Tag: 31. März 2012

Empathie, die Zweite

“Nun sollte man nicht glauben, dass staatliche Auffanggesellschaften à la Schlecker zwangsläufig zum Pflichtprogramm des Modells „Soziale Marktwirtschaft“ gehören müssen. Zumal heute, wo die Bundesagentur für Arbeit längst keine verbeamtete Verwahranstalt, sondern flexibler Dienstleister für die Suche nach neuer Arbeit ist. Doch Politik ist eben mehr als sture Ökonomie. Sie muss mit Empathie auf gesellschaftliche Entwicklungen eingehen können, will sie Vertrauen in ihre Legitimität schaffen. Und das Kommando Schlecker, auch das steht fest, markiert in dieser Beziehung einen Tiefpunkt – für die unionsgeführten Landesregierungen, die den schwarzen Peter bei ihren liberalen Koalitionspartnern abladen; für die Kanzlerin, die aus Angst um dessen Überleben ihren Stellvertreter nicht in die Schranken weisen will; auf jeden Fall aber für Philipp Rösler, dessen „mitfühlender Liberalismus“ und dessen Mahnung an seine Partei, mehr „soziale Sensibilität“ zu zeigen, mit einem Schlag an ihr Ende gekommen ist. Mit Ordnungspolitik oder gar Gerechtigkeit gegen kleine Handwerksbetriebe, denen niemand hilft, hat der Fall Schlecker überhaupt nichts zu tun. Alles, worum es dabei geht, sind fünf Prozent für die FDP.” Antje Sirleschtov in einem Meinungsbeitrag des Berliner Tagesspiegel.

Empathie und Mitgefühl

“Ich bin schon der Auffassung, dass zur Politik auch ein gewisses Maß an Empathie und Mitgefühl gehört. Deshalb hätte ich es sehr begrüßt, wenn wir eine Auffanggesellschaft hätten bilden können.” Der bekannte Sozialist, Kapitalismuskritiker und parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, zum Fall Schlecker.

Kulturrevolution Autokino

Als Kind und Jugendlicher bin ich in Porz groß geworden, zunächst selbständige Stadt, dann von Köln einverleibt. Genauer: in Porz-Urbach. In direkter Nachbarschaft befindet sich heute noch das Autokino Porz-Eil. Autokino. Was für eine kulturelle Innovation. Ein großer kahler Platz, eine Riesenprojektionswand. An jedem Autostellplatz eine blecherne Lautspechereinheit. Tags eine steinerne Wüste und nachts auch kaum wärmer oder liebevoller, gleich, was die Pärchen in ihren Autos auch immer gemacht haben mögen, in den hintersten Reihen, den lovers lane. Konjunktur hatte das Autokino vor allem in den sechziger und siebziger Jahren. Am dreißigsten März 1960, heute vor zweiundfünfzig Jahren, wurde das erste Autokino in Deutschland eröffnet. In Gravenbruch bei Frankfurt. Und von da aus kam die amerikanische Kultur der Autoverehrung auch nach Porz-Eil. Kulturgenuß im eigenen Wagen. Mit B-Movies. Zur Ernährung im eigenen Auto war es noch ein Weg, die drive-throughs der Fastfoodketten kamen später. Ich hatte seinerzeit noch kein eigenes Auto. Und war also abgeschnitten von der Kulturrevolution Autokino.