Schlagwort: PEGIDA

Wutbürger der Aufklärung

Frank Stauss hat vor fünf Tagen in seinem Blog eine Philippika losgelassen und uns gestattet, diese wohlformulierte Widerstandsrede hier ebenfalls zu veröffentlichen:

Ich muss nicht Verständnis aufbringen für die Sorgen und Ängste von Menschen, die offenbar zu kalt und gefühlsverarmt sind, um zu erkennen, welche Ängste ihre instinktlosen Demonstrationen bei Flüchtlingen und Einwanderern auslösen.

Ich muss nicht verstehen, warum 25 Jahre nach dem Mauerfall – in nahezu ausländerfreien Zonen –  Menschen gegen Ausländer auf die Straße gehen, nur weil sie nach über zwei Jahrzehnten nicht kapiert haben, womit Deutschland sein Geld und seinen Wohlstand verdient: mit Internationalität.

Ich muss nicht ertragen, dass eine Demonstrantin in Dresden in die Kamera spricht: “Wir sind nicht ’89 auf die Straße gegangen, damit die jetzt alle kommen” während sie so aussah, als sei sie ’89 nur auf die Straße gegangen, um bei ihrem Führungsoffizier die zu verpfeifen, die wirklich gingen. Diese Demonstrationen “Montagsdemonstrationen” zu nennen, ist eine weitere Instinktlosigkeit gegenüber denjenigen, die ’89 für Freiheit und offene Grenzen auf die Straße gingen.

Ich muss nicht akzeptieren, dass Menschen, die seit Jahrzehnten direkt und indirekt Transferleistungen in bisher ungekannten Höhen entgegengenommen haben, nun nicht einmal Flüchtlingskindern ein Dach über dem Kopf gönnen.

Ich muss nicht wie CSU und manche in der CDU die Fehler vor allem dieser beiden Parteien aus den 60er bis 90er Jahren wiederholen und diesen eiskalten Demonstranten auch noch verbale Zückerchen zuwerfen – von AfD und der anderen braunen Brut ganz zu schweigen.

Ich muss nicht christlich sein zu Menschen, die angeblich die christliche Tradition verteidigen, um dann ausgerechnet zur Weihnachtszeit Hass und Ausgrenzung zu predigen.

Ich muss nicht nach Ursachen suchen, um den niedersten Instinkt, zu dem die menschliche Rasse fähig ist, zu erkennen: Das Treten nach unten und das Abwälzen persönlicher Probleme und Unfähigkeiten auf willkürlich ausgewählte Sündenböcke.

Ich muss nicht ertragen, dass Menschen, die seit Jahren den Hintern nicht bewegt bekommen, ausgerechnet dann aktiv werden, wenn es gegen Minderheiten geht.

Ich muss nicht daran erinnern, dass die deutschen sozialen Sicherungssysteme im Jahr 2012 über 22 Milliarden EUR netto durch Einwanderer und deren Nachfahren eingenommen haben – und dass diese Gelder am Ende dem Pöbel von Dresden auch noch die Rente zahlen werden.

Ich muss nicht diplomatisch sein, sondern so, wie noch viel mehr Menschen in Deutschland sein sollten, offensiv:

Braune Brut von Dresden: Ihr seid die Schande Deutschlands.
Unbarmherzig, hasserfüllt, menschenfeindlich und aus ganzem Herzen verachtenswert.

“Ebenso unaufgeklärte wie unaufklärbare Menschen”

