Henning Rehse heißt er, der Chef der WNKUWG. Wenn nicht Chef, dann allemal ihr Lautsprecher, Dröhner, Wadenbeißer. Kaum eine Woche geht ins Land, in der er nicht Radfahrer auf der Telegrafenstraße geißelt, wildwachsendes Grünzeug als Torpedo gegen die Verwaltung zu nutzen sucht, ein besseres Stadtmarketing seitens der Verwaltung einfordert und dabei sein Konzept als das einzig Löbliche darstellt, die baldige Rathausfassadenrestauration als Erfolg nur seiner Fraktion wertet, dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub mit einem langen Instanzenweg durch die deutsche Gerichtsbarkeit droht oder wildes Plakatieren an städtischen Laternenpfählen als Versäumnis der Verwaltung schurigelt. Henning Rehse macht Druck auf den Bürgermeister. Laut, polternd, mit Schreien und wilden Gesten auf sich aufmerksam machend bewegt er sich durch die Gefilde der Kommunalpolitik und läßt kaum ein Thema aus. Es läuft, glaubt man dem Laut-Sprecher der CDU-Abspaltung, nicht gut in Wermelskirchen, mehr noch: nichts läuft gut in Wermelskirchen. Was ist bloß los mit Henning Rehse? Das Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom mit Hyperaktivität, ADSH? Das ließe sich ja noch mit Ritalin behandeln. Kann Henning Rehse die im Urlaub gesammelten Kräfte nicht anders kanalisieren als über wildes Gewese? Oder hat das Bürgermeisterbündnis mit dem schönen Namen Regenbogen einen Knacks bekommen? Dafür spräche durchaus einiges. Denn immer häufiger bandeln die illegitimen Blagen, Bürgerforum (Büfo) und WNKUWG, mit der einst verstoßenen Mutter, der CDU, an. Wenn’s etwa ums Wohl der Autofahrer geht, schubsen diese drei Parteien gemeinsam und einhellig die Radfahrer vom Rad. Wenn’s ums Wohl der Autofahrer geht, wird flugs ein Parkplatznotstand in Wermelskirchen herbeigelärmt, Seit an Seit mit der CDU. Es dürfe “keine Gefährdung durch Radfahrer geben”. Muhahaha. Sprache kann ja so entlarvend sein. Das Fahrrad gefährdet Henning Rehses SUV. Wie schrieb Thomas Wintgen heute so treffend im Wermelskirchener Generalanzeiger? Es sei die “Brötchen-Fraktion”, die von Henning Rehse und seinem Mentor Rüdiger Bornhold angeführt werde, die Fraktion der Automobilisten, die nur mal eben Brötchen holen wollten und dabei verbotswidrig auf der linken Seite parken müssen. Es ist ja derart schlecht bestellt im Städtchen mit Parkplätzen. Nichts da. Ich stimme Thomas Wintgens Fazit zu, daß “Radfahren wesentliches Element unserer Freizeit’industrie’ ist und ein ernst zu nehmender Wirtschaftszweig” und daß “Verantwortungsbewusstsein zum Wohle der ganzen Stadt” anders auszusehen habe.
Monat: August 2012
Was fehlt?
Der frühere FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt beklagt in einem Gastbeitrag für das “Handelsblatt” den Zustand seiner Partei: “Nichts läuft so richtig zusammen. Es fehlt ein überzeugender Politikentwurf”. Bevor sich die Partei in Debatten über eine Ampelkoalition verliere, müsse sie “zuallererst einmal ihre eigene Politik überzeugend beschreiben und mit Gewicht durchsetzen”.
Günstlings-Wirtschaft
Gab es jemals einen FDP-Parteitag, auf dem nicht der Subventionsabbau beschworen wurde? Weil ja staatliche Zuschüsse oder steuerliche Vorteile als Vergehen gegen den freien Markt, gegen das freie Spiel der Kräfte zu brandmarken sind? Nein, der Subventionsabbau gehört zum Mantra blau-gelber Politik, seit jeher. Und dennoch werden große Teile der deutschen Industrie bis zum Jahr 2022 weiter von der Ökosteuer befreit – und damit auch von Kosten für die Energiewende. Unser famoser Wirtschaftsminister begründet den Gesetzentwurf der Bundesregierung mit der “Sicherung des Industriestandortes, Beschäftigung und Wachstum”. Dem Staat entgehen dadurch Einnahmen von jährlich 2,3 Milliarden Euro. Ein schwarz-gelb-blaues Geschenk für die Industrie. Und eine ungerechte Lastenverteilung, müssen private Verbraucher und kleine Unternehmen nunmehr doch höhere Energiekosten berappen. Greenpeace beispielsweise forderte die Regierung auf, pauschale Vergünstigungen zu streichen und die Ausnahmen zu begrenzen. Es dürften nur jene Firmen gefördert werden, die energieintensiv sind und gleichzeitig im internationalen Wettbewerb stehen. Das aber sei bei vielen der nun Begünstigten nicht der Fall.
Autoritäre Machtentfaltung
Gertrud Höhler, einst Literaturprofessorin und Beraterin Helmut Kohls, hat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine schonungslose Analyse des Machtsystems der Kanzlerin veröffentlicht, einen Vorabdruck aus ihrem demnächst erscheinenden Buch „Die Patin. Wie Angela Merkel Deutschland umbaut“. Hier einige Ausschnitte:
“Die Stabilität des Kontinents wird nur noch über Geldwerte definiert. Der Irrtum am Start der Währungsunion wird damit wieder handlungsleitend; das geheime Motto lautet: Wir kaufen Europa. (…) Mit Angela Merkel ist eine Frage auf die politische Tagesordnung gekommen, mit der die CDU einstweilen nur intuitiv, nervös und im Kern fassungslos umgeht: Es ist die Frage, ob der Wertekonsens, den alle bürgerlichen Parteien teilen, seine Gültigkeit verliert zugunsten situativer Unberechenbarkeit aller Akteure und Motive. Dass der Konflikt nicht ausgetragen wird, nicht jetzt, hat mit seinem grundsätzlichen Gewicht zu tun. Die Kanzlerin arbeitet daran, dass er sich von selbst erledigen werde, durch Gewöhnung an das neue, utilitaristische Wertekonzept. (…) Angela Merkel hat das Konzept von der überparteilichen, übernationalen Kanzlerin entwickelt. Sie führt ihr Amt wie einen Gemischtwarenladen: Produkte, die nicht gehen, werden aus dem Angebot genommen. Produkte der Konkurrenz, die besser laufen, werden kopiert. Die Kanzlerin sieht sich als Anbieterin in einem Meinungsmarkt, wo die Kundengunst über den Marktwert der Ware entscheidet. Was Politik anbietet, sind aber nicht Waren. Es sind Entwürfe für Lebensqualität, soziale Sicherheit und Entfaltungsrechte. In den Entwürfen der Parteien werden nicht einfach Kundenbedürfnisse erfüllt und Konsumversprechen abgeliefert. Politische Angebote in der Demokratie beziehen sich immer auf den Kanon von Zusagen, die unsere Verfassung den Bürgern macht. Dieser Kanon beginnt mit dem höchsten virtuellen Gut, das nie in Geldwerten taxiert werden darf: der Würde des Menschen. Wer Normen und Werte einer demokratischen Gesellschaft zur Manövriermasse macht wie Angela Merkel, der arbeitet am Zerfall der Demokratie. Wer die Alarmzeichen dieses Politikstils abstellen möchte, spricht gern vom „moderierenden“ Führungsstil der Kanzlerin. Sie moderiert den Wandel, der ohnehin abläuft, heißt es in solchen Entdramatisierungsgesprächen. Merkel sorge eher für einen softeren Verlauf der Abschiedsparty von dem Werteballast der bürgerlichen Mitte. (…) Wertemanagement à la Merkel ist ein Business für Erfolgreiche, die sich entschieden haben: Interessenlage schlägt Wertesystem. Immer. (…) Auf leisen Sohlen verlässt die Kanzlerin unseren Grundwertekonsens. Da sie die Macht hat, ist das doch mehr als nur ein Moderationserfolg. Mit Angela Merkel kommt der Typus des Ego-Politikers auf die politische Bühne. Die seien doch alle mit einem Riesenego unterwegs, mag mancher jetzt sagen. Aber die Ego-Politikerin Merkel macht den Unterschied. Keiner ihrer Kollegen und Vorgänger hat das Tableau seiner Themen so entschieden unter eine einzige Prämisse gestellt – den persönlichen Machtzuwachs – wie Angela Merkel. Keiner hat so zynisch die oppositionellen Lager ausgeräumt wie sie, keiner hat es zu einem Image gebracht, das die deutsche Kanzlerin begleitet: Alles ist möglich. Nichts ist ausgeschlossen. Die Ego-Karriere rangiert in jedem Fall vor dem Wohl des Landes und vor Europa. Noch kein deutscher Staatschef hat so kompromisslos die Rangfolge seiner politischen Ziele immer wieder umgeworfen und neu sortiert – um den einen Mittelpunkt: das eigene Ich. Ein so egomanischer Politikstil lässt sich nur durchhalten, wenn er schwer lesbar bleibt. Die Kanzlerin der Volten hat ihr Publikum und ihre Entourage an unverhoffte Richtungswechsel gewöhnt. Keiner ihrer Mitarbeiter würde eine Wette wagen, wenn es darum geht, wo man die Kanzlerin morgen antrifft. (…) Das System M etabliert eine leise Variante autoritärer Machtentfaltung, die Deutschland so noch nicht kannte. Die Diktaturen des zwanzigsten Jahrhunderts boten andere Erfahrungen, was den politischen Stil angeht – obwohl die Anklänge nicht zu leugnen sind: die Marginalisierung der Parteien, der Themenmix aus enteigneten Kernbotschaften anderer Lager in der Hand der Regentin; ihre Nonchalance im Umgang mit dem Parlament, mit Verfassungsgarantien, Rechtsnormen und ethischen Standards. Der Anspruch, das deutsche „Bremssystem“, eine Mischung aus Präpotenz und Symbolpolitik, zum Durchgriff auf das Budgetrecht beliebig vieler europäischer Länder auszubauen, ist wieder eine von den geräuschlosen Sprengungen, die Umsturz als Regierungsprivileg durchsetzen. (…) No commitment ist das Motto. Kein Bekenntnis zu Deutschland oder Europa, nur ein bisschen mehr statt weniger von beiden: eben ein deutsches Europa. Keine Leidenschaft, kein Credo, kein Bekenntnis. Sie alle lassen wir hinter uns in der Alten Welt. Kein mission statement, das die Größe des Projektes verrät. Es kommt „wie ein Dieb in der Nacht“. (…) Wo Markenkerne entwendet und neu kombiniert werden, kann auch die Partei, aus der die Täterin ihre Jagdausflüge unternimmt, die CDU, nicht mehr auf Patentschutz für ihre Identität bestehen. Der Allparteienstaat hat lauter gesichtslose Parteien. Bald wird sich keine von ihnen mehr über Gesichtsverluste beklagen. (…) Über Angela Merkels visionäres Profil wissen wir nichts. Sie arbeitet seit ihrem Auftreten an ihrer Flexibilität; wer sie auf eine Idee festlegen will, muss scheitern. Für sie hat sich die Abstinenz gegenüber Ideen und Visionen als Karriere-Treibsatz erwiesen. Das Fazit: In Deutschland kann man seit der Einigung politisch an die Spitze rücken, wenn man als Asket an allen Vorgaben vorbeizieht, von denen sich die Mitspieler aus der alten Westwelt aufhalten lassen: Rechtsnormen und Verfassungswerte, Verträge und Wettbewerbsfreiheit, ethische Standards und moralischer Grundkonsens.”