Alle Artikel vonWolfgang Horn

Zukunft

Gemessen an den Leistungen etwa der deutschen Frauennationalmannschaft oder der aus Brasilien, sind die Darbietungen aus Südafrika oder Jamaica keck, erfrischend, prima anzusehen. Die Zukunft des Frauenfußballs.

Verfolgte Unschuld

Mittlerweile sind sie fast alle von Kopf bis Fuß tätowiert, als wollten sie nackt in den Krieg ziehen und den Feind mit besonders aggressiver Körperbemalung in Angst und Schrecken versetzen. Oder zum Lachen bringen, man weiß es nicht genau. Aber dann wird im Spiel ständig gequengelt und der Schiri bedrängt und gejammert, gemeckert und geheult. Vor allem, wenn sie sich nach einem klaren Foul mit einem Ausdruck der Fassungslosigkeit als verfolgte Unschuld inszenieren, die völlig grundlos auf dem elektrischen Stuhl gelandet ist.

Frank Goosen hat die feine Beobachtung männlichen Verhaltens beim Fußball auf seiner Facebookseite eingestellt

Partei der Niedertracht

“Die AfD ist eine Partei der Niedertracht. Es ist falsch, sie zu wählen. Jemand, der zu dem Aufstieg dieser Partei beiträgt, ist gesellschaftlich absolut inakzeptabel. Es wäre verfehlt, zu einem ihrer Vertreter freundlich oder auch nur höflich zu sein. Man muss so unfreundlich zu ihnen sein, wie es das Gesetz gerade noch zuläßt. Es sind schlechte Menschen, die Falsches tun”

Max Goldt. zitiert nach Karl Kobs auf Facebook von Horst Kläuser. Max Goldt (geboren 1958 in Weende; eigentlich Matthias Ernst, auch Onkel Max) ist ein deutscher Schriftsteller, Kolumnist, Musiker, Comic-Szenarist und Hörspielautor. 

Ich teile auch den Nachsatz von Karl Jobs: “Ich finde, man sollte Max Goldt als Anhang in die Verfassung aufnehmen.”

“Der seit Jahren vor sich hin wuchernde Rassismus”

Die nächtlichen Exzesse der Gewalt und des Hasses, die Frankreich in Atem halten, sind zwar keine besondere Überraschung, aber ihre Wucht ist schon atemberaubend. Erfahrene Reporter, die an allen Krisengebieten der Welt herumgesprungen sind, bekamen es in Nanterre, Cité Pablo Picasso, mit der Angst zu tun. Luc Bronner von Le Monde ist so einer: Er beschreibt detailliert, wie die Opponenten der Polizei sich organisieren und bewaffnen. Einmal wackelt eine alte, sehbehinderte Frau ins Getümmel und eine Polizistin möchte ihr helfen, auch Haus zu kommen. Die alte Dame muss ablehnen: Sie wohnt mitten in der Cité und die Polizistin kann da nicht hin. Die Schreihälse auf der Rechten überbieten sich in rassistischen Parolen, auf der Linken sieht man die gesamte französische Polizei auf dem Prüfstand. Das Klima ist völlig vergiftet: Eine Quelle dafür ist der seit Jahren vor sich hin wuchernde Rassismus, der sich bis tief in die Mitte der Gesellschaft zieht. Immer noch darf etwa auf Twitter der brandgefährliche Hetzer Renaud Camus seine Sprüche vom großen Bevölkerungsaustausch klopfen. Und leider wird seine Perspektive nicht massiv zurückgewiesen, sondern aufgegriffen. Die Zeiten der großen Anti-Rassismusbewegung “Touche pas à mon pote” – Rühr meinen Kumpel nicht an sind vorbei. Menschen mit einer anderen Hautfarbe werden als Vorboten einer kommenden Invasion gesehen – ganz gleich, ob es sich um brasilianische Choreografen handelt, amerikanische Touristen oder Menschen aus dem Maghreb. In Deutschland ist AfD-Autor Götz Kubitschek der Verleger von Renaud Camus. In Frankreich ist er durchaus persona grata. Michel Houellebecq und Alain Finkielkraut zitieren ihn in freundlicher Nuancierung, der Schriftsteller Emmanuel Carrère äußert sich wohlwollend abwägend. Im Alltag ist Frankreich eine multikulturelle Gesellschaft, aber in den Talkshows und politischen Debatten tobt der Rassenkampf. Die Randalierer, die auch die Bildungseinrichtungen in den Banlieues zerstören, die Stadtbüchereien, in denen ihren Nachbarn am Nachmittag für die Abiturprüfungen lernen möchten, reagieren auf die Sicht eines Renaud Camus: Wir werden eh niemals dazu gehören. So wird ein politisches Drama inszeniert, in dem alle ihre Rollen spielen: Ein Polizist ist die Polizei und Agent der gewalttätigen Rechten. Ein Jugendlicher aus der Banlieue ist die Banlieue selbst und alle Probleme der Republik. Pragmatische Reformen der Polizeiausbildung und zur Entschärfung sozialer Brennpunkte wären die beste Lösung – aber die Symbolik der Situation und das politische Drama üben eine stärkere Anziehungskraft aus. Die Fußballnationalmannschaft musste nun zur Ruhe mahnen, eine politische Partei, die in den Vorstädten Respekt genießt, gibt es nicht. Macron zweite Amtszeit ist sehr kompliziert, von Pannen geplagt. Er hat diese schweren Probleme nicht alle verursacht, aber auch nicht entschärft und sie spitzen sich nun zu.