Wir sind das Volk. Wir? Die fünfzehntausend “patriotischen Europäer“, die allmontaglich gegen die “Islamisierung  des Abendlandes” in Dresden spazieren? Die achtzig Kassler “Patrioten”? Die Mannheimer Hundert? Die Bonner Zweihundertschaft der PEGIDA? Die paar hundert aus Bochum? Nein! Ihr seid nicht das Volk. Das Volk sind wir alle, die mehr als achtzig Millionen Menschen in dieser Republik. Ihr seid ein paar fehlgeleitete Angsthasen im Tal der Ahnungs- und Muslimlosen mit nationalistisch verengtem Weltbild, sozusagen einer Cerebralphimose. Ihr zelebriert fremdenfeindliche Furcht dort, wo es an Fremden mangelt. Das Volk aber “besteht aus Panajotis, Mohamed, Ivan, Miroslav, Franz, Fatima, Ignaz, Maria und all den anderen Persönlichkeiten die dafür Sorge tragen, daß Ihr….die Ihr Zeit habt Montags zu demonstrieren eure Rente oder Stütze pünktlich bekommt, damit Ihr gegen diese Menschen demonstrieren gehen könnt. Ein Drittel dieser Menschen mit Migrationshintergrund, die es noch nie leicht hatten in diesem Land haben nämlich ein Studium abgeschlossen und mit all den anderen, die hier mit Migrationshintergrund arbeiten erwirtschaften Sie gemeinsam 22Mrd. € mehr, als Menschen mit Migrationshintergrund die Sozialsysteme kosten.” So Timo Fischer aufAgainst Racism and Fascism (International)”. Er fährt fort: “Ein Schuldiger für eure eigene Situation ist schnell gefunden. Daran ist der böse Muslim schuld oder der Flüchtling oder die Ausländer. Wo wart ihr denn als es darum ging für ein würdevolles Leben und gegen Hartz4 zu demonstrieren? Wo wart Ihr als man Euch die Renten kürzte? Wo wart ihr als man eure Steuergelder verbrannte um die Banken mit Billionen zu retten? Wo wart ihr als man erst eure Kollegen und dann euch wegrationalisierte? Vermutlich wart ihr zu Hause und nun wo euch soviel genommen wurde folgt ihr euren Führern, die all eure Wut und euren Hass auf Menschen lenken, die euch fremd sind aber die eure hilfsbereiten Nachbarn sein könnten. Das ist erbärmlich und wegen Euch muss sich jeder in diesem Land schämen….egal ob Christ, Muslim, Jude, Budhist, Atheist, schwarz oder weiß…Deutscher zu sein. Ihr verteidigt nicht das Abendland….ganz im Gegenteil….Ihr tretet die Werte dieses Landes mit Füßen. Ihr seit eine Schande für Deutschland.” Es gibt in Dresden und drumherum keine Opfer des Islamismus. Und in Wahrheit geht es auch nicht darum. Die von den Pegidanern so oft beschworenen “Flüchtlingsströme” und “Masseneinwanderungen” finden nicht statt. Vor zwanzig Jahren gab es mehr als doppelt so viele Asylbewerber wie in diesem Jahr. Der unappetitliche Wortkompott von der Flüchtlingsschwemme oder dem Boot, das doch ach so voll ist, hat mit der Wirklichkeit schlicht nichts zu tun. Kein Wunder also, daß der Freitag diese nette Einschätzung bietet: „’Es sind ja nicht gerade die Intelligentesten, die sich hier versammeln’, raunt ein CDU-Landtagsabgeordneter, der die Szene nachdenklich beobachtet. Manche Demonstranten geben sich als Dynamo-Fans auch zu erkennen, Hooligans sind dabei, Kameradschaftstypen und NPD-Funktionäre. Aber in der Mehrzahl manifestiert sich das Empfinden verunsicherter Bürger, die vor Ort oder per Schmähpost allergisch reagieren, wenn man sie auch nur in die Nähe von Nazis rückt. Es sind nur wenige Frauen zu sehen und Leute, die jünger als 60 Jahre alt sind. Eifrig werden Deutschlandfahnen geschwenkt. Die Plakate lassen keinen Zweifel, worum es den Demonstranten geht: ‘Heimatschutz statt Islamisierung’ steht da, ein anderes wütet gegen die angeblich gleichgeschalteten Medien.” Weiter heißt es: „’Ich will nicht, dass meine Enkel eine Burka tragen und unter der Scharia leiden müssen’, sagt ein älterer Herr (…). Andere werden sofort laut und geradezu hysterisch. Die Wahrheit über die Ausländer, ‘die doch alle kriminell sind’, werde verschwiegen, jeder von ihnen koste sieben Mal so viel wie ein Hartz-IV-Empfänger, die sollten besser von den reichen Ölländern aufgenommen werden. Man trifft auf Totalfrustrierte, nicht mehr rational