Monat: November 2015

Heute: Wermelskirchen unterm Hakenkreuz

Wermelskirchen unterm Hakenkreuz. Unter diesem Titel veranstaltet die Volkshochschule Bergisch Land heute einen Stadtspaziergang für Familien mit Kindern. Das besondere Augenmerk liegt auf der NS-Zeit mit besonderem Blick auf Kinder und Jugendliche im Nationalsozialismus. Treffpunkt ist der Lehrerparkplatz am Gymnasium, Stockhauser Str., Wermelskirchen, um halb Drei. Der Journalist und Wermelskirchenkenner, Armin Himmelrath, leitet den Stadtspaziergang.

Verrohung

Wer aber gegen Menschen wütet oder hetzt, weil die nicht “von hier” sind, ist nicht asylkritisch motiviert, sondern fremdenfeindlich, rassistisch und/oder nationalistisch. Solange diese Hasstiraden und die Hetze nicht die Grenze zur Strafbarkeit überschreiten, müssen wir sie im Namen der Meinungsfreiheit ertragen, aber wir müssen sie nicht noch durch das Prädikat “kritisch” adeln.

Anatol Stefanowitsch, Sprachwissenschaftler, Die derzeitige Rhetorik der CSU trägt zur Verrohung bei, in: Telepolis

 

Don´t fuck with the muslim!

Die Ruhrbarone haben’s veröffentlicht: Das Lehrstück von Sebastian Bartoschek über die politisch-pädagogisch-philologische Meisterleistung von Dr. Jürgen Mannke. Lesen Sie selbst:

Don´t fuck with the muslim!

Am 6. November 2015 | Von Sebastian Bartoschek

Neidet Dr. Jürgen Mannke Muslimen Sex mit 12jährigen Deutschen?

Magdeburg – ein Artikel, der vor Sex mit Muslimen warnt, und Flüchtlingen pauschal kriminelle Absichten unterstellt, sorgt für Unruhe. Denn der Artikel ist nicht irgendwo erschienen, sondern in der Zeitschrift des Gymnasiallehrerverbandes „Philologenverband“. Er wurde unterzeichnet vom Vorsitzenden und seiner Stellvertreterin. Und bei den beiden Personen wird es dann wirklich pikant. Der eine ist Schulleiter, die andere arbeitet im Ministerium. Der Artikel trägt den Titel „Flüchtlingsdebatte: Anpassung an unsere Grundwerte erforderlich“ und wir haben ihn vorsichtshalber mal hier hinterlegt, sollte dem Philologenverband Sachsen-Anhalt da doch was peinlich werden. Noch ist er online.

Einige Highlights. (Und immer daran denken: hier schreiben Lehrer, die Kindern und Jugendlichen Werte vermitteln sollen.)

Eine Immigranteninvasion überschwappt Deutschland, die viele
Bürger mit sehr gemischten Gefühlen sehen.

Mit diesem Satz startet der Artikel. Invasion? Eine militärische Begrifflichkeit? Um Menschen zu beschreiben, die ihre Heimat, ihre Familie verlassen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben?

Viele der Männer kommen ohne ihre Familie oder Frauen und sicher nicht immer mit den ehrlichsten Absichten.

Einige sollen sogar Handys haben. Sie liegen auf der faulen Haut und klauen gleichzeitig unsere Jobs. Schrödinger’s refugee. Im Ernst: Wie unanständig ist diese pauschale Kriminalisierung? Und in welchem Kausalzusammenhang soll diese denn dazu stehen, dass wir es nur mit Männern zu tun haben? Was macht Herr Dr. Mannke, wenn er auf Herrentour ist denn bitte?

Es ist nur ganz natürlich, dass diese jungen, oft auch ungebildeten Männer auch ein Bedürfnis nach Sexualität haben. Vor dem Hintergrund ihrer Vorstellungen von der Rolle der Frau in ihren muslimischen Kulturen bleibt die Frage, wie sie, ohne mit den Normen unserer Gesellschaft in Konflikt zu geraten, ihre Sexualität ausleben oder Partnerschaften in Deutschland anstreben können.

Dumm und voller Geilheit. So sahen Kolonialherren die „Negervölker“ Afrikas. Diese Passage  erinnert daran. Und steht da wirklich, dass die flüchtenden Muslime nicht in der Lage sind, konsensualen Sex mit Deutschen zu haben, weil es das bei ihnen nicht gibt? Ja. Das steht da. Man muss noch nicht einmal polemisieren.

Wie können wir unsere jungen Mädchen im Alter ab 12 Jahren so aufklären, dass sie sich nicht auf ein oberflächliches sexuelles Abenteuer mit sicher oft attraktiven muslimischen Männern einlassen?

