Mich kann man, meine Freunde wissen das, für ein Fußballspiel wecken, nachts um drei. Auch für ein Spiel des 1. FC Köln. Immer noch. (Nur spielen die nicht nachts um drei Uhr, sondern demnächst montags um zwanzig Uhr fünfzehn.) Das ist meine dunkle Hälfte. Gleichwohl: Was für ein horribler Unsinn, daß sich ARD und ZDF daran beteiligt haben, daß Kickerhonorare in den kommenden Jahren noch einmal um ein unanständiges Maß gesteigert werden können. Zugleich werden Dokumentationen und Reportagen ausgedünnt. Programme, die der Orientierung der Bürger dienen, werden durch Talk an allen Tagen ersetzt. Musikantenstadl und anderes Seichtes setzen die Programmmarken. Grundversorgung? Bildungsauftrag? Ja, die Sportschau gehörte eigentlich zur Grundversorgung. Ich zweifle aber, daß die Öffentlich-Rechtlichen wirklich jeden Preis zahlen müssen. Hier sind die Grenzen bei weitem überschritten.
Schlagwort: ZDF
Anwanzend
Die FAZ Online zu Markus Lanz:
“In dem Programm, auf dem ZDF steht, ist Lanz drin, auf dessen eher anwanzenden Moderationsstil sich der Sender wohl sogar – wie auch der Beitrag im ‘heute journal’ nahelegte – noch etwas einbildet.”
Fragen stellen, Zweifel äußern, Widerspruch wagen
Klaus Bresser war zwischen1988 bis 2000 Chefredakteur des Zweiten Deutschen Fernsehens in Mainz. Im Tagesspiegel setzt sich der bald Fünfundsiebzigjährige mit der Glaubwürdigkeit von Politik und Medien auseinander, angestoßen durch den Medienskandal in Großbritannien um den Verleger Rupert Murdoch. Hier ein Ausschnitt.
Nach Umfragen glauben 80 Prozent der Deutschen der Bundesregierung nicht, dass sie die jetzt diskutierten Steuersenkungen auch durchsetzen wird. Als die schwarz-gelbe Koalition den Atomausstieg beschloss, saß das Misstrauen noch tiefer. Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten führte den Kurswechsel nicht auf höhere Einsicht, sondern auf die Sorge vor weiteren Wahlniederlagen zurück. Wenn es sich ums Geld dreht, traut eine große Mehrheit den Regierungen in Europa nicht mehr zu, die Euro-Krise bewältigen zu können. Die Politik hat ein Glaubwürdigkeitsproblem wie kaum je zuvor. Die sinkende Wahlbeteiligung ist dafür das eindeutige Indiz. Eine zunehmende Anzahl von Bürgern vertraut den Parteien nicht mehr, will deshalb auch nichts mehr von ihnen wissen.
Welche Rolle spielen die Medien in einer solchen Situation? Können sie etwas tun gegen die wachsende Skepsis in der Bevölkerung? Wir brauchen gewiss keinen Journalismus, der den Politikern mit Zuspruch oder gar Propaganda zu Hilfe eilt. Das würde die eigene Glaubwürdigkeit zunichtemachen.
Wir brauchen ganz im Gegenteil einen Journalismus, der Abstand hält zu den Mächtigen, jene professionelle Distanz wahrt, die Kritik erst möglich macht. Auf kritischen Journalismus kommt es an, auf einen Journalismus, der Fragen stellt, Zweifel äußert und Widerspruch wagt. Damit sich nicht weiter ausbreitet, was die Folge von mangelnder Information und Diskussion, fehlender Kritik und Kontroverse ist: Desinteresse, Vertrauensverlust, Abkehr von der Politik.
Schafft der Journalismus das? Journalisten haben das Richtige vom Falschen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Sie sind nicht verpflichtet, den Leuten das zu geben, was ihnen schmeckt. Sie haben zu berichten, was wesentlich, nützlich, im Wortsinn lebenswichtig ist. Sie haben Auskunft darüber zu geben, was passiert in Politik, Kultur, Sport und gerade auch in der Wirtschaft, was also mit den Preisen, den Steuern, den Renten geschieht. Journalismus muss nicht jeder Sensation hinterherhecheln, nicht den Schwachsinn, Schwall und Schrott verbreiten, an den wir uns im Fernsehen und in der Boulevard-Presse zu gewöhnen scheinen.
Die Jagd nach Auflagen und Quoten hat zu einer großen Anzahl von flachen, ja geradezu dämlichen Medienangeboten geführt. Die Gefahr wächst, dass die zunehmende Banalisierung der Massenmedien Wirkungen zeitigt und große Teile des Publikums heruntermanipuliert zu einer stumpfen und dumpfen, an den öffentlichen Dingen uninteressierten Menge.