Erreichbare, die hier aus ihrem Gefühlsstau ausbrechen wollen. Sie sehen sich von Feinden umzingelt, wie 1989 einem feindlichen Staat ausgeliefert. Politiker, so hört man, seien sämtlich Volksverräter, das Statistische Landesamt lüge über den geringen Ausländeranteil, um Bürger ruhigzustellen, die komplett linken und gleichgeschalteten Systemmedien verdrehten erst recht die Tatsachen. Mit einem Wort: ebenso unaufgeklärte wie unaufklärbare Menschen, die es wohl in jeder Gesellschaft gibt.” Nochmal: Ebenso unaufgeklärte wie unaufklärbare Menschen. Das ist Pegida. Von wegen Mitte der Gesellschaft. Es sind vielleicht nicht die Radaubrüder, die jahrzehntelang das ekelhafte Geschäft der Fremdenhatz betrieben haben. Aber es sind abgehängte soziale Schichten oder solche, die Furcht haben müssen, einmal abgehängt zu werden. Und weil es sich dabei auch um Handwerker handelt, um Menschen, die arbeiten, um solche, die komplexer gewordene Politik nicht begreifen können, um jene, für die Globalisierung nur furchterregend ist, Menschen, die einen Sündenbock brauchen, bramarbasieren unsere Eliten, Journalisten und Politiker aller Couleur flugs von der “Mitte der Gesellschaft”. Als ob die Mitte der Gesellschaft resistent sei gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Gewalt. Nein. Pegida ist nicht das Volk. Ein Teil des Volkes. Ein rückwärtsgerichteter, ein reaktionärer, ein rechtsgerichteter Teil des Volkes. Die Tageszeitung meint: “Nur solange man Rechtsradikalismus mit Baseball schwingenden Glatzen identifiziert, mag das stimmen. Doch rechtsradikale und damit antisemitische, rassistische oder muslimfeindliche Einstellungen sind selbstverständlich in dieser Mitte längst angekommen und verbreitet. Kann man mit Vernunft Pegida etwas anhaben? Da sind angesichts der Irrationalität der Bewegung Zweifel berechtigt.” Mit der Phrase von der Mitte der Gesellschaft soll zart angedeutet werden, daß es sich bei Pegida womöglich doch um eine demokratische Veranstaltung handele, eine Übung, die der Zivilgesellschaft und der Entfaltung bürgerlicher Verhältnisse nützlich sein könnte, um ein berechtigtes demokratisches Anliegen. Aber: “Rassismus, Hetze gegen Menschen, Populismus auf Kosten von Minderheiten und Schwachen haben mit Demokratie nicht das Geringste zu tun! Sie sind das gelebte Gegenteil des demokratischen Anspruches der Bundesrepublik, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Die ‘Pegida’ tastet die Würde der Menschen an, und damit tastet sie das Grundgesetz, die Demokratie und uns alle an.” So formuliert es Michel Friedmann in einem Beitrag der Berliner Zeitung. Im Blog von Erik Flügge heißt es unter der Überschrift: Wider die montäglichen Feiglingsmärsche: “Sie stehen nun Montag für Montag zu tausenden auf der Straße und trauern einer Welt der Unterdrückung nach. Die Welt, in der Normierung die Menschen unterschiedslos machen wollte. Sie trauern einer Zeit nach, als man sich in die Illusion hüllte, die Gesellschaft wäre homogen, weil man jede Form des Anders-Seins in den Untergrund zwang. Es sind die Feiglinge, die sich im Dunkeln auf die Straße wagen. Woche für Woche ein paar mehr. Seit es tausende geworden sind, trauen sie sich endlich auch die besonders feigen auf die Straße. Dort meinen sie, sich mit der Mehrheit zu versammeln, deren bestimmende Kraft sie suchen, um sich anzulehnen. Es sind die Denkfaulen, die Selbstunterdrücker und die Angsthasen, die sich versammeln, um gegen eine fiktive Gefahr zu demonstrieren. In Wirklichkeit schreien sie nach Führung, weil sie keine Phantasie und Kraft besitzen, über sich selbst zu bestimmen. Erlauben wir diesen Feiglingen nicht, sich ein Gewand der angeblich edlen Ziele zu gebe. Ich gestehe ihnen nicht zu, für mich zu sprechen. Sie sind nicht die Stimme eines souveränen Volkes. Sie sind die Stimme einsamer Gesellen. Sie sind die Stimme der Feiglinge, die sich im Dunkeln und im Schutz der Masse auf die Straße wagen. Geben wir ihren Demonstrationen den Namen, den sie verdienen: FEIGLINGSMÄRSCHE.”