Monat: Oktober 2010

Es werde Licht …

Die „Verordnung (EG) Nr. 244/2009 der Kommission vom 18. März 2009 zur Durchführung der Richtlinie 2005/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Haushaltslampen mit ungebündeltem Licht (Text von Bedeutung für den EWR)“ regelt unter anderem, daß Glühbirnen über sechzig Watt nicht mehr verkauft werden dürfen. Die EU bestimmt also, wie wir unsere Häuser und Wohnungen zu beleuchten haben. Dr. Siegfried Rotthäuser, Ingenieur von Beruf, hat die EU-Verordnung genau studiert. Und: Er hat seine eigenen Konsequenzen gezogen. Von den technischen Merkmalen her sei die Glühbirne keine Lampe, sondern eine Heizung. „Sie hat nur 5 Prozent Lichtausbeute, produziert aber 95 Prozent Wärme. Also ist sie eigentlich eine Heizung, oder?“, zitiert der Express den findigen Technikgroßmeister. Thomas Edison habe also ein Kleinheizwerk entwickelt, kein Leuchtmittel, das wir nur die ganzen Jahrzehnte über falsch genutzt haben. Und flugs hat Rotthäuser in China viertausend Kleinheizgeräte mit 75 und 100 Watt und dem Aufdruck Heatball produzieren lassen. Der Heatball ist nach Rotthäusers Webseite “keine Lampe, paßt aber in die gleiche Fassung.  Die Leuchtwirkung während des Heizvorgangs ist produktionstechnisch bedingt und völlig unbedenklich.“ Innerhalb von drei Tagen war die Erstlieferung vergriffen – für 1,69 € das Stück. Ein Lehrstück. Wie man der EU ein Licht aufsetzen kann. Danke.

Bambi auf dem dünnem Eis des Populismus – ausgeglitten

Auf den Schulhöfen deutscher Schulen muß auch deutsch gesprochen werden. Diese ulkige Forderung war kein blöder Witz, sondern durchaus ernst gemeint. Ihr Urheber: der Generalsekretär der FDP, Christian Lindner. Wohlfeiles populistisches Geblubber gegen Mitbürger nichtdeutscher Herkunft  hat also auch die Blau-gelben ergriffen. Kein Wunder, daß die Umfragewerte der ehemals liberalen Partei in den Keller rutschen. Nach der neuesten Forsa-Umfrage käme die Partei der Lindners und Westerwelles derzeit nicht einmal mehr in den Bundestag. Lindner, schon als intellektueller Erneuerer der Liberalen im Sinkflug gefeiert, hat sich decouvriert: Vom Deutschzwang auf Schulhöfen ist es nicht einmal mehr ein kleiner Schritt zur spätrömischen Dekadenzattacke auf  Arbeitslose. Gottlob hat wenigstens der neue Sprecher der Bundesregierung die dekadente Forderung des FDP-Generals in die Mülltonne der Politik verschoben.

Geburtstag

Nur wenige Tage nach dem Einheitstag feiert Deutschland wieder Geburtstag: den Geburtstag der DDR. Im Gebäude der Deutschen Wirtschaftskommission in der Leipziger Straße in Berlin fand am 7.10.1949 die 9. Tagung des Deutschen Volksrates statt, der sich zur Provisorischen Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik konstituierte. Die DDR war geboren, die Deutsche Demokratische Republik, der zweite deutsche Staat. Kurz nach der großen Schwester Bundesrepublik, die nur wenige Tage zuvor, am 15. September,DDR-Flagge Konrad Adenauer zu ihrem ersten Kanzler gewählt hatte. Am 11. Oktober wurde Wilhelm Pieck zum ersten Staatspräsidenten der DDR gewählt, Otto Grotewohl wurde Ministerpräsident, Johannes Dieckmann erster Präsident der Provisorischen Volkskammer. Während im Westen rasch wirtschaftlicher Aufschwung und politische Stabilität die Sorgen der Nachkriegszeit verdrängen, will die Deutsche Demokratische Republik nicht nur materiellen Wohlstand, sondern vor allem auch einen ideologischen Neubeginn nach dem Desaster des Dritten Reiches. Viele Bürger der DDR teilen 1949 diese Auffassung. Für sie ist die sozialistische Staatsordnung die richtige Antwort auf Faschismus, Krieg und Holocaust, die das deutsche Ansehen in der Welt beschädigt hatten.  Nur vierzig Jahre später platzte der Traum “vom besseren Deutschland”. Die DDR wird eine historische Episode bleiben, eine vergleichsweise kurze Folge des vom deutschen Faschismus verursachten Weltkrieges.

Binnennachfrage

Jetzt wird endlich auch die Binnennachfrage gestärkt. Denn die Kassenärzte sollen nächstes Jahr deutlich mehr Geld bekommen. Von insgesamt einer Milliarde Euro ist die Rede. Die Ärzte hatten ursprünglich das Doppelte verlangt, die Krankenkassen eine Nullrunde gefordert. Da werden einige Doctores wieder neue Luxusschlitten ordern können, bei Maybach, der Marke mit dem Stern oder dem viergeteilten blau-weißen Kreis, oder den langersehnten Pool. Es geht also aufwärts im Land. Zahlen müssen es die Versicherten. Mehr Netto vom Brutto. Rösler sei Dank.

