Weidenhochzeit

Der einundfünfzigste Hochzeitstag wird laut Internet als Weidenhochzeit begangen. Der Volksmund, der immer was Nettes zu finden sich müht, ist ja nicht blöd und die Zweige der Weide sind bekanntermaßen biegsam und weich. Länger als ein halbes Jahrhundert verheiratet zu sein, erfordert gewiß eine Portion Flexibilität. Das kriege man hin, wenn man so biegsam und flexibel ist wie die Weide. Tja.

Man könne, heißt es weiter im Internettext, in einer so lange bestehenden Ehe nicht immer mit dem Kopf durch die Wand und beide Partner hätten vermutlich schon vor langer Zeit gelernt, Kompromisse einzugehen und dem anderen ein Stück entgegen zu kommen: biegsam und weich wie die Weide. Tja. Ich glaube, das mit dem Kopf und der Wand ist altersunabhängig. Einundfünfzig Ehejahre machen vielleicht klüger. Sie raten dann oft ab, wenn die Wand doch stärker zu sein scheint.

Die Weide stehe aber auch für Vitalität, lese ich. Sie wachse praktisch überall und treibe selbst aus einem Baumstumpf aus. Das lesen wir doch gerne, Vitalität. Wissend, daß nicht die Ehejahre, sondern das eigene Alter für den raschen Abbau des Vitalen verantwortlich ist. Sei’s drum. Ob Weidenhochzeit oder nicht: Ich habe Neunzehnhundertdreiundsiebzig bestimmt viele Fehler gemacht. Die Heirat war keiner.

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