Monat: April 2012

Neue Zehn Gebote

Der Freitag hat die zehn neuen Gebote veröffentlicht, die der große britische Essayist und Atheist Christopher Hitchens wenige Jahre vor seinem Tod nach einer Betrachtung der alten Gebote aufgestellt hat:

1. Veurteile Menschen nie aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe

2. Betrachte Menschen nie als dein Eigentum

3. Verachte jene, die in sexuellen Beziehungen Gewalt anwenden oder mit Gewalt drohen

4. Bedecke dein Gesicht und weine, wenn du es wagst, einem Kind Leid zuzufügen

5. Verurteile Menschen nicht aufgrund ihrer angeborenen Natur – warum sollte Gott so viele Homo­sexuelle erschaffen, bloß um sie anschließend leiden zu lassen?

6. Wisse, dass auch du ein Tier bist und damit abhängig von der Natur – denke und verhalte dich entsprechend

7. Glaube nicht, du könntest einem Urteil entgehen, bloß weil du Leute mit falschen Versprechen statt mit einem Messer bedrohst

8. Schalte das verdammte Mobiltelefon aus — du ahnst nicht, wie unwichtig dein Anruf für uns ist

9. Verurteile alle Fundamentalisten und Kreuzritter, denn sie sind kriminelle Psychopathen mit hässlichen Wahnvorstellungen

10. Sei bereit, jeden Gott und jede Religion zu verleugnen, dessen Gebote den obigen widersprechen

 

Bartschatten

Wenn ich diesen schmalen Mann mit dem unsicheren Blick und dem dunklen Bartschatten sehe, möchte ich ihn immer in den Arm nehmen, ganz doll knuddeln und einfach nur trösten. Die ganze jämmerliche Gestalt schreit nach Mitleid. Philip Rösler ist eine personifizierte, nie erfolgte Einladung zum Kindergeburtstag. Ein Häuflein Elend, auf dessen Stirn geschrieben steht: „Was soll ich hier? Und wo, verdammt noch mal, ist der Ausgang?“ Das alles wäre ja nur halb so schlimm, wenn es da einen gäbe, der den kleinen Phillip an die Hand nimmt, der ihm sagt: „Komm, lass gut sein“ und ihm einen Lolli schenkt. Aber da ist keiner. Sein hilflos durch die Welt torkelnder Verein, die FDP, ist mittlerweile eine depressive Therapiegruppe ohne Aufgabe, mit Bunkermentalität und nur einem einzigen Punkt im Parteiprogramm: Angst. Angst vor der nächsten Umfrage, Angst vor den Menschen da draußen. Und ganz, ganz große Angst vor dieser bösen, dicken Frau, deren Hosenanzug „Kanzleramt“ heißt. (…) Und er hat seine Chance genutzt, eine sichere Karriere als beliebter Arzt in Hannover umzuwandeln in eine Scherbenhaufenkarriere als farblosester Parteivorsitzender des sich als liberal begreifenden Jammerlappenvereins namens ‚Du-weißt-schon-wer’, dessen herausragendste Eigenschaft es ist, noch weniger potentielle Wähler zu haben als die NPD. Und neidisch ist er, neidisch auf diese andere Partei ohne Konzept, aber mit Wählern: Die Piraten. Nun sitzt Rösler da, macht ab und zu mal „Hallo, ich bin auch noch hier!“, um überhaupt mal wahrgenommen zu werden, und guckt ansonsten seinen Fingernägeln beim Wachsen zu. Weil das das einzige ist, was in der FDP noch über Wachstum verfügt. Abgesehen von Rainer Brüderles Leberwerten. Doch was seine Konzeptlosigkeit, seine Unsicherheit und den traurigen Bartschatten angeht, passt Philip Rösler ja doch vielleicht ganz gut zu seiner Partei. Insofern wünsche ich ihm alles Gute für die letzten paar Wochen FDP. Und einen geordneten Untergang. Und eine sinnvolle neue Tätigkeit als Landarzt in Niedersachsen. Selbst so einen wie ihn könnte man dort gut gebrauchen.

(Auszüge aus einem Kommentar von Nils Heinrich heute auf WDR5)

Der blonde Retter

Neunundneunzigkommaacht Prozent. Donnerlittchen. Mit einem SED-Ergebnis hat die FDP in NRW ihren Heilsbringer zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl erkoren. Und man wird gewiß noch herausbekommen, wer für die eine Gegenstimme verantwortlich ist. Dieses Ergebnis ist nicht Ausdruck von Stärke, sondern zeigt, wie sehr Angst die Liberalen befallen hat angesichts der Umfrageergebnisse. Alle Hoffnungen lasten auf den schmalen Schultern des “blonden Retters”, wie der Freitag schrieb. “Er ist der Strohhalm, an den die zersauste Partei sich klammert.”

Vodoo-FC

Mein führungsloser Verein ohne Präsident, ohne zwei Vizepräsidenten, ohne sportliche Leitung taumelt der zweiten Liga entgegen – und niemand ist in Sicht, der ein probates Rezept gegen den Niedergang hätte. Vor Wochen hat man den einzigen Fachmann entlassen, um den Trainer zu stärken. Jetzt ist niemand mehr im Amt, den man noch entlassen könnte, um ein Zeichen zu setzen. “Nicht der Trainer ist das Problem”, sagte Geschäftsführer Claus Horstmann laut einer Pressemeldung des 1.FC köln. Nicht das einzige Problem, müßte es stattdessen heißen. Die Mannschaft ist das Problem, zusammengewürfelt, demotiviert, in Grüppchen und Häufchen zerfallen, mit einem Prinzen geschmückt, der Mannschaft und Verein vermutlich nicht mehr wirklich gut tut. Die Vereinsführungen sind und waren das Problem. Seit Franz Kremer hat es vermutlich keine Leitung in diesem Verein mehr gegeben, die sich der Mühe unterzogen hat, ein längerfristiges sportliches und finanzielles Konzept zu entwickeln. Kölsche Eitelkeiten statt seriöser Entwicklungsarbeit. Klüngel statt Teamwork der Besten. Dutzendweise sind die Vereine am FC vorbeigezogen, die sich entwickelt haben, einem sportlichen Konzept folgen, Talentförderung auf ihre Fahnen geschrieben haben, während im Schatten des Doms immer noch bierselig der Nimbus der Tradition besungen wird. Claus Horstmann beschwört stattdessen die „drastischen Maßnahmen in der Mannschaft und in der Trainingsvorbereitung für das Spiel gegen Bremen. Von der Mannschaft erwarten wir den unbedingten Willen, sich mit aller Kraft und Leidenschaft gegen das weitere Abrutschen in den Keller der Liga zu stemmen.” Gut gebrüllt, Löwe Horstmann. Aber das ist leider nur Voodoo. Beschwörungsvoodoo. Im Voodootaumel auch Dr. Werner Wolf, Vorsitzender des Verwaltungsrats: „Wir sind der Überzeugung, dass die sportliche Trendwende mit Stale Solbakken als Trainer möglich ist. Er hat das volle Vertrauen der Verantwortlichen, die vereinbarten Veränderungen umzusetzen.” Eine Trendwende mit einer komplett verunsicherten Mannschaft, einem angeschlagenen Trainer und einem Restprogramm, das es in sich hat. Nun denn. Ich werde mir den FC in der kommenden Saison nicht montags abends ansehen, gegen den FSV Frankfurt oder den SC Chemnitz.