Ups, was kommt jetzt?

Das war mein Gedanke, als sich plötzlich ein fremder Mann neben mich stellt. Also sehr nah neben mich stellt. Ich stand um die Ecke vom Heumarkt und versuchte, einen Aufkleber von einem Gasthausschild abzukratzen. “Lügenpresse” stand fett darüber. Darunter kam ein Pamphlet auf Journalisten und Journalismus. Der Ankleber hatte unverkennbar eine sehr rechte Gesinnung.
Ich kann und will meinen Beruf nicht so in den Dreck ziehen lassen. Und ich möchte, dass diejenigen, die so etwas anbringen, wissen, dass nicht alle ihrer Meinung sind. Also hatte ich angefangen, den leider sehr festklebenden Zettel abzukratzen.
Und dann stand dieser Mann neben mir. Würde er mich beschimpfen? Bedrohen? Nein. Er fing in aller Ruhe an, gemeinsam und schweigend mit mir den Aufkleber zu entfernen. “Dafür muss man sich immer Zeit nehmen”, sagte er nach einigen Sekunden. Wir lächelten. Leider haben wir den Aufkleber nicht ganz wegbekommen. Aber zumindest klargestellt, dass es so nicht geht. Für solche Situationen liebe ich Köln.

Die Kölner Journalistin Bettina Blaß in der neuesten Ausgabe ihres Newsletters Op Jück von gestern

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