Gab es jemals einen FDP-Parteitag, auf dem nicht der Subventionsabbau beschworen wurde? Weil ja staatliche Zuschüsse oder steuerliche Vorteile als Vergehen gegen den freien Markt, gegen das freie Spiel der Kräfte zu brandmarken sind? Nein, der Subventionsabbau gehört zum Mantra blau-gelber Politik, seit jeher. Und dennoch werden große Teile der deutschen Industrie bis zum Jahr 2022 weiter von der Ökosteuer befreit – und damit auch von Kosten für die Energiewende. Unser famoser Wirtschaftsminister begründet den Gesetzentwurf der Bundesregierung mit der “Sicherung des Industriestandortes, Beschäftigung und Wachstum”. Dem Staat entgehen dadurch Einnahmen von jährlich 2,3 Milliarden Euro. Ein schwarz-gelb-blaues Geschenk für die Industrie. Und eine ungerechte Lastenverteilung, müssen private Verbraucher und kleine Unternehmen nunmehr doch höhere Energiekosten berappen. Greenpeace beispielsweise forderte die Regierung auf, pauschale Vergünstigungen zu streichen und die Ausnahmen zu begrenzen. Es dürften nur jene Firmen gefördert werden, die energieintensiv sind und gleichzeitig im internationalen Wettbewerb stehen. Das aber sei bei vielen der nun Begünstigten nicht der Fall.
Schlagwort: Ökosteuer
Qualmen für Industrieschlote
Das sogenannte “Sparpaket” der Bundesregierung pries vor Monaten FDP-Chef Westerwelle als “sozial ausgewogen”. Die Belastungen, so sagte er, verteilten sich im nächsten Jahr so: Fünf Milliarden Euro von der Wirtschaft, fünf Milliarden von Arbeitslosen, Geringverdienern und Familien und weitere drei Milliarden vom Staat und seinen Mitarbeitern. Nun ist die schwarz-gelbe Katze aus dem Sack: Völlig ungewiß ist, ob die Banken werden einzahlen müssen, die Brennelementesteuer ist denkbar unkonkret. Und nun wird auch noch die einzige wirklich große Belastung für die Wirtschaft weitgehend gekappt. Energieintensive Betriebe sollen kaum mehr Ökosteuer zahlen als bisher. Bislang wurden, um Wettbewerbsnachteile auszugleichen, energieintensive Produktionsbetriebe fast vollständig von der Ökosteuer befreit – bis zu 95% der anfallenden Steuern konnten sich diese Betriebe vom Staat erstatten lassen. Eigentlich sollte dieser Satz zunächst auf 85% und später auf 65% reduziert werden. Stattdessen werden nun wieder einmal die Raucher geschröpft. Die Tabaksteuer wird erhöht. Die Industrielobby siegt – erneut – auf der ganzen Linie. Raucher als Quersubventionierer. Schon jetzt aber gehört die Tabaksteuer mit 13,2 Milliarden Euro zu den wichtigsten Einnahmequellen des Staates, noch vor dem Solidaritätszuschlag. Ach ja, wie war das noch anno 2003, als die rot-grüne Bundesregierung die Tabaksteuer erhöhte, um das Gesundheitswesen mitzufinanzieren? Rauchen für die Gesundheit sei “kein Reformkonzept, sondern der absurde Endpunkt einer unfähigen Bundesregierung”. Guido Westerwelle. Damals Oppositionspolitiker. Und damals hatte er Recht. Aber. Auch Rauchen für Industrieentlastung von der Ökosteuer ist kein Reformkonzept, sondern der absurde Endpunkt einer unfähigen Bundesregierung. Und eine der frechsten Umverteilungsaktionen von unten nach oben. Schwarz-gelbe Klientelpolitik. Qualmen für die Schlote der Industrieunternehmen. Mehr Netto vom Brutto. Muhaha. Wie schrieb Bernd Roling, Wirtschaftsredakteur des SWR heute auf der Seite der ARD: “Aber ich glaube, die meisten Wähler durchschauen diese Taktik! Sie haben sehr wohl mitbekommen, dass alle Grausamkeiten des Sparpakets zulasten der Niedrigverdiener und Arbeitslosen in der Koalition ohne große Debatten abgenickt wurden. Und nun wird die soziale Schräglage sogar noch verstärkt: für die Industrie-Rabatte bei der Ökosteuer sollen die Raucher aufkommen! Dass die Koalition zum Ausgleich über Steuervereinfachungen nachdenkt, die die Bürger um 500 Millionen Euro entlasten sollen, empfinde ich persönlich als Hohn.”