Der Adlertöter

Armin. Wie uns Wikipedia belehrt, bedeutet dieser Vorname soviel wie groß, gewaltig. Armin Laschet hingegen ist ein eher kleiner Aachener; Jurist, Journalist, CDU-Politiker, durch den Wahlsieg von Jürgen Rüttgers aus der Aachener Provinz in die Düsseldorfer Metropole gespült, Minister im Rüttgersschen Kabinett und jetzt im Grabenkampf mit Bundesminister Röttgen um den nordrhein-westfälischen CDU-Vorsitz. Armin Laschet ist lernfähig. In der Ministerrunde um den Arbeiterführer Rüttgers hat er sich von diesem so einiges abgeschaut. Vor allem, wie man Staat und Partei miteinander vermengt. Wie das Blog “Wir in NRW” berichtet, hat Minister Laschet am vierten Juni 2009 um 19:50 Uhr eine Email an einen Ministerialbeamten versandt.

“Der gewählte Politiker beauftragte einen seiner Staatsbediensteten, für den kommenden Kommunal- und Bundestagswahlkampf einen Spendenbrief zu entwerfen. Einen Brief, mit dem der Aachener CDU-Kreisvorsitzende Geld für seine Partei einsammeln wollte. „Schöner Erfolg bei EP-Wahlen. Jetzt alle Kraft für Kommunal und Bundestag“, schrieb der Minister dem Referenten. „Bitte um Spende, unsere Ideen blablabla vorstellen.“ Diese Mail (…)  ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Kandidat für den Vorsitz  der CDU in Nordrhein-Westfalen während seiner Ministerzeit von 2005 bis 2010 sein Ministerbüro als Parteibüro nutzte. Laschet verquickte die vom Grundgesetz untersagte Vermengung von Staats- und Parteiarbeit. (…) Anfang August 2009 ging es dann im Bundestagswahlkampf ums Ganze. Auch in Aachen. Das persönliche Referat im Ministerbüro war noch intensiver mit der Aachener CDU verknüpft. Es ging um eine Ergänzung zum Spendenbrief. Diesmal hat der Beamte, der für seinen Minister die Parteiarbeit erledigt, Fragen unter a.) und b.) Einmal ging es um eine Veranstaltung mit Jürgen Rüttgers am 25. August, dann um den Bundestagswahlkampf-Auftakt in Düsseldorf mit Angela Merkel; um Fristen für die Anmeldung von Aachener CDU-Mitgliedern für die Fahrt nach Düsseldorf. (…) Nun gibt es wohl keinen Zweifel mehr: Der Aachener Kreisvorsitzende Armin Laschet hatte in seinem Ministerbüro auf Steuerzahlers Kosten eine Abteilung seiner Kreisgeschäftsstelle eingerichtet. 38 Minuten nachdem der Referent seine Fragen an den „Sehr geehrten Herrn Minister“ geschickt hatte, antwortet dieser an diesem 6. August um 16.39 Uhr: „Ja. Dann bauen Sie es alles ein und senden Sie es bitte noch einmal. Eine Kontonummer und nicht zwei bei der gleichen Sparkasse! Unser Wahlkampfspendenkonto ist bei der Aachener Bank kommuniziert.“

Soweit der Blog “Wir in NRW”. Armin Laschet bleibt ein kleiner Aachener. Wer sich als Minister den Staat zur Beute macht, hat auf einem solchen Sessel nichts verloren. Das hat auch Jürgen Rüttgers schon erleben müssen. Ob ihn sein ministerialer Mißgriff für den CDU-Parteivorsitz qualifiziert, das haben die Mitglieder der CDU zu entscheiden. Ach ja, nochmal Wikipedia. Adlertöter sei eine weitere Bedeutung des germanischen Vornamens ermin/irmin, heute Armin. Adlertöter. Damit kann nur der Bundesadler gemeint sein, oder?

Herrenreiter

Udo Reiter hat getwittert. Na und? Udo Reiter, CSU-Import und Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks, auf den MDR-Fluren auch als “Herrenreiter” bezeichnet, formulierte seinen Seitenhieb auf die Rede des Bundespräsidenten Christian Wulff so: “Einheitstag 2030: Bundespräsident Mohammed Mustafa ruft die Muslime auf, die Rechte der Deutschen Minderheit zu wahren.mdrreiter”. “Geschmacklos”, “GEZ-subventionierter Rassismus”, “Ich bleibe dabei, Herr Reiter, mit Verlaub, Sie sind ein Arschloch!” So nur einige der empörten Antworten von Twitternutzern. In der Tat, ein Herrenreiterarschloch. Der Blitz möge in seinen Rollstuhl fahren.

Wohlstandsverwöhnt

“Wohlstandsverwöhnt und unduldsam”, mit dieser Schmähung werden die Demonstranten in Stuttgart nun verhöhnt, nachdem Reizgas und Wasserwerfer ihren Protest nicht einzudämmen vermochten. Der Verhöhner ist niemand anderes als der baden-württembergische Justizminister und FDP-Politiker Ulrich Goll. “Die Menschen sind in zunehmender Zahl sehr unduldsam und wohlstandsverwöhnt”, so Goll in der Financial Times Deutschland. Und ausdrücklich wendet sich der gelbe Mann fürs Grobe gegen das Stuttgarter “Halbhöhenpublikum”, das nur gegen die Belästigung durch die Bauarbeiten angehe. Damit pöbelt der blau-gelbe Justizminister und Spitzenkandidat für die Landtagswahl gegen die ureigene schwarz-gelbe Wählerklientel: In den Stuttgarter Halbhöhenlagen leben vor allem Gut- und Besserverdiener, die dafür mitverantwortlich sind, dass Baden-Württemberg stets von einer bürgerlichen Mehrheit regiert wurde. Kaum eine andere Beleidigung macht die Teilung der Gesellschaft in Oben und Unten deutlicher, die Entfernung zwischen Bürgern und (FDP-) Politikern. Bürgerliche Gesellschaft? Rationales politisches Handeln? Angemessene Kommunikation? Grauenvoll.