IOC das ist das Internationale Olympische Komitee. Zuständig für die Organisation und Vermarktung der alle vier Jahre stattfindenden olympischen Spiele. Ein Sportfest, das Sportler aus aller Welt zusammenführt, das für den Frieden steht, für Völkerverständigung. So seit jeher die samtene Rhetorik der Offiziellen. Hinter dieser indes regiert seit langem der brutale Profit. Covid-19 hin, Covid-19 her: The Games musst go on. (Avery Brundage, einst IOC-Präsident in München Neunzehnhundertvierundsiebzig). Jetzt in Tokio. Wegen der stramm steigenden Infektionszahlen erstmalig ganz ohne Zuschauer. The Games musst go on. Ohne Games keine Sponsorengelder, keine weltweiten TV-Lizenzeinnahmen. Ohne Games keine Kohle. Darum geht es, um Kohle, Geld, Zaster, Cash, Penunsen. Von wegen Sport, von wegen Völkerfreundschaft, von wegen friedliche Spiele. Die Olympischen Spiele sind zum einarmigen Banditen der Herren in Grau im IOC denaturiert. Pandemie? Krankheitsrisiken? Covid-Neunzehn-Tote? Auf diesem Auge sind die grauen Herren blind. Der Blick aus dem anderen Auge reicht soeben für die Bilanzen und Bankauszüge. Der IOC-Chef, der einstige Weltklassefechter Thomas Bach, ist, nicht nur aktuell in Japan, zum Unsympathen der Sportwelt geworden. Die Zuschauer in Tokio und Umgebung sehen die Spiele ebenso wie die Menschen auf den Fidschi-Inseln, in Austin, Wermelskirchen oder Andorra, nämlich nur auf dem Bildschirm, nicht im Stadion, nicht in den Sporthallen und Schwimmarenen. Die Sportler und die sie begleitenden Trainer und Delegationen sind einem hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Weit mehr als einhundert Sportler haben sich im Notstandsgebiet Tokio bereits infiziert. Es werden ganz gewiß noch weitere folgen. Und wozu das alles? Damit sich die korrupte Szene in dieser Weltsportorganisation wieder die Taschen füllen kann? Ist es das wert? Wenn Sport nur noch aufs Ökonomische reduziert wird, vollends zur Ware wird, verliert er seine Faszinosität. Diesen Sport, diese Olympischen Spiele à la Bach brauchen wir nicht.
Kategorie: Sport
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Update: Kleiderordnung für den Arsch
Ist es wirklich wahr? Die norwegischen Beachvolleyballerinnen müssen ein Bußgeld zahlen, weil sie in kurzen Radlerhosen angetreten sind und nicht im knappen Bikinihöschen? Die Welt ist aus den Fugen. Die Pandemie kann weltweit noch nicht besiegt werden, in vielen Regionen verhungern Kinder, in Flutkatastrophen ertrinken Menschen und werden ihre Habseligkeiten weggeschwemmt und zerstört, in Deutschland, Belgien, Österreich, China, weltweit, im Mittelmeer ertrinken Flüchtlinge, in Weißrußland und anderswo verrotten Menschen in Kerkern und Gefängnissen – und der Beachvolleyballverband will das knappe Bikinihöschen retten, das so manchen Sportlerinnenpo nicht wirklich zu bedecken vermag. Ist die Attraktivität der Sportart wirklich nur mit halbnacktem Sportlerinnenarsch zu retten? Was für ein armseliges Bild entwerfen sexistische Funktionäre vom eigenen Sport? Silke Wichert schreibt im Magazin der Süddeutschen, die Bikinihöschen seien den Norwegerinnen „zu freizügig und schlicht zu unbequem, vor allem, wenn man gerade seine Periode hat“ und legt mit dem Satz nach: Jede Frau, die schon mal versucht hat, drei Meter in Badehose zu laufen, ohne sich ständig am Po rumzunesteln, weiß ungefähr, wovon die Rede ist. Jeder Shitstorm ob der Kleiderordnung ist gerechtfertigt. Hier geht es um den Arsch, nicht um die Klamotten. Anfang des Jahres allerdings wollten zwei deutsche Beachvolleyballerinnen in Katar an einem Turnier teilnehmen. Allein: Dort durften sie nicht in den knappen Bikinihöschen ihren Sport ausüben. Das sei zu anstößig. Das arabische Emirat ist heutzutage immer noch bikinifrei. Und schließlich: deutsche Turnerinnen traten im April erstmals in langen Turnanzügen an. Nix Popo, nix Bein. Kurzum: Sportlerinnen und Sportler sollten sich kleiden können, wie sie wollen, wie es praktisch ist für den Sport, ohne Vorschriften von Verbandsfunktionären, Zensoren, Spannern, Kulturbeauftragten, Geistlichen, Sittenwächtern oder Politikern.
