Kategorie: Wermelskirchen

„Braunes Gesocks“

„Aufstehen und sagen: Das geht nicht! Wir sind ein tolles Land und entsprechend müssen wir uns auch präsentieren. Wenn wir das nicht machen, dann kriegt das braune Gesocks, das auch noch im Bundestag sitzt, immer mehr Oberwasser. Das ist der Job von uns und nicht von irgendwelchen Regierungen oder von Institutionen.“

Alexander Zorniger, Trainer des SpVgg Greuther Fürth zu den rassistischen Beleidigungen gegen seinen Spieler, Julian Green, in der ersten Runde des DFB-Pokals beim Halleschen FC. 

“Die Einfältigkeit lärmend aller Welt unter Beweis zu stellen”

Aber mit der Klugheit ist es so eine Sache. Um an die Spitze zu gelangen, auch um einen Platz an den wichtigen Bildungsinstitutionen zu ergattern, muss man nicht intelligent sein. Hauptsache, man hält sich für etwas Besseres, wie John K. Galbraith einmal anmerkte. Die aufgeblasene Selbstgewissheit, die dreiste Selbstüberzeugtheit der sogenannten besseren Leute ist ja schon ihre eigene Form von Dummheit, sogar wenn sie mit durchschnittlicher Intelligenz einher geht. Wobei natürlich auch die Kombination von „Reich und dumm“ durchaus häufig ist. Womöglich begünstigen Reichtum und die Erfolgskultur, die dem Winner versichert, ein schlauer Typ zu sein, sogar ein Verharren in Dummheit und geistiger Simplizität. Dem ohnehin Erfolgreichen, und sei er mit tausend goldenen Löffeln im Mund geboren, wird ja gerade nicht vermittelt, er müsse an sich arbeiten, sich verändern, um eine bessere Version seines Ich zu erschaffen. Er ist ja gewissermaßen schon perfekt. Insofern ist die häufig beobachtbare Gefühlsdummheit der Hochwohlgeboren und der besseren Leute, deren aufreizend-aufgeblasene Selbstverliebtheit gewiss nicht nur ein Ausdruck individueller Unintelligenz, sondern gesellschaftlich gemacht. Wer im Bewusstsein durchs Leben geht, sowieso ein toller Hecht zu sein, wird erstens wenig Anlass haben, an seiner Einfältigkeit etwas zu ändern, er wird auch durch sein pomadig-überhebliches Selbstbild nicht davor zurückschrecken, seine Einfältigkeit lärmend aller Welt unter Beweis zu stellen. Die Talkshows sind voll mit Anschauungsmaterial. Der „Aufstieg durch Bildung“ wird dennoch viel zu selten durch einen „Abstieg durch Dummheit“ vervollkommnet.

Robert Misik, Reich und Dumm, in: Newsletter Vernunft und Ekstase

Partei der Niedertracht

“Die AfD ist eine Partei der Niedertracht. Es ist falsch, sie zu wählen. Jemand, der zu dem Aufstieg dieser Partei beiträgt, ist gesellschaftlich absolut inakzeptabel. Es wäre verfehlt, zu einem ihrer Vertreter freundlich oder auch nur höflich zu sein. Man muss so unfreundlich zu ihnen sein, wie es das Gesetz gerade noch zuläßt. Es sind schlechte Menschen, die Falsches tun”

Max Goldt. zitiert nach Karl Kobs auf Facebook von Horst Kläuser. Max Goldt (geboren 1958 in Weende; eigentlich Matthias Ernst, auch Onkel Max) ist ein deutscher Schriftsteller, Kolumnist, Musiker, Comic-Szenarist und Hörspielautor. 

Ich teile auch den Nachsatz von Karl Jobs: “Ich finde, man sollte Max Goldt als Anhang in die Verfassung aufnehmen.”

