Schlagwort: FDP

Vollpfosten

Lange, lange hat man nichts mehr von Birgit Homburger gehört. Birgit Homburger? Ja, einst Fraktionsvorsitzende der FDP im deutschen Bundestag, dann abserviert, auf den Posten einer Vizeparteivorsitzenden. Und hinter Rösler blieb sie lange still. Bis gestern. Dann ließ sie sich mit einem entschiedenen Kommentar zum heutigen Championsleaguefinale in München zwischen den Bayern und Chelsea vernehmen: “Das guck ich nicht. Ich hasse Bayern München.” Und nun erntet sie Entrüstung. “Ich bin stinksauer wegen dieses unsportlichen Verhaltens. Das kann nur jemand sagen, der von Sport und Fußball überhaupt nichts versteht. Wer so etwas sagt, disqualifiziert sich selbst.” So Bayerns liberaler Wirtschaftsminister Martin Zeil. “So einen dummen Spruch kann nur ein Vollpfosten bringen. Frau Homburger fehlt offenbar jegliches Zeug zu einer deutschen Spitzenpolitikerin. Sie ist als stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende nicht länger tragbar und sollte sofort zurücktreten, anstatt uns das Finale dahoam zu vermiesen.” Das der Kommentar eines anderen Liberalen, der von Tobias Thalhammer, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion in Bayern. Vollpfostendialoge.

Nachlese

Vor drei Jahren hatte die CDU in Schleswig-Holstein etwa fünfhundertfünftausend Zweitstimmen, gestern nur noch vierhundertachttausend. Wahlsieger? Die FDP wählten 2009 knapp zweihundertvierzigtausend Menschen im nördlichsten Bundesland. Gestern entschieden sich einhundertneuntausend Wahlbürger für Wolfgang Kubicki. Wahlsieger? Sehr viel weniger drastisch die Differenz zwischen 2009 und 2012 bei den Grünen: Sie verloren lediglich fünfundzwanzigtausend Wähler. Auch die SPD konnte ihre Wählerschaft nicht komplett mobilisieren: Viertausend Stimmen beträgt die Differenz zwischen den letzten und den aktuellen Landtagswahlen an den Küsten. Wahlverlierer? Der Südschleswigsche Wählerverband verlor etwa achttausend Stimmen und erreichte gestern etwas mehr als einundsechzigtausend Zweitstimmen. Die Linke hingegen konnte gestern nur noch knapp dreißigtausend Menschen begeistern, während vor drei Jahren noch mehr als fünfundneunzigtausend Stimmen auf die Linken entfielen. Wahlverlierer. Eindeutig und auch zugestanden von den Verantwortlichen der Partei. Die Piraten sind die Gewinner der Landtagswahl. Vor drei Jahren entschieden sich noch knapp neununzwanzigtausend Wähler für die orange Partei, gestern waren es immerhin knapp einhundertneuntausend. Wahlsieger. Eindeutig. Die absoluten Zahlen des amtlichen Endergebnisses machen so bestechend klar, was ansonsten hinter Prozentzahlen, Anteilsberechnungen und semantischen Kunststückchen von Journalisten und Politikern verschwinden soll: Schwarz-Gelb und Rot haben die Wahl verloren, haben ihre Wähler verloren. CDU und FDP erhielten vom Wähler die gelbe, die Linke gar die rote Karte. Piraten, Grüne, SPD und der SSW sind die Wahlsieger. Weil sie, wie die Piraten hinzugewonnen haben, weil sie, wie die anderen Parteien, ihre Verluste in absoluten Stimmen in engeren Grenzen halten konnten. Der Rest ist rhetorische Gesundbeterei, Logorrhoe, also Sprechdurchfall.