Update: Natürlich hat Dieter Winskowski Recht. Es handelt sich um die norwegischen Beachhandballerinnen, die Strafe zahlen mußten, weil sie ihren Po nicht mehr in Gänze zur Schau stellen wollten. Die Argumente bleiben. Selbst wenn es Beachschachspielerinnen wären, die ihren Sport in selbstgewählter Sportbekleidung ausüben wollten.
Zwanzigtausendeinundsiebzig
Jetzt sind es zwanzigtausendeinundsiebzig Tage. Oder vierundfünfzig Jahre, elf Monate und zwölf Tage, daß England einen Titel bei einem großen Fußballturnier gewonnen hat. Und wieder waren es die Elfmeter. Italien hat die Fußballeuropameisterschaft Zweitausendeinundzwanzig gewonnen. Football is coming home. Nach Rome.
Superspreader-Sonntag in London
Was soll man sagen? Diese Fußballeuropameisterschaft, von intelligenzbefreiten UEFA-Funktionären ausgedacht und skrupellos umgesetzt, ist in pandemischen Zeiten an sich schon ein Superspreaderereignis. Intelligenzbefreite und alkoholgesättigte Engländer machen das Endspiel in Wembley zum absoluten Spreaderhöhepunkt, zum Superspreadersonntag. Delta hat schon gewonnen, gleich, wer den Pokal am Ende des Finales in die Höhe recken wird. Die Infizierten, die Kranken, die Intensivpatienten und vielleicht die Bestattungsunternehmen im Land werden es UEFA, englischer Football Association und Boris Johnson und seinen Kumpanen in Partei und Regierung danken. Von wegen Krone der Schöpfung.
Endspiel
Das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft Neunzehnhundertsechsundsechzig habe ich als Fünfzehnjähriger in Konstanz erlebt, in einem Urlaub am Bodensee, in den ich mit einem Freund aus Schule und Schwimmverein, Dieter, ohne Ziel losgetrampt war und heimlich, ohne es je zu sagen, Schweden anvisiert hatte. Aber das ist eine andere Geschichte. Das Endspiel war am dreißigsten Juli. In einer vollen Kneipe. Und stinksauer ob drittem Treffer und Albions Sieg haben wir das Etablissement verlassen. Gewiß auch niederlagentrunken, wobei ich das nicht mehr wirklich gut vor Augen habe. Seither sind Zwanzigtausendundsiebzig Tage vergangen. Oder vierundfünfzig Jahre, elf Monate, elf Tage, ohne den heutigen. So lange hat England in keinem Endspiel eines bedeutenden Fußballturniers gestanden. Eine Lange Zeit. Ich bin heute siebzig. Ich werde das Spiel zu Hause ansehen, nicht in einer Kneipe, wie weiland als pubertierender Knabe. Vielleicht machen die Italiener ja heute gut, was die englischen Fußballer um Hurst, Banks und die Charlton-Brüder seinerzeit in mir angerichtet hatten. Hurst vor allem, der nicht nur das irreguläre Tor erzielt hatte, das Dritte, das Berühmte, sondern auch noch zwei andere. Damit wäre dann auch der illegitime Elfmeter gesühnt, der die tapferen Dänen benachteiligt und den englischen Kickern erst die Teilnahme am Endspiel verschafft hat.
Olympia steht Kopf
Absurd. Olympische Spiele in der japanischen Region rund um Tokio, die wegen der enormen Infektionsrisiken zum Notstandsgebiet erklärt worden ist, finden nun ohne Zuschauer statt. Selbst Japaner können die Spiele nur übers TV verfolgen. Sportler müssen reisen, um die halbe Welt unterwegs sein, sich dem Risiko aussetzen, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, um den Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere zu erleben, in leeren Stadien und Sporthallen. Dabei können olympische Spiele nicht kontaktlos organisiert werden. Die Sportler treffen in ihren Wettbewerben auf Sportler aus anderen Ländern, auf Kampfrichter und Offizielle, auf Begleitpersonal, Delegationsmitglieder, Servicepersonal und auch Einheimische. Im Notstandsgebiet. „The games must go on!“ Was Avery Brundage weiland während der Olympischen Spiele in München nach dem Attentat von Palästinensern auf israelische Sportler zur Maxime erhob, gilt offenbar heute noch. Die Welt der Sportverbände und Funktionäre ist verrückt. Sie muß vom Kopf wieder auf die Füße gestellt werden.