Die ausgezehrte Republik

Die ausgezehrte Republik, so hat Michael Schöfer seinen Artikel zum kommenden Bundespräsidenten überschrieben.

Was wird passieren? Es ist leider vorhersehbar: Der künftige Präsident wird – wie bisher – ein paar belanglose Reden halten, etliche Gesetze unterzeichnen, darunter vielleicht sogar einige verfassungswidrige, und bereitwillig Bundesminister ernennen oder entlassen, wenn ihm die Kanzlerin den Wink dazu gibt. Wenig Spektakuläres also, es wird sich folglich gar nichts ändern. Vielleicht ist genau das unser Problem. Und nicht, wer demnächst Deutschland repräsentiert. Wie ausgezehrt das politische Personal der Republik ist, hat doch die Kandidatenfrage zur Genüge gezeigt. Dass der extrem blasse Christian Wulff überhaupt Bundespräsident werden kann, ist bezeichnend. Ein Land, in dem Ursula von der Leyen, Annette Schavan oder Jürgen Rüttgers in die engere Wahl gezogen werden, hat offensichtlich ein Problem, und zwar ein personelles. (…) Die auf Stromlinienförmigkeit gebürsteten Parteien setzen lieber aufs langweilige Mittelmaß, das ist wenigstens berechenbar. Insofern haben sie mit Wulff, der sorgsam sein Image des netten Jungen von nebenan pflegt, haargenau ins Schwarze getroffen. Dem farblosen Köhler folgt ein ebenso farbloser Wulff. (…) Christian Wulff passt zur Regierungskoalition, deren Repräsentanten fast durchweg äußerst farblos sind. Der Fisch stinkt vom Kopfe her: Bei der Kanzlerin weiß man nicht, was sie wirklich will (außer an der Macht bleiben). Westerwelle hat zwar zu allem etwas zu sagen, bleibt aber immer erkennbar an der Oberfläche. Mangelnden Tiefgang kompensiert er durch Aggressivität. Und der bayerische Ministerpräsident ist selbst bei CSU-Anhängern umstritten. Markante Köpfe muss man mit der Lupe suchen, entsprechend ist die geistige Verfassung des Landes: Die Republik wirkt ausgezehrt. Darüber hat man in der Presse allerdings wenig gelesen. Schade, abermals eine Chance vertan.

Dem ist nun wirklich nichts mehr hinzuzufügen.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.