Können die Medien diese Entwicklung bremsen, womöglich aufhalten? Die rasante Ausbreitung des Internets hat die Zeitungsauflagen und Anzeigenerlöse vieler lokaler und regionaler Blätter und auch die Werbeeinnahmen mancher Sender schrumpfen lassen. Verleger und Senderchefs sparen. Weniger Geld bedeutet aber weniger Zeit für die Recherche, weniger Sorgfalt und Gründlichkeit. Dabei sollte im immer hektischeren Medienbetrieb Entschleunigung das Ziel sein. Genauigkeit muss vor Schnelligkeit gehen. Qualität braucht Zeit. Es muss Medien geben, die sich auf die existenziellen Fragen dieser Welt konzentrieren: Wie leben wir in einer globalen Gesellschaft? Wie reagieren wir auf Hunger und Elend, Unfreiheit und Unterdrückung in Teilen der Erde? Wie sichern wir die überall bedrohten natürlichen Lebensgrundlagen? Wer garantiert uns Wachstum und Wohlstand, wenn die Alten immer mehr werden und die Jungen, die für sie aufkommen müssen, immer weniger?
Für solche Themen wird es ein Publikum geben. Ein Publikum, das interessiert bleibt an der Wahrheit. Ein Publikum, dem wichtig ist, was für alle wichtig ist. Das umfassend und zuverlässig informiert werden möchte. Das die einfachsten Regeln des Anstands, der Achtung von Privatheit und Menschenwürde gewahrt wissen will.
Wenn das geht …
Stimmbandkraft
Die öffentlich-rechtliche Hochzeit
Wahrscheinlich gehört es zur Chronistenpflicht auch öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, über eine Hochzeit bei britischen Royals zu berichten. Vermutlich ist durch den öffentlich-rechtlichen Sendeauftrag sogar die Stunden währende Übertragung gedeckt. Ob sich aber ARD und ZDF gestern einen Gefallen getan haben, als sie über viele Stunden hinweg parallel die gleichen Bilder ausgestrahlt und sich nur in der Kommentierung voneinander unterschieden haben, das wage ich dann doch zu bezweifeln. Mit Gebührengeldern (nahezu) identische Programme auszustrahlen, das haben die beiden Systeme bislang weitgehend vermieden. Beispielsweise wird bei Sportereignissen von Weltgeltung, etwa den Fußballweltmeisterschaften, sorgsam darauf geachtet, daß man im Wechsel berichtet, heute die ARD, morgen das Zweite. Private Sender sollen sich am öffentlichen Hype orientieren dürfen, für öffentlich-rechtliche Anstalten gelten andere Regeln. Gottlob. Wohltuend die Programmentscheidung bei Phönix. Dort gab es gestern den Themenschwerpunkt: Es lebe die Republik.
Ehrlich gesagt bin ich baff, daß Ihr Minister so ein Feigling ist
Millionenspiel
Tja, jetzt hat das gespenstische Millionenspiel seine gespenstische Entsprechung gefunden. 1970, vor vierzig Jahren schon, beschrieb das Millionenspiel von Wolfgang Menge, wie sich ein Kandidat über Tage hinweg von einem Killerkommando jagen läßt, um eine Million Mark zu gewinnen. Eine Vorausschau auf die Quotengeilheit des Systems Fernsehen. Vierzig Jahre und einen schweren Unfall während der gestrigen “Wetten, dass… – Sendung” haben Politiker und Fernsehgremien gebraucht, um nun eine “Quotendebatte” anzuregen, wie auf tagesschau.de zu lesen ist. Der ZDF-Verwaltungsratschef und rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck fordere nach dem Unfall eine Quotendebatte im ZDF. Das ZDF als öffentlich-rechtlicher Sender dürfe diesen Fragen nicht ausweichen. “Natürlich müssen wir über die Themen sprechen: Wann werden die Grenzen des Verantwortbaren überschritten? Wie viel Risiko darf man eingehen? Und natürlich müssen wir auch über die Themen Nervenkitzel, Waghalsigkeit und Quote reden.” Zu spät?
Chapeau: Ein Austritt, der Ehre einlegt
Chapeau, Hut ab! Peter Voß, seit 35 Jahren Mitglied der CDU, ist ausgetreten. Der ehemalige Intendant des Südwestrundfunks hat seinen Hut genommen, weil Roland Koch als Strippenzieher in der Affaire um die Besetzung des Chefredakteurpostens beim ZDF “der CDU, dem ZDF und den Medien im Allgemeinen schwer geschadet” habe. “Was hier passiert ist, ist höchst gefährlich für das Image des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und ein Angriff auf die Unabhängigkeit des Senders.” Voß geht laut Spiegel Online indes einen Schritt weiter: “”Merkels Beteiligung ist offensichtlich. Ich bin mir sicher, dass Koch sich ohne den Segen der Bundesregierung nicht durchgesetzt hätte – er war nur das Sprachrohr.” Ex-Intendant Voß sieht nun zwei Möglichkeiten für das ZDF: Entweder die Länder schaffen es, den Staatsvertrag zu korrigieren – “oder es muss eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht geben”.