Auf die Zeder folgt das Gold

Diese Überschrift erschließt sich erst, wenn man ein Posting noch einmal liest, das ich vor knapp einem Jahr hier eingestellt habe. Buchhaltung wider die Zeder war der Beitrag überschrieben und widmete sich einem schönen Schreiben der Bürgermeisterin, in dem sie Barbara und mir zur Goldenen Hochzeit gratulierte. Ein Jahr zu früh. Wir hätten die Zedern-Hochzeit auslassen müssen, die am neunundvierzigsten Jahrestag der Eheschließung begangen wird. Diese, wie festzustellen einem das Internet möglich macht, die Zeder, gilt als robustes und langlebiges Holz. Immerhin. Darüber hinaus werde „Erleuchtung“ mit diesem Tag assoziiert. Darauf kann man nun doch weiß Gott nicht verzichten. Also: Wir haben die neunundvierzigste Wiederkehr so begangen wie die meisten dieser Tage, von der Hochzeit selbst abgesehen: Mit einer kurzen Gratulation, einer mehr oder weniger intensiven gedanklichen Rückkehr in die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, der eher Staunen machenden Erkenntnis, was seither alles geschehen, was uns gelungen ist, was noch zu tun sein wird. Kein großes Fest, kein Empfang keine Girlanden an der Haustüre. Und so ist es auch heute. Kein Fest, kein Empfang, keine Girlanden an der Haustüre. Aber ein freundlicher Brief der Bürgermeisterin. „Von einem Ereignis, das nur wenigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern vergönnt sei, schrieb Frau Lück, von einem reichen und glücklichen Leben zu Zweit, von der Bereitschaft, sich immer wieder umeinander zu bemühen und Neues zu entdecken nach langen, gemeinsam verbrachten Jahren.“ Das gilt auch heute noch, ein Jahr später, zur Goldenen Hochzeit. Der Brief der Bürgermeisterin ist, auch heute noch, „ein durchdacht-nachdenklicher Text, besinnlich, klug, ganz unamtlich formuliert, sozusagen mehr an die betagten Freunde als an die Mitbürger adressiert. Sie wünscht uns alles Gute und das frohe Fest der Goldhochzeit.“ Vielen Dank, Frau Bürgermeisterin. Im nächsten Jahr werden wir dann die Weidenhochzeit begehen. Die Bezeichnungen fürs immergleiche, die Besinnung auf die Eheschließung, sind vielfältig. Da kommen noch Uran, Platin, Eisen, Juwelen oder Alabaster. Alles zu seiner Zeit. Heute ist erst einmal Goldhochzeit.

Pilotbüro

Der kürzlich verstorbene ehemalige Nachrichtensprecher des DDR-Fernsehens, Klaus Feldmann, hat Zweitausendsechzehn ein Buch mit dem Titel “Verhörte Hörer” veröffentlicht, in dem er Geschichten aus Rundfunk und Fernsehen im Sozialismus präsentierte, die eigentlich nie passieren sollten. So erinnerte er an Versprecher wie “demokratische Hodenreform” oder “bunte Transparente und Bruchbänder” oder das “Pilotbüro der SED”.

WPF

Made my Day: WPF. Soeben gelesen in Facebook, bei Bernd Kollmann. Seine Cousine Anne aus Hückeswagen sei die Urheberin dieser Wortschöpfung, die Wermelskirchener Porsche Fahrer bedeutet. Es geht um die Heizungen in den Privathäusern. Kollmann “verstehe die schräge Diskussion auch nicht, insbesondere in dieser Hinsicht die Nebelkerzenwerferei des WPF und seiner FDP-Freunde”.

