Je näher der Landtagswahltermin in Nordrhein-Westfalen rückt, desto mehr scheint FDP-Spitzenmann Christian Lindner die noch vor kurzem noch in Stahl gegossenen Positionen eines Gerhard Papke aufzuweichen und zu räumen. “In NRW gibt es eine sozialliberale Tradition.” Damit räumt der jüngste Mann der FDP den betonköpfigen Hardliner der FDP elegant beiseite. Die Sorge um die Parlamentssessel macht halt vieles möglich. Man muß nur über die intellektuelle Gelenkigkeit und Flexibilität eines Christian Lindner verfügen. Das Ergebnis hätte die FDP aber bereits vor vielen Monaten erreichen können. Der seinerzeitige Vorsitzende der FDP im Land, Andreas Pinkwart, wollte diese Konstellation, die Ampel, scheiterte aber am Fraktionsvorsitzenden Papke auf der ganzen Linie. Daß die Führung der FDP jeden Schwenk, jede neue Richtung von Christian Lindner klaglos mitvollzieht, kann man verstehen. Es geht ja um einiges. Ums Auskommen, um Macht. Und wenn überhaupt, kann die nur vom Hoffnungsträger Lindner noch garantiert werden.
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Das System und die Abweichler
“Wenn alle reden, die eine von der Fraktion abweichende Meinung haben, dann bricht das System zusammen.” Mit diesen Worten zitiert Spiegel Online den Fraktionsvorsitzenden der CDU im Deutschen Bundestag. Und flugs soll mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP das Rederecht von abweichenden Abgeordneten eingeschränkt werden. Und da wundert sich wirklich noch jemand über den Höhenflug der Piraten?
Verpackungskünstler
Wolfgang Kubicki, Spitzenmann der FDP in Schleswig-Holstein, beklagt in seiner Wahlkämpfernot, das es wegen “unterirdischer” Kommunikation der Partei gelungen sei, die FDP als “kaltherzig, neoliberal, nicht-mitfühlend darzustellen”. “Dazu haben wir auch einige Gelegenheiten geboten.” Ja, was nun? Der Vorwurf ist also berechtigt? Schön. Gemeinsam mit der Lichtgestalt Christian Lindner will Kubicki nun dafür sorgen, daß “man die FDP neu denken muss”. Auch schön. Aber: “Neu denken bedeutet nicht, den Kurs zu ändern. Aber wir müssen den Menschen unser Programm so erklären, dass sie es verstehen können.” Wie nun? Den Kurs doch nicht ändern? Den alten Kurs beibehalten und nur besser erklären? Den Kurs, den Wolfgang Kubicki zuvor als falsch bewertet hat? Wahlkampf ist die Stunde der Verpackungskünstler. Neu denken, Inhalte überdenken, papperlapapp. Es geht darum, den Wählern etwas schmackhafter zu machen, was bislang verschmäht wird. Eine Mogelpackung wird aufgehübscht. Mehr nicht und nicht weniger. Oder Logorrhoe. Sprechdurchfall.
Anschlußverwendung
Wachstum
“Die FDP hat sich zu lange auf das Thema Steuersenkung reduziert.” Ach was. Diese Erkenntnis haben jene schon lange, die nicht Mitglied der FDP sind. Aber jetzt scheint sie gar bis zum Vorsitzenden durchgedrungen zu sein. Die Angst muß groß sein in der einst liberalen Partei, wenn die Süddeutsche Online den FDP-Vorsitzenden Phillip Rösler mit diesem für fast alle Beobachter trivialen Satz zitiert. “Den Liberalismus auf die Formel ‘mehr Netto vom Brutto’ zu verkürzen, das ist zu wenig.” Auch dessen waren sich die Menschen außerhalb der FDP schon längst sicher. Sollen wir nun alle begeistert und befreit aufatmen, weil die Erkenntnis auch blau-gelbe Funktionäre erreicht? Nein. Es handelt sich ja nicht um Einsicht. Es ist schiere Angst, angesicht der Einskommazweiprozentergebnisse, die die einst liberale Partei derzeit bei Wahlen einfährt. Angst der Funktions- und Mandatsträger davor, wie es denn weitergehen soll, politisch und persönlich. Was gestern noch wie ein blau-gelbes Mantra sämtliche Reden der FDP-Granden schmückte, ist heute eine Verengung oder gar ganz falsch. Die windschnittigen FDP-Wirtschaftskenner liegen meilenweit oder Jahre hinter den Erkenntnissen normaler Menschen mit normalen Frisuren (Ich nehme meine Frisur ausdrücklich aus.) und ohne BWL-Studium. Nochmal Rösler: “Sie sind in einer Partei groß geworden, die in der Außendarstellung auf ein Thema gesetzt hat.” Das werde der Grundidee der Freiheit nicht gerecht. Jetzt komme es darauf an, den Liberalismus in seiner ganzen Breite zu entfalten und dazu diene das Thema Wachstum. Wirtschaftswachstum soll das liberale Nagativwachstum stoppen. Hihi. Die FDP wurde der Grundidee der Freiheit nicht gerecht. Ich hab’s mir doch gedacht. Muhahaha.
Bartschatten
Wenn ich diesen schmalen Mann mit dem unsicheren Blick und dem dunklen Bartschatten sehe, möchte ich ihn immer in den Arm nehmen, ganz doll knuddeln und einfach nur trösten. Die ganze jämmerliche Gestalt schreit nach Mitleid. Philip Rösler ist eine personifizierte, nie erfolgte Einladung zum Kindergeburtstag. Ein Häuflein Elend, auf dessen Stirn geschrieben steht: „Was soll ich hier? Und wo, verdammt noch mal, ist der Ausgang?“ Das alles wäre ja nur halb so schlimm, wenn es da einen gäbe, der den kleinen Phillip an die Hand nimmt, der ihm sagt: „Komm, lass gut sein“ und ihm einen Lolli schenkt. Aber da ist keiner. Sein hilflos durch die Welt torkelnder Verein, die FDP, ist mittlerweile eine depressive Therapiegruppe ohne Aufgabe, mit Bunkermentalität und nur einem einzigen Punkt im Parteiprogramm: Angst. Angst vor der nächsten Umfrage, Angst vor den Menschen da draußen. Und ganz, ganz große Angst vor dieser bösen, dicken Frau, deren Hosenanzug „Kanzleramt“ heißt. (…) Und er hat seine Chance genutzt, eine sichere Karriere als beliebter Arzt in Hannover umzuwandeln in eine Scherbenhaufenkarriere als farblosester Parteivorsitzender des sich als liberal begreifenden Jammerlappenvereins namens ‚Du-weißt-schon-wer’, dessen herausragendste Eigenschaft es ist, noch weniger potentielle Wähler zu haben als die NPD. Und neidisch ist er, neidisch auf diese andere Partei ohne Konzept, aber mit Wählern: Die Piraten. Nun sitzt Rösler da, macht ab und zu mal „Hallo, ich bin auch noch hier!“, um überhaupt mal wahrgenommen zu werden, und guckt ansonsten seinen Fingernägeln beim Wachsen zu. Weil das das einzige ist, was in der FDP noch über Wachstum verfügt. Abgesehen von Rainer Brüderles Leberwerten. Doch was seine Konzeptlosigkeit, seine Unsicherheit und den traurigen Bartschatten angeht, passt Philip Rösler ja doch vielleicht ganz gut zu seiner Partei. Insofern wünsche ich ihm alles Gute für die letzten paar Wochen FDP. Und einen geordneten Untergang. Und eine sinnvolle neue Tätigkeit als Landarzt in Niedersachsen. Selbst so einen wie ihn könnte man dort gut gebrauchen.
(Auszüge aus einem Kommentar von Nils Heinrich heute auf WDR5)
Der blonde Retter
Neunundneunzigkommaacht Prozent. Donnerlittchen. Mit einem SED-Ergebnis hat die FDP in NRW ihren Heilsbringer zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl erkoren. Und man wird gewiß noch herausbekommen, wer für die eine Gegenstimme verantwortlich ist. Dieses Ergebnis ist nicht Ausdruck von Stärke, sondern zeigt, wie sehr Angst die Liberalen befallen hat angesichts der Umfrageergebnisse. Alle Hoffnungen lasten auf den schmalen Schultern des “blonden Retters”, wie der Freitag schrieb. “Er ist der Strohhalm, an den die zersauste Partei sich klammert.”
Empathie, die Dritte
“Auf Bundesebene kommuniziert meine Partei die soziale Komponente momentan suboptimal, zu abstrakt, ohne den Menschen anhand konkreter Beispiele begreifbar zu machen, was es bedeutet, sich frei entscheiden zu können.” Wolfgang Kubicki, FDP-Chef in Schleswig-Holstein in Spiegel Online.
Niemandsland
Heute ist der erste April. Und genau heute vor einem Jahr hat die FDP in den Umfragen der Forschungsgruppe Wahlen zum letzten mal ein Ergebnis erzielt, mit dem sie auch in den Bundestag gekommen wäre. Seither dümpelt diese Partei im Umfragenniemandsland herum. Seit einem Jahr. Kein Aprilscherz. Mit der FDP macht man keine Scherze.