Neunzig Tage sind es heute, daß ich unser Haus, unsere Wohnung nicht mehr verlassen habe. Mit einer eher unfreiwilligen Ausnahme, denn am Schaltjahrtag, dem neunundzwanzigsten Februar, hat mich ein Krankenwagen ins hiesige Hospital verfrachtet, das ich erst elf Tage später wieder verlassen durfte. Schon vor Karneval also begann meine persönliche Eremitage, vor Corona, vor dem Lockdown, vor der Abstandspflicht, vor dem Maskenzwang. In dieser Zeit hatte und habe ich Kontakt nur zur Gattin. Unmittelbaren Kontakt. Nicht zum Kind und seiner Freudin, nicht zu Freunden, nicht zu Nachbarn, nicht zu Verwandten. Aus einiger Entfernung, sozusagen mit gehörigem Sicherheitsabstand habe ich Freunden zuwinken können, wenn sie für uns eingekauft haben, Stefan, Bulbul, Stefan und Lothar. Letzte Woche eine Premiere, eine Videokonferenz nämlich, mit Mitstreitern aus der Flüchtlingshilfe. Ein virtueller Kontakt und dennoch wichtig, weil er, trotz aller technischer Vermittlung, einen Teil des Gefühls beim gewohnten sozialen Umgang aufkommen ließ, der persönlichen Nähe, der Verbundenheit. Schön war das, wenn auch „nur“ vor Monitor und Display erlebt. Heute erneut eine Premiere. Mein Freund Lothar hat uns besucht. Vor der Türe haben wir in der Sonne gesessen, im Warmen, mit Abstand selbstredend, und Kaffee getrunken. Und erzählt. Und erzählt. Und geredet. Ein richtiges Gespräch. Von Angesicht zu Angesicht. Ohne Monitor, ohne Maske. Wie sonst, sozusagen. Fast. Aber wir werden uns auch wieder in den Arm nehmen, den Sicherheitsabstand aufheben. Ich bin sicher. Ganz sicher. Und froh.