Wo fängt man da an? Der Satz suggeriert, dass für ab 12jährige Mädchen sexuelle Abenteuer mit nicht-muslimischen Männern in Ordnung sind. Was ist eigentlich mit den ab 12jährigen Jungen? Oder ist das ohnehin „Sodomie“ für den Philologenverband? Darf man das mit Muslimen? Oder nur unter Christen? Was ist eigentlich mit den christlichen und atheistischen Flüchtlingen? Dürfen die an die 12jährigen ran? Oder ist 12 vielleicht generell zu jung für „sexuelle Abenteuer“? Und was ist mit den unattraktiven muslimischen Männern? Man muss kein Deutschlehrer sein, um diesen Fragesatz so zu durchleuchten. Immer dran denken: die Autoren des Satzes sind es.

Hinzu kommt noch, dass in sozialen Brennpunktschulen mit extrem hohen nichtdeutschen Schüleranteil Lehrerinnen und Lehrer beschimpft und sogar gedemütigt werden.

Ist „nichtdeutsch“ plötzlich synonym zu „muslimisch“? Ist man für die Autoren eigentlich Deutscher, weil man einen deutschen Pass hat oder weil man deutsche Eltern hat? Werden Lehrkräfte in anderen Schulen nicht „beschimpft und sogar gedemütigt“?

Geschrieben wurde dieser „Leitartikel“ von Iris Seltmann-Kuke und Dr. Jürgen Mannke. Beide Gymnasiallehrer, die sicherlich wissen, was sie da schreiben – und nicht „aus Versehen“ unzutreffende Worte wählen.

Frau Seltmann-Kuke arbeitet im Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt als Hauptpersonalrat. Letztes Jahr strickte sie noch für den guten Zweck.
Laut Verbandsseite ist sie zudem Lehrerin am Geschwister-SchoIl-Gymnasium in
Gardelegen, das seit 2007 „Schule gegen Rassismus – Schule mit Courage“ ist – was sich jedoch nicht bis zu Frau Seltmann-Kuke herum gesprochen hat.

Herr Dr. Mannke ist Schulleiter des Goethegymnasiums in Weißenfels.
Dort wurden laut Schulwebseite unlängst Flüchtlinge im Rahmen des Ethikunterrichts empfangen. Auf dem Artikelfoto zu sehen: junge farbige Mädchen, mit Blick auf die Intention des Berichtes mutmaßlich Flüchtlinge.  Wer schützt die eigentlich vor einem deutschen Schulleiter?

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Der alltägliche Wahnsinn im neuen Deutschland. Man mag es nicht wirklich glauben. Der Facebookseite der SPD-Bundestagsabgeordneten Michaela Engelmeier entnehme ich, daß Dr. Mannke zurückgetreten ist. Gottlob. Lesen Sie dazu auch die Volksstimme.

Nachtrag nach dem Nachtrag: Frau Engelmeier korrigiert sich. Dr Mannke ist noch nicht zurückgetreten. Der Ruf ist jedenfalls gründlich ruiniert. Wie man auch der WAZ entnehmen kann.

Fremdenfreundlichkeit

Eben, mitten in der Stadt, ich hole mein Auto vom Parkplatz, mit Hut und Schal bewehrt, grüßt mich ein älterer Herr. Älter jedenfalls als ich, wesentlich älter. “Sie tragen einen starken Hut und haben einen starken Bart.” Eine ungewöhnlicher, aber überaus freundlicher Gruß. Freundlichkeit, die ein Gespräch verdient. Ich erfahre, daß er gerade aus Wuppertal hierhin gezogen sei, er jetzt dort drüben auf der anderen Straßenseite wohne und daß man ihm kürzlich zweihundert Euro abgeluchst habe, weshalb er die Polizei habe aufsuchen müssen. Wir wünschen uns dann noch einen schönen Tag. Wie heißt es so modisch? He made my day. Ein fremder Mensch. Ein Mensch.

Nationalstolz

“Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, auf das er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, um stolz zu sein: Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.”

Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph, Autor und Hochschullehrer, in: Aphorismen zur Lebensweisheit

Gruselig

Mich befremdet total, was gerade abgeht, der Pegida-Wahnsinn in Sachsen und auch die AfD in Thüringen. Gerade als Ostdeutscher finde ich, dass die Leute im Osten, die vor 25 Jahren erlebt haben, wie die Mauer gefallen ist und im Westen mit offenen Armen empfangen worden sind, ziemlich an der Uhr drehen. Das finde ich gruselig.

Sebastian Krumbiegel, Musiker, über Pegida-Scham: Sachsen ist mir zurzeit ein bisschen peinlich, in: Remscheider General-Anzeiger vom fünften November Zweitausendundfünfzehn

“Wirtschaftsflüchtlinge”

Der Leserbrief eines Polizisten aus München ist im Internetportal Polizei-Mensch veröffentlicht worden. Vor sieben Wochen schon. Unter dem Titel: Leserbrief: Gedanken eines Polizeibeamten zur Asylproblematik schreibt der Autor unter anderem zum Thema “Wirtschaftsflüchtlinge”:

Ich finde, das Wort „Wirtschaftsflüchtlinge“ ist eine Verharmlosung sondergleichen. Das sind Menschen, die aus ihrer Heimat flüchten, weil sie dort nicht wissen, wie sie sich, ihre Familien, ihre Kinder am nächsten Tag ernähren sollen. Wenn ich meine zwei Kinder nicht ernähren könnte, würde ich auch alles menschenmögliche tun, um sie durchzubringen. Selbst wenn das bedeutet, in eine anderes, fremdes Land zu gehen. Und wenn, dann suche ich mir das Land aus, das die besten Chancen bietet. Im europäischen Raum ist das nun mal Deutschland.
Diese Leute kämpfen genauso um ihr Überleben, wie Menschen aus Kriegsgebieten, nur auf andere Weise. Deshalb sind wir auch ihnen als reiches Land rein menschlich gesehen verpflichtet, zu helfen. Leider gibt das die momentane Gesetzgebung nicht her. Trotzdem kommen tausende dieser „Wirtschaftsflüchtlinge“ in der Hoffnung auf ein Leben mit Perspektive nach Deutschland.

Alternative ?

Gestern Abend. Bürgerversammlung in der Kirche in Dhünn. Das Thema, natürlich: die Flüchtlinge. In Dhünn wird die Mehrzweckhalle als Erstaufnahmeeinrichtung fungieren müssen. Der Bürgermeister, Rainer Bleek, seine Verwaltungsspitze, Jugend- und Sozialamt, das Deutsche Rote Kreuz, sie alle informieren umfassend über die nahe Zukunft, soweit sie triftig zu beschreiben ist, und beantworten sämtliche Fragen der zahlreich erschienenen Bürger. Eine gelungene Veranstaltung, spürbar getragen vom Bürgersinn, den Ankömmlingen, die der Not und Bedrohung entflohen sind, zu helfen, sie willkommen zu heißen, sie zu betreuen, ihr materielles Elend zu lindern, ihnen in ihrer psychischen Not beizustehen. Alle Parteien waren vertreten. Und gottlob ist keine Partei als Partei aufgetreten. Einzig die nationalchauvinistische AfD unternahm den schäbigen Versuch, aus der Bürgerversammlung ein dünnes rechtspopulistisches Süppchen zu kochen. Sie verteilte Flyer mit dem Hinweis auf eine eigene Veranstaltung. Da die AfD kommunalpolitisch aber dünn besohlt ist, um es milde und harmlos zu formulieren, verwandelt sie die lokale Herausforderung durch die neuen Nachbarn in eine Regierungskrise. Sie habe, so die AfD in ihrem Pamphlet, Bedenken, “daß Frau Merkel ‘es’ nicht schaffen” werde. Nun, Frau Merkel wird es auch nicht schaffen. Denn sie hat mit den Flüchtlingen, die demnächst in der Dhünner Mehrzweckhalle vorübergehend untergebracht werden, auch nicht das Geringste zu tun. Die AfD ist Trittbrett- und Geisterfahrer zugleich. Sie hängt sich an eine städtische Informationsveranstaltung, weil sie ansonsten zu mickrig ist, mit eigenen Mitteln auf sich aufmerksam zu machen. Und sie betätigt sich als Geisterfahrer, um gegen den Bürgersinn, gegen die Anstrengungen der Zivilgesellschaft, gegen die vielen ehrenamtlichen Unterstützer und hauptamtlichen Helfer miese Stimmung zu machen und absonderliche Thesen zu verbreiten. Alternative? Weder für Deutschland, noch für Wermelskirchen.

Postscriptum: Vor ein paar Minuten erreicht mich ein Kommentar zu diesem Beitrag. Von Manfred Schawohl. Beisitzer im Kreisvorstand der AfD. Jener Mensch, der Flüchtlinge öffentlich als “Invasoren” bezeichnet hat, jener Mann, der sich nicht entblödet, die Regierungspolitik mit  Adjektiven wie “kriminell” zu schmücken oder “durchgeknallt”, der die Bundeskanzlerin eine “Verrückte” nennt, eine Diktatorin. Dieser Mann beklagt meine Wortwahl. Und ich solle argumentativ vorgehen, damit man mich nicht als “Hetzer” bezeichnen müsse. Sagt der Hetzer. Ich erspare mir und meinen Lesern jeden Kommentar von einem Menschen, der sich für den Dialog anständiger Bürger disqualifiziert hat, für das Gespräch mit Menschen, die Empathie empfinden für Bedrängte und Notleidende, für den Dialog mit jenen, die aus christlicher Nächstenliebe Hilfe leisten und anderen beistehen. Manfred Schawohl soll seine Hetzreden unter dem Schutz von Henning Rehse in Facebook verbreiten. In diesem kleinen Blog hier wird er seine Stimme nicht erheben können. Ich danke für das Verständnis der Leser.