Technologieoffenheit

Eine solche, breit gefasste und kritisch unterlegte Technologieoffenheit steht in krassem Gegensatz zu dem, was in der Politik, vor allem in der FDP, derzeit unter diesem Stichwort diskutiert und bestimmt auch beim Parteitag am Wochenende wieder Thema sein wird. Hier geht es oft nur darum, bereits bekannte und bekanntermaßen umweltschädliche Techniken weiter anwenden zu dürfen: um eine Art Hintertür, durch die man schlüpfen will, weil der Porsche-Motor so schön röhrt. Reduziert auf Dinge wie E-Fuels ist Technologieoffenheit bloß Schönfärberei. Gemeint ist: Ich will mir doch nicht alles verbieten lassen. Abgesehen davon, dass E-Fuels angesichts der zu erwartenden Preise dafür ohnehin kein Massenprodukt werden dürften: Solch ein Vorstoß zeugt von bemerkenswerter Rückwärtsgewandtheit. Es kann doch wohl nicht darum gehen, auf Verderb statt Gedeih am Vorhandenen festzuhalten. Weil in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig getan wurde, rennt der Menschheit jetzt beim Klimaschutz die Zeit davon. Anstatt Ressourcen darauf zu verwenden, Überkommenes wie den Verbrennermotor zu bewahren, wäre es viel besser, diese Kraft auf Zukunftstechnologien zu konzentrieren, die aus der Misere führen – und nicht weiter hinein. Das ist, nebenbei gesagt, auch eine Chance für das Hochtechnologieland Deutschland. Aber auch eine gewaltige Aufgabe.

Helmut Martin-Jung. Unter Affen, in: Süddeutsche Zeitung vom neunzehnten April Zweitausenddreiundzwanzig

Gereizter Münchener Professor

Wer gereizt agiert oder reagiert, wird oft als unsouverän wahrgenommen, aber die Frage ist natürlich, ob sich bei bestimmten Themen eine gewisse Gereiztheit gar nicht mehr vermeiden lässt. Um es mit dem “Spiegel”-Kolumnisten Christian Stöcker zu sagen: “Wer nicht verwirrt oder desinformiert ist, muss langsam zwangsläufig gereizt werden. Dieses ständige mit-bräsigem-Grinsen-angelogen-Werden zermürbt auch den geduldigsten Faktenfreund.”

Der Anlass dieser Äußerung: Thomas Langkabel, der National Technology Officer von Microsoft Deutschland, hatte in einem Tweet verständnisvoll gefragt, ob in einem neuen Video zum Thema E-Fuels, das der ZDF-Mann Harald Lesch für sein Online-Format “Terra X. Lesch und Co.” produziert hat, nicht eine “leichte Gereiztheit” auszumachen sei. Diese Gereiztheit trägt allemal dazu bei, dass Lesch zu großer Form aufläuft (auch wenn sein Text oft geschnitten wurde), es empfiehlt sich, ab der elften und 17. Minute mal für längere Zeit reinzuschauen. Lesch argumentiert unter anderem, dass der bei einem Elektroauto genutzte Strom einen “Wirkungsgrad” von 70 Prozent habe, dieser bei einem mit E-Fuels betriebenen Auto aber nur bei 13 Prozent liege, schließlich müsse der Strom, mit dem man ein E-Auto direkt betreiben kann, erst einmal dafür genutzt werden, um E-Fuels überhaupt herstellen zu können. Der Begriff “Technologie-Offenheit” gehöre in diesem Kontext in die Kategorie “Verarschung”: “Wenn ich einen Prozess habe, der so viel besser ist als ein anderer, dann werde ich mich doch nicht ‘offen’ – mit offenen Augen – für den schlechteren entscheiden.” Leschs Fazit lautet: “Diese E-Fuel-Debatte, so wie sie aktuell geführt wird, (basiert) gar nicht auf wissenschaftlichen Fakten (…)”

Beziehungsweise:
“Die Diskussion über E-Fuels ist einer der charakteristischen Fälle, wo jemand versucht oder wo viele versuchen, (…) aus unerfindlichen Gründen naturwissenschaftlich grundlegende Ergebnisse einfach wegzudrücken – so ein bisschen nach dem Motto: Diese Physik, (…) wie können wir sie umgehen? Wir können wir drumrum kommen?”