Nils Minkmar, Der Siebte Tag: Der Zufall,

Das Grauen der Welt

Diejenigen, die vorgeben, den Krieg zu lieben, müssen ihn weit weg vom Gemetzel der Schlachtfelder, von verstreuten Leichen und aufgeschlitzten Frauen geführt haben. Krieg ist das absolut Böse. Es gibt weder einen fröhlichen oder traurigen Krieg, noch einen schönen oder einen schmutzigen Krieg. Krieg ist Blut, Leid, verbrannte Gesichter, vom Fieber geweitete Augen, Regen, Schlamm, Exkremente, Müll, Ratten, die über die Körper laufen, abscheuliche Verwundungen, Frauen und Kinder, die verwesen. Der Krieg erniedrigt, entehrt und entwürdigt. Er ist das Grauen der Welt, vereint in einem Paroxysmus des Schmutzes, des Blutes, der Tränen, des Schweißes und des Urins.

Hélie de Saint Marc, 1922 in Bordeaux geboren, war 1941 in den französischen Widerstand eingetreten und nach einer Denunziation in das deutsche Konzentrationslager Buchenwald deportiert worden. Er wurde von dort für zwei Jahre in das Außenlager Langenstein-Zwieberge deportiert. Als Soldat hat er zwei weitere Kriege erlebt: den Indochinakrieg und den Algerienkrieg, beide als Offizier. Er hat am Putsch der Generäle (gegen de Gaulle) teilgenommen und war dafür für lange Zeit in Haft in Frankreich. Er ist Verfasser verschiedener Werke über seine Erlebnisse. Seine Memoiren erschienen unter dem Titel Champs de braises (auf Deutsch unter dem Titel Asche und Glut. Erinnerungen), für die er verschiedene Preise erhielt. Sein Buch Sentinelles du soir erschien auf Deutsch unter dem Titel Die Wächter des Abends (Danke, Karl-Reiner)

Gelassen und bei sich bleiben

Aber wenn konservativ sein heißt, gelassen und bei sich zu bleiben, dann ist das permanente kulturkämpferisches Herumwüten und Aus-der-Haut-Fahren auf die Dauer keine Option. Was aus Konservativen wird, die ihr Lächeln gegen die Grimasse des Ressentiments eintauschen, dafür gibt es ja ringsum genügend Anschauungsmaterial. Wer will denn so enden wie die Republikaner oder die Tories. Die CDU hat schon in den 80er und 90er Jahren das neoliberale Zähnefletschen der Reagan- und Thatcher-Ära nicht so recht mitmachen wollen, und als sie das Anfang der 00er Jahre mittels der von dem deutschen Juristen Paul Kirchhof und einem gewissen Friedrich Merz propagierten Bierdeckel-Steuererklärung nachzuholen trachtete, fing sie sich prompt eine traumatische Wahlniederlage ein. Die CDU ist nicht so. Sie ist eine Union. Sie vereint das Verschiedene. Sie ist der parteigewordene Kompromiss. Sie hat es geschafft, Protestanten und Katholiken unter einem Dach zu versammeln; das trägt sie buchstäblich im Namen, das ist ihr größter Stolz. Ihre größte Scham ist, dass es deutsche Konservative waren, die in den frühen 30er Jahren Adolf Hitler zur Kanzlerschaft verholfen haben. Das darf nie wieder passieren. Das wissen die meisten unter ihnen auch.

Max Steinbeis, Das Lächeln in ihrem Gesicht. Konservative und das ökologische Grundgesetz, in: “Verfassungsblog” von heute

Migration neu denken

Man muss Migration neu denken. Zur Grundausstattung jedes Menschen gehören Füße und mit denen kann man sich fortbewegen. Alle Völker und Kulturen haben diese Möglichkeit mehr oder minder stark genutzt. Manche gehen, manche bleiben und wenn es eng wird, gehen viele.

Menschen sind kein Spargel und sprießen nicht aus deutscher Scholle. Wer auch immer in Kerneuropa so herumspringt, seine Vorfahren sind auch irgendwann mal aus Ostafrika oder anderen Ursprungsgebieten hier her geschlurft. Nicht mal die alte Religion, das Christentum in all seinen Unterformen, ist in Deutschland entstanden. Jesus von Nazareth wusste nichts von Köln, Passau oder Altötting.

Der europäische Umgang mit Menschen, die hier her möchten, ist mit unseren Werten nicht vereinbar, spottet Artikel Eins GG, der allgemeinen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte und wird als Schandfleck unserer Zeit in Erinnerung bleiben. Warum dürfen Personen, die den Mut zur Migration aufbringen, nicht das Flugzeug nehmen? Bei der Ankunft könnte man dann schauen, wie es gemeinsam weiter geht, welche Schulungen gut wären und welche Abschlüsse anerkannt werden können.

Das ist keine rührselige Utopie: Es wird ohnehin so kommen.

Nils Minkmar, Newsletter: Der siebte Tag. Der Name der Reise