Unterwältigend oder die emotionale Reichweite eines pubertierenden Faxgeräts

Wenn einem britischen Schriftsteller die Chance geboten wird, in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen die illustre Reihe der letzten britischen Premierminister zu kennzeichnen, dann ist das Unterfangen gelungen und lesenswert, bis hin zu Wortschöpfungen wie unterwältigend, wenn der Nämliche Edward Docx heißt:

Theresa May war den Aufgaben nicht gewachsen. 

Boris Johnson war ein unglückseliger Clown.

Und was Liz Truss war, kann man eigentlich nur als absonderliche Spezies von Anti-Premierminister beschreiben, für die selbst die Mittel der Satire nicht mehr hinreichen. Sie persönlich hat jeden britischen Immobilienkreditnehmer Hunderte, wenn nicht Tausende Pfund im Monat gekostet.

Sunaks einziger Vorzug besteht eigentlich darin, dass er keiner seiner Vorgänger ist. Allerdings ist er fade und schnell gereizt, ein verspießerter Möchtegern-Tech-Bro mit der emotionalen Reichweite eines pubertierenden Faxgeräts. Er hat die Neuwahlen während eines Wolkenbruchs angekündigt, komplett übergossen, und es sieht so aus, als würde er sie nun auch auf absolut erdrutschartige Weise verlieren.

Aber auch Keir Starmer, der demnach vermutlich der nächste Premierminister sein wird, ist zutiefst unterwältigend, wenn es darum geht, irgendeine Vision zu entwickeln. Starmer ist als Typ rechtsanwaltsartig, methodisch und sehr frei von Charisma. Er weigert sich einfach, den Brexit auch nur zu erwähnen, obwohl es der größte weiße Elefant in der Geschichte sowohl der Elefanten als auch der britischen Politik ist.

Edward Docx, Brexit-Reue in Großbritannien. Kopflose Aktion, sechs Buchstaben, in: Süddeutsche Zeitung vom siebten Juni Zweitausendundvierundzwanzig

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.