Wahlsieger

Sie haben wieder Hochkonjunktur, die Wahlrabulistiker. Wir haben gewonnen, die anderen haben verloren. Unisono klingt es aus allen Ecken des Landes. Unabhängig von den konkreten Zahlen, unabhängig davon, was die Wähler den Parteien und Politikern wirklich aufgegeben haben. Die CDU ist aus dem Ministerpräsidentensessel gewählt worden, in den sie nur mit einer verfassungswidrigen Interpretation des letzten Wahlergebnisses gekommen war. Aber: Sie hat die Wahl natürlich gewonnen, weil sie vermutlich ein paar Stimmen mehr als die SPD erhalten hat. Fast ehrlich die FDP. Sie hat schon gewonnen, weil sie überhaupt wieder in den Landtag darf. Macht man hingegen, was man traditionellerweise macht an Wahlabenden, nämlich das aktuelle am letzten Ergebnis zu messen, dann hat die CDU die Wahl verloren, nicht nur den Ministerpräsidentensessel. Sie wird vermutlich auch nicht in die Landesregierung zurückkehren können. Wenn das ein Wahlsieg ist, dann ist das Land Schleswig-Holstein nicht nur flach, sondern die Erde eine Scheibe. Die FDP hat die Hälfte ihrer Wähler verloren. Aber die Wahl hat sie, natürlich, gewonnen. Sie darf nicht mehr in der Landesregierung mitspielen. Aber sie hat die Wahl gewonnen. Die Linke hat dagegen die Wahl verloren und macht daraus auch keinen Hehl. Wohltuend. Wirklich gewonnen haben dagegen die Piraten. Sie ziehen in den Landtag ein und nehmen allen anderen Parteien Stimmen weg. Wirklich gewonnen haben die Grünen mit einem fulminanten Stimmenergebnis, gegen den medialen Veröffentlichungstrend, der die Grünen seit Wochen nach unten schreibt. Und gewonnen hat auch die SPD. Nicht so viel, wie sie sich gewünscht hatte. Aber gemessen am letzten Landtagswahlergebnis steht ein Pluszeichen vor ihrem Ergebnis. Und verloren haben alle. die Parteien, das Land, die politische Kultur: Die Wahlbeteiligung von etwa siebenundfünfzig Prozent zeugt davon, daß der Trend der Entfremdung von Politik und Politikern nicht gebrochen werden konnte, Piraten hin, Piraten her.

Manipulation

Wochenpost, die freundliche Verbraucherzeitung. So nennt sich ein Gratisblatt, das uns allwöchentlich unverlangt die Briefkästen verstopft. Ein Anzeigenfriedhof, in der Regel gepaart mit ein paar Belanglosigkeiten, die in fadenscheinigen journalistischen Kleidchen daherkommen. Ich will mich aber nicht wirklich über die journalistische Qualität dieses Blättchens oder einzelner Artikel auslassen. Obwohl das sicher auch mal reizvoll wäre. Nein. Es geht um die Landtagswahl. “NRW wählt – Vier Landtagskandidaten antworten in der WOCHENPOST.” So zu lesen auf der Titelseite der gedruckten wie der Onlineausgabe. Die vier Landtagskandidaten sind nicht die örtlichen Kandidaten, nein, es ist das Spitzenpersonal der politischen Parteien in Nordrhein-Westfalen: Hannelore Kraft, Sylvia Löhrmann, Norbert Röttgen und Christian Lindner. Vier Kandidaten? Für vier Parteien, SPD, Grüne, CDU und FDP. Aber: Sind/waren da nicht fünf Parteien im Düsseldorfer Landtag? Richtig. Die freundliche Verbraucherzeitung unterschlägt ihren Lesern mal eben die Partei “Die Linke”. Warum wohl? Will die Redaktion des Verbraucherblattes verhindern, daß sich die Leser ihr eigenes Urteil über die Linken machen? So eine Art Vorzensur, das braucht Ihr wirklich nicht zu lesen? Die Redaktion mag ja mit dem politischen Kurs der Linken nicht einverstanden sein, das kann vorkommen. Aber rechtfertigt das eine derartige Auswahl? Natürlich nicht. Gut. Wir haben also vier von fünf Kandidaten, die die Morgenpost zur Lektüre freigibt. Aber: War da nicht noch etwas? Ist da nicht noch eine Partei? Eine, der seit Wochen alle Auguren, alle Umfragen attestieren, daß sie in den Landtag einziehen werde?  Richtig. Die Piraten. Die scheinen dem unfreundlichen Verbraucherblatt ebenfalls nicht in den Kram zu passen. Vier Kandidaten, das heißt vier Parteien werden vorgestellt. Zwei werden verschwiegen. Das nenne ich dreiste Manipulation. Welche Kriterien hat die Redaktion angelegt? Die letzte Wahl? Nein. Die Redaktion ignoriert den Wählerwillen. Denn die Wähler haben die Linke ja ins Parlament entsendet. Das Kriterium der Aussichten bei der diesjährigen Wahl? Nein. Dann hätten die Piraten auf jeden Fall vorgestellt werden müssen. Und womöglich die FDP nicht. Redaktion, Kriterien, journalistische Auswahl – ich fürchte, alle drei Begriffe lassen sich nicht heranziehen. Es gibt keine Redaktion. Es gibt keine Kriterien für die Auswahl. Es gibt keine journalistische Auswahl. Es ist und bleibt: Manipulation. “Uns passen zwei von sechs Parteien nicht. Und deshalb stellen wir sie auch nicht vor.” Den Mut zur Wahrheit hat das Verbraucherblatt nicht. Das Verbraucherblatt ist nur ein Blatt. Eines, das seine Leser nicht ernst nimmt, sie für dumm verkauft. Ein Anzeigenblatt. Ein Blatt nicht für Leser. Eher für die  blaue Tonne.