Lesch, der, wenn er nicht Fernsehen macht, Astrophysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München lehrt, prangert hier also einen neuen Fall der in gewissen Kreisen ja sehr populären Wissenschaftsleugnung an. Während Lesch die Gründe dafür, dass Menschen glauben, die Physik umgehen zu können, im sarkastischen Tonfall “unerfindlich” nennt, formuliert es der schon erwähnte Christian Stöcker in seiner aktuellen “Spiegel”-Kolumne etwas anders: “(Dass) wir (…) überhaupt über ineffiziente Lösungen wie (…) E-Fuels für Autos diskutieren, (…) hat vor allem einen Grund: Es gibt Branchen, die ein großes Interesse daran haben, dass weiterhin Sachen verbrannt werden. Und es gibt Politikerinnen und Politiker, die diesen Branchen weiterhin gern zuhören und ihre Interessen vertreten.”

René Martens, Ein neuer Fall von Wissenschaftsleugnung, in: Altpapier

Nachdenken über Waffenstillstand und Verhandlungen

Ich lese, etwa auf den Fotos von den diesjährigen Ostermärschen, die Karl-Reiner Engels beispielsweise bei Facebook einstellt, die mir natürlich sehr sympathische Forderung nach „sofortigem Waffenstillstand“, nach Verhandlungen („verhandeln statt aufrüsten“). Nur: Wer ist gemeint? Wer soll verhandeln? Mit wem? Mit Dmitry Medwedew, der öffentlich schreibt, Europa brauche keine Ukraine? Der Mann immerhin Ex-Präsident Rußlands und ehemaliger Vizepräsident, jetzt im Sicherheitsrat, bezeichnet Ukrainer als „Bastarde und Degenerierte“, die Treffen der Staats- und Regierungschef der EU als „Zirkus der Arschlöcher“. Kann man mit Medvedev verhandeln? Und wer soll das tun? Selenski? Macron? Scholz? Mit oder ohne Putin? Oder kann man mit Putin verhandeln, der bekundet dass Russland das Recht habe, „die selber begangene irrtümliche Bildung eines ukrainischen Staats rückgängig zu machen“? Kann man verhandeln mit Menschen, deren Position ist, daß eine Seite des Verhandlungstisches komplett ausgelöscht werden solle? Kann man verhandeln, noch während Rußland Teile der Ukraine okkupiert hat? Sind Verhandlungen ohne die Teilnahme der Ukraine möglich, Verhandlungen über den Kopf der Ukrainer hinweg? Keine Waffenlieferungen in die Ukraine. Das lese ich ebenfalls oft. Und ist mir eigentlich auch sympathisch. Was aber wäre die Folge? Gäbe es die Ukraine heute noch ohne diese Waffen? Heißt nicht Stop der Waffenlieferungen auch gänzliche Auslieferung der Ukraine an Rußland? Ohne Waffen ist der Untergang der Ukraine sicher. Ohne Waffen aus Europa und den USA ist die Okkupation der Ukraine durch Rußland erfolgreich. Im übrigen: Ohne Waffen wären die Vietcong nicht erfolgreich gegen Frankreich und die USA gewesen. Wir waren seinerzeit für russische Waffen in Vietnam. Weil wir für ein Ende der Okkupation Vietnams durch die USA waren. Ich weiß, das kann man nicht komplett miteinander vergleichen. Einen Anhalt zur Nachdenklichkeit liefert das Beispiel schon. Wer Frieden will in Europa und anderswo, muß sich konsequent gegen jeden Angriffskrieg stellen und die Angegriffenen massiv unterstützen. Alles andere wäre gleichsam eine Einladung zur Aggression. Rußland zurückzudrängen aus der Ukraine ist die Voraussetzung für einen Waffenstillstand und Verhandