrag abkaufen kann. Der große FC Bayern schafft jetzt, vielleicht, Ruhe, er tut sich aber keinen Gefallen, wenn er in der Krise Angestellte bestraft, die ihr bürgerliches Grundrecht wahrnehmen. Auch für Uli Hoeneß und Kalle Rummenigge gilt der Artikel 5 unseres Grundgesetzes: “Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. (…) Eine Zensur findet nicht statt.” Nirgendwo ist in diesem Text die Rede von einem autorisationsberechtigten Arbeitgeber. Und Vorbilder für die Jugend können die nicht sein, die ihren kritischen Mitarbeitern Maulkörbe verpassen.

4 Kommentare

  1. Ob er nix anderes kann, kann ich nicht beurteilen. Und: Ob wir es nun wollen oder nicht, Spitzensportler haben eine solche Funktion in unserer Gesellschaft. Und die Vereine ebenso. An was die schreienden Horden interessiert sind – keine Ahnung. An Mündigkeit nicht, an Sport und mit ihm womöglich verbundenen Werten gewiß nicht.

  2. EDV-Schrauber

    Vorbildfunktion? Na gut. Ein Mann, der nix anderes kann als auf einer Wiese ein Stück Leder zu treten. Dafür bekommt er Hunderttausende.

    Ich weiß nicht. Ist irgendwie so, wie schnell im Kreis rumzufahren.

    Sehr unterhaltsam. Aber warum sollte so jemand ein Vorbild sein? Wegen der medialen Präsenz?

    Und die schreienden Horden auf der Tribüne sind an einem mündigen Spieler nicht interessiert.

    Mit freundlichem Gruß
    -EDV-Schrauber-

  3. Daß der junge Mann gut genug bezahlt wird, um die empfindliche Strafe locker wegzustecken, steht außer Frage. Und zwischen “verbal in die Pfanne hauen” und berechtigter Kritik ist noch genug Spielraum. Auch geht’s mir nicht vorrangig um die Zensur. Es geht mir um die Vorbildfunktion. Wenn für ein offenes Wort, auch ein öffentliches, der Maulkorb und die Geldstrafe drohen, dann sollte man auch nie mehr wieder vom mündigen Spieler reden.

  4. EDV-Schrauber

    Angesichts der Millionen, die der FC Bayern in seine Spieler steckt, halte ich es nicht für unmöglich, dass in den Verträgen eine “Halts-Maul-Klausel” steckt. Sollte das so sein, hat Lahm eben dagegen verstoßen und muß nun mit den finanziellen Konsequenzen leben. Kauft er sich halt eine Mittelklasse-Limousine weniger.

    Sollte eine solche Klausel nicht existieren, so kann Herr Lahm nun zeigen ob er das hat, was ein ehemaliger Torwart des genannten Vereins mal gefordert hat:

    http://www.youtube.com/watch?v=qz1pTYX-x9Y

    Den meisten Mitarbeitern wird es übrigens übel genommen, wenn Sie ihren Arbeitgeber verbal in die Pfanne hauen, unabhängig davon ob sie Recht haben oder nicht.

    Was der FC Bauern da treibt, mag zwar sehr schwachsinnig sein, mit Zensur hat das allerdings nichts zu tun!

    Mit freundlichem Gruß
    -EDV-Schrauber-

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