Doppelstrategie

Wolfgang Kubicki, Spitzenmann der FDP in Schleswig-Holstein, gestern auf dem FDP-Parteitag in Karlsruhe: “Wir wollen einen starken Staat.” Phillip Rösler, Vorsitzender der FDP, auf dem gleichen Parteitag, nur ein paar Minuten später: “Wir wollen keinen starken Staat.” Doppelstrategie, aus Angst geboren: Für jeden etwas.

Blau, Ring, Vertrauen – FDP weit vorne

“Mit das Beste, was von der FDP in Sachen Plakatgestaltung in letzter Zeit produziert wurde.” Zu diesem Fazit kommt Achim Schaffrinna im Designtagebuch nach seiner Analyse der ganz auf den Hoffnungsträger Christian Lindner ausgerichteten Wahlplakate zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. “Nie waren FDP-Plakate weniger gelb! Zwar verfügt Gelb aus farbpsychologischer Sicht über zumeist positive Attribute, so steht es grundsätzlich für Kreativität, Wärme und Lebendigkeit, das FDP-Gelb entspricht jedoch eher einem Zitronengelb und wirkt vor allem großflächig zum Teil sehr schrill.” Schrille Töne, so Schaffrina weiter, seien aber nicht das, was Lindner und die FDP nun brauchen. Gemeint sind die Plakatfarben, nicht die Tonfarben der Reden. “Gezielt kommen in der Gestaltung Blautöne zum Einsatz, wo wir erneut beim Thema Vertrauen sind, denn wir alle wissen, dass blaue Farben vertrauensstiftend sind. Himmelblau und Türkis verleihen den Fotos zusätzlich eine gewisse Frische.” Interessant auch, wie selbst kleinste Details für die Popularisierung eingesetzt werden. “Bedeutungsvoll und ausdrucksstark gestikuliert Lindner dabei mit den Händen. (…) Immer wieder auch schön bei derlei Fingerübungen zu sehen, wie der Ehering, als Symbol der Verbundenheit, der Treue und des Vertrauens, ins rechte Licht gerückt wird. Kein Jahr am Finger und schon der erste große Auftritt.” Der blau-gelbe Magier, eher der blaue Magier mit Ring und Fingerübungen hat der FDP jedenfalls den ersten Sieg Im Landtagswahlkampf beschert, den Sieg im Desingwettbewerb. Design oder nicht sein, das bleibt indes die Frage.

Kompetenz

Auf die Tagesschaufrage: Wer wählt die FDP eigentlich noch? antwortet der Wahlforscher Richard Hilmer von Infratest: “Das ist nicht mehr so ganz ohne Weiteres festzustellen, wenn eine Partei bei drei Prozent liegt. Die FDP ist nicht mal mehr bei den Selbstständigen zweistellig, weil ihr die wirtschaftspolitische und steuerpolitische Kompetenz abgesprochen wird. Wenn die FDP diese Gruppen nicht mehr erreicht, hat sie woanders kaum Chancen.”

Schon wieder: Liberale Ex-Doktorin

Frau Prof. Dr. Margarita Mathiopoulos, so heißt es immer noch auf der Seite der außen- und sicherheitspolitischen Beraterin der FDP. Obwohl doch die Uni Bonn der umtriebigen Multiberaterin und Mehrfachunternehmerin den Doktortitel aberkannt hat, weil deren Doktorarbeit vor Plagiaten nur so strotzte. Was ist nun mit den verschieden Professuren, die sich die Dame mit der erschlichenen Doktorwürde ergattert hat? Bleiben die? Der FDP gehen so nach und nach die Doktoren aus, jene akademischen “Leistungsträger”, die die FDP nicht oft genug ins politische Rampenlicht stellen konnte, so lange der Betrug nicht offenkundig war. Wahlkampf hin, Wahlkampf her: Kein Wort bislang von der Parteispitze der FDP zu den dreisten Versuchen blau-gelber Polit-Prominenz, sich die Doktorentitel zu erschwindeln. Kein Ton aus den Mündern der Röslers oder Lindners, der Brüderles oder Niebels. Unwählbar diese Partei, die öffentlich bürgerliche Tugendenden, Fleiß, Leistungsbereitschaft, Ehrlichkeit, propagiert, deren höchstrangige Vertreter indes erschwindeln, erschleichen, was andere sich mit Lebenskraft, Zeit und Energie hart erarbeiten, die betrügen, geistiges Eigentum kapern. Die FDP ist die Partei des Piratentums, der Urheberrechtsverletzung, unbürgerlich bis ins Mark. Schlips, gegeltes Haar oder adrette Röckchen machen noch keinen Rechtsverletzer, keine Rechtsverletzerin zum oder zur Bürgerlichen. Dagegen hält die ach so unbürgerlich daherkommende Partei der Piraten die bürgerlichen Tugenden mehr in Acht als die einst liberale Partei.