Monat: Juni 2010

Mut zur Wahrheit

“Mut zur Wahrheit”. So der Titel eines Buches von Utz Claassen. Untertitel: “Wie wir Deutschland sanieren können.” “Wir leben als Gesellschaft schon seit langem über unsere Verhältnisse”, heißt es im Klappentext. “Jeder Euro für vermeidbare Transferleistungen fehlt für Investitionen in die Zukunft. Auf Dauer produziert man damit mehr Ungleichheit, nicht weniger. Der ganze Umverteilungsapparat verschlingt Unmengen an Geld. Im Grunde genommen sollten sehr wohl Versorgungsbedürftige, nicht jedoch alle Versorgungsfähigen vom Staat Geld bekommen. Dann könnten wir mehr für Forschung, Ausbildung und Entwicklung ausgeben”, sagt er erläuternd in einem Interview und prophezeit: “Wir werden unseren Lebensstandard so kaum halten: mit den höchsten Löhnen, den kürzesten Arbeitszeiten, den längsten Ferien und einer der niedrigsten Geburtenraten.” [Der Tagesspiegel vom 21.03.2007] Utz Claassen ist Experte, für vieles, eigentlich für alles. Vor allem aber Experte fürs eigene Wohlergehen. Nach seiner Karriere beim Energieversorger EnBW – dort hat er ein Millionensalär bezogen und eine Millionenabfindung – heuerte er im Januar  bei Solar Millenium an. Für: 40 Tage Urlaub pro Jahr, 100 000 Euro Salär pro Monat, zwölf Monate Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – und eine Antrittsprämie in Höhe von neun Millionen Euro. 40 Tage Urlaub, zwölf Monate Lohnfortzahlung – Angestellte mit solchen Forderungen hätte Claassen wohl sofort die Tür gewiesen. Nach nur 74 Tagen aber hat Claassen seinen Job geschmissen. Die Antrittsprämie aber will er behalten. Der Dauergast in den TV-Talkrunden predigt ständig öffentlich Wasser und trinkt heimlich besten Wein. Utz Claassen kann bestenfalls als Experte für die eigenen Arbeitsverträge gelten, für Fragen des öffentlichen Wohlergehens, des Gemeinwohls, sozialer Gerechtigkeit, Moral und Arbeitsethik ist und bleibt er disqualifiziert. Die Utz Claassens sind es, die unsere Gesellschaft vergiften.

Die ausgezehrte Republik

Die ausgezehrte Republik, so hat Michael Schöfer seinen Artikel zum kommenden Bundespräsidenten überschrieben.

Was wird passieren? Es ist leider vorhersehbar: Der künftige Präsident wird – wie bisher – ein paar belanglose Reden halten, etliche Gesetze unterzeichnen, darunter vielleicht sogar einige verfassungswidrige, und bereitwillig Bundesminister ernennen oder entlassen, wenn ihm die Kanzlerin den Wink dazu gibt. Wenig Spektakuläres also, es wird sich folglich gar nichts ändern. Vielleicht ist genau das unser Problem. Und nicht, wer demnächst Deutschland repräsentiert. Wie ausgezehrt das politische Personal der Republik ist, hat doch die Kandidatenfrage zur Genüge gezeigt. Dass der extrem blasse Christian Wulff überhaupt Bundespräsident werden kann, ist bezeichnend. Ein Land, in dem Ursula von der Leyen, Annette Schavan oder Jürgen Rüttgers in die engere Wahl gezogen werden, hat offensichtlich ein Problem, und zwar ein personelles. (…) Die auf Stromlinienförmigkeit gebürsteten Parteien setzen lieber aufs langweilige Mittelmaß, das ist wenigstens berechenbar. Insofern haben sie mit Wulff, der sorgsam sein Image des netten Jungen von nebenan pflegt, haargenau ins Schwarze getroffen. Dem farblosen Köhler folgt ein ebenso farbloser Wulff. (…) Christian Wulff passt zur Regierungskoalition, deren Repräsentanten fast durchweg äußerst farblos sind. Der Fisch stinkt vom Kopfe her: Bei der Kanzlerin weiß man nicht, was sie wirklich will (außer an der Macht bleiben). Westerwelle hat zwar zu allem etwas zu sagen, bleibt aber immer erkennbar an der Oberfläche. Mangelnden Tiefgang kompensiert er durch Aggressivität. Und der bayerische Ministerpräsident ist selbst bei CSU-Anhängern umstritten. Markante Köpfe muss man mit der Lupe suchen, entsprechend ist die geistige Verfassung des Landes: Die Republik wirkt ausgezehrt. Darüber hat man in der Presse allerdings wenig gelesen. Schade, abermals eine Chance vertan.

Dem ist nun wirklich nichts mehr hinzuzufügen.

Ein Präsident ohne Eigenschaften

Und jetzt? Christian Wulff. Der nette Herr Wulff, der idelle Gesamtschwiegersohn. Der soll Bundespräsident werden, wenn es nach Frau Merkel geht. Der konservative Publizist Michael Spreng schreibt in seinem Blog über den Nominierten: “Immer freundlich, immer ein gewinnendes Lächeln auf den Lippen, norddeutsch-liberal, die personifizierte Verläßlichkeit, ein guter Taktiker, ein Mechaniker der Macht, eine attraktive First Lady an seiner Seite. Sicher ein ordentlicher Bundespräsident. Aber reicht ordentlich? Christian Wullf ist ein Mann ohne besondere Eigenschaften. Mit ihm verbindet sich kein politisches Projekt, keine Vision, kein Plan, kein intellektueller Wurf trägt seinen Namen. Große Reden – Fehlanzeige. Seinen letzten Wahlkampf hat er frei von Aussagen bestritten. Die Deutschen können also beruhigt sein: von ihm sind keine anstrengenden geistigen Herausforderungen zu erwarten. Reicht das in der Krise?” Natürlich nicht. Es war ja auch keine Entscheidung für das Land in einer Krise, sondern eine für den Merkelschen Machterhalt. Der letzte chancenreiche Rivale ist damit weg von der politischen Bühne und darf fürderhin als Staatsnotar Gesetze unterzeichnen, Orden verleihen, Kinder herzen, das Ausland besuchen – und sich nicht einmischen. Wir alle hätten weiß Gott einen besseren Kandidaten verdient. Vor 34 Jahren hat Franz-Josef Strauß an der CDU kritisiert, sie bestehe aus lauter “politischen Pygmäen”. Tja.

Fronleichnam und das Fahrrad

Fronleichnam ist heute, samt seiner Prozessionen. Die Fronleichnamsprozession ist eine „fromme Übung“, deren Sinn vom Bild des „wandernden Gottesvolks“ ausgeht, in dessen Mitte sich Jesus Christus befindet. Kaum jemand käme auf die Idee, die Fronleichnamsprozession mit dem Fahrrad zu begehen. Dabei wäre dafür heute der richtige Anlaß, begehen wir doch seit 1998 am dritten Juni auch den Europäischen Tag des Fahrrades. Von Attac eingeführt soll er darauf hinweisen, daß das Fahrrad das umweltfreundlichste und gesündeste Fortbewegungsmittel darstellt. Gesundheit und Glauben hieße also Prozession auf dem Rad.

Leyen-Spiel

Offenbar nimmt das Leyen-Spiel seinen Lauf. Leider. Die Super-Mutti von sieben Kindern, Ursula von der Leyen, soll befördert werden, zur Landesmutter von achtzig Millionen. “Röschens” (so heißt sie im Familienkreis)  gefrorenes Lächeln in allen Amtsstuben. Oh Gott! Was kann man dem Land nicht noch alles antun? Reichen die vorhandenen Krisen nicht aus? Merkel, Seehofer und Westerwelle scheinen wirklich schmerzfrei zu sein.

Internationaler Hurentag

Am 2. Juni 1975 besetzten mehr als hundert Prostituierte die Kirche Saint-Nizier in Lyon in Frankreich. Sie wollten auf ihre schlechte Situation hinzuweisen. Man forderte die gleichen Selbstverständlichkeiten, wie andere Berufsstände sie schon lange genießen: Krankenversicherung, Rente und alles, was ein Schweißer oder eine Krankenschwester auch erwarten kann. Die Folge: Unruhen im ganzen Land. Seit diesem Tag wird alljährlich am zweiten Juni der internationale Hurentag begangen. Denn: Die Damen des vielzitierten “ältesten Gewerbes der Welt” haben auch heute noch ihre Rechte nicht umfassend durchgesetzt.

“… verzichtet der Vermieter auf Mieter aus unteren sozialen Schichten…”

Das Neubauhaus (BJ 1994) liegt an der Tischbeinstrasse 12a. Zugang erfolgt über die Tischbeinstrasse von vorne oder von hinten über den Philosophenweg. Das Nachbarhaus nach hinten ist auch im Besitz des gleichen Besitzers. Das Haus ist ruhig, daher wäre es auch sinnig, wenn die Nachmieter nicht all zu laut wären. Die Mieterstruktur ist im oberen Bereich zu bewerten, daher verzichtet der Vermieter auf Mieter aus unteren Sozialen Schichten. Das Wohnhaus verfügt über eine Tiefgarage, wo aktuell noch ein stellplatz angemietet werden kann.  (…) Das Nachbarhaus im Philosophenweg gehört dem gleichen Besitzer und der zwischenliegede Garten kann von den Mietern zum trocken oder grillen etc. genutzt werden. Nahversorgung ist sehr gut. Penny Markt ca. 300m, Getränkemarkt 10 Meter über die Strasse, Edeka ca. 600 Meter. Nahverkehr über die Frankfurter Strasse in ca. 100 Meter Entfernung zum Haus, Bus und Bahn. Das Haus ist Neubau von 1994 mit moderner Einrichtung.  (…) (Aus einer Anzeige in Immowelt.de)

Beeindruckend, nicht wahr, wie jemand offenbar “Besseres” sich von der sozialen Unterschicht distanziert, aber selbst mit deutscher Grammatik, Orthographie und angemessenem Sprachniveau auf Kriegsfuß zu stehen scheint. Der Dünkel der “Leistungselite”.

Weltmilchtag

Heute ist der Weltmilchtag. Dieser Internationale Tag der Milch wurde von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und dem Internationalen Milchwirtschaftsverband (IDF) 1958 ins Leben gerufen und wird in über 30 Ländern veranstaltet. Die Bundesmilchministerin Ilse Aigner wirbt für Milch und Milchprodukte. Sie gehörten zum gesunden Leben und prägten Kulturräume. Was immer sie damit meinen mag.