Schlagwort: Innocence of Muslims

Kein Schmäh

Da hat der Protest von Muslimen gegen das antiislamische Videomachwerk eines koptischen Christen in den USA ein vergessen geglaubtes deutsche Wort wiederbelebt. Das Video wird in der Presse und im Funk als Schmähvideo bezeichnet. Verschmähen werden die meisten noch verstehen, selbst, wenn sie es nicht mehr im aktiven Wortschatz haben werden. Verachten meint es, verstoßen. Aber schmähen und das entsprechende Kompositum, Schmähvideo, werden nur wenige noch verwenden. Verächtlich machen ist gemeint, erniedrigen, in entehrender Weise darstellen. Zu Recht. Ich habe mir das Werk in Teilen angesehen. Stümperhaft gemacht, mit blöd-primitiven, armseligen Aussagen. Video-Klippschule. Weit jenseits des Niveaus selbst von Lore- oder Adelsromanen. Im Grunde nicht beachtenswert. Man kann dieses Dumm-Bilder-Band nur verschmähen. Zudem schmäht es den oder die Urheber eher als die Muslime. Denn es sagt mehr aus über das intellektuelle Niveau von Klerikal-Fundamentalisten, an denen jegliche Aufklärung vorbei gerauscht ist, in diesem Fall koptischer Christen in den USA, und so gut wie nichts über Muslime oder muslimischen Glauben. Und Schmäh ist das Ganze auch nicht. Schmäh nämlich bezeichnet in den süddeutschen Dialekten Humor, Witz, aber auch Schwindelei oder Unwahrheit. Sprichwörtlich ist der Wiener Schmäh als spezielle österreichische Form des Wortwitzes. Und das Schmähvideo ist gänzlich humorfrei, in seiner ganzen Stümperhaftigkeit nur angestrengt und verbissen.

Innocence of Muslims

“Sicher, der Film Innocence of Muslims ist ein übles Machwerk. Und natürlich geht es Pro Deutschland nicht um die Kunst oder Meinungsfreiheit sondern um PR durch Provokation: Die Splitterpartei wünscht sich nichts mehr als Ausschreitungen von radikalen Muslimen. (…) Aber ist das ein Grund, den Film zu verbieten? Nein. Der Film mag dumm, primitiv und provozierend sein, aber es ist nicht verboten dumm, primitiv und provozierend zu sein. (…) Und es wäre auch naiv zu glauben, dass die Unruhen etwas mit dem Niveau des Filmes zu tun haben, dass ein  gut recherchierter und qualitativ hochwertig gedrehter Mohammed-kritischer Film von den aufgestachelten Fundamentalisten  weniger verurteilt werden würde. (…) Würde der Mob nicht auf die Straße gehen und randalieren, sondern mit den Schultern zucken und den Regisseur eine Niete und die Darsteller als die armen Würstchen bezeichnen, die sie sind, wären die Macher des Films bis ins Mark getroffen. So haben sie das Gefühl, ihr Ziel erreicht zu haben. Und es wäre auch naiv zu glauben, dass die Unruhen etwas mit dem Niveau des Filmes zu tun haben, dass ein  gut recherchierter und qualitativ hochwertig gedrehter Mohammed-kritischer Film von den aufgestachelten Fundamentalisten  weniger verurteilt werden würde. (…) Ohnehin ist es nicht nachvollziehbar, religiöse Gefühle besonders zu schützen.  Sind sie  wertvoller als politische Überzeugungen? Als rational begründete Verhaltensmaßstäbe? Als die Liebe zur Kunst? Zu einer Band, einem Maler oder Schriftsteller? Und deswegen sollte man den Film auch nicht verbieten. Betroffenheit kann kein Maßstab sein.(Stefan Laurin, in: Es gibt keinen Grund, religiöse Gefühle besonders zu schützen, ruhrbarone)