Feinstes Bütten, edel nicht-weiß, sondern cremefarben, ein wenig dicker und ein wenig schwerer als normales Papier für normale Verwaltungspost, sehr dezent geprägtes Stadtwappen oben links im Briefkopf, sozusagen der Hauch eines Wappens: das Briefpapier der Wermelskirchener Bürgermeisterin für die besonderen Fälle.
Am ersten Juni kamen wir, meine Gattin Barbara und ich, in den Genuss einer solchen Post der Bürgermeisterin der Stadt. Sie gratulierte uns zur Goldenen Hochzeit. Das freut die Empfänger doch, uns auch, wenn sie auf diese Weise einmal in den Aufmerksamkeitsfokus des Stadtoberhauptes geraten.
Von einem Ereignis, das nur wenigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern vergönnt sei, schrieb Frau Lück, von einem reichen und glücklichen Leben zu Zweit, von der Bereitschaft, sich immer wieder umeinander zu bemühen und Neues zu entdecken nach langen, gemeinsam verbrachten Jahren. Ein durchdacht-nachdenklicher Text, besinnlich, klug, ganz unamtlich formuliert, sozusagen mehr an die betagten Freunde als an die Mitbürger adressiert. Sie wünscht uns alles Gute und das frohe Fest der Goldhochzeit.
Vielen Dank, Frau Bürgermeisterin, für diese wohltuenden Glückwünsche. Allein: Wir, Barbara und ich, wir wollen vor der Goldhochzeit noch die Zeder würdigen. Wir sind, da am ersten Juni Neunzehnhundertdreiundsiebzig vermählt, erst am neunundvierzigsten Hochzeitstag angelangt, der Zedernen Hochzeit. Ich schrieb neulich drüber. Die Zeder feiert man in der Regel so selten wie das Gold. Also genießen wir zunächst die Zeder. Und dann, im kommenden Jahr, nehmen wir die Goldene Hochzeit.
Und das Schreiben der Bürgermeisterin heben wir so lange auf und lesen es im kommenden Jahr erneut, mit gleichem Erstaunen, mit der gleichen Freude wie vor wenigen Tagen. Wir können ja nicht wissen, ob die Hochzeitstagbuchhaltung der Stadt korrigiert werden kann, so daß die Bürgermeisterin, Frau Lück, uns dann vielleicht zum zweiten Mal zur Hochzeit gratulieren wird. Schön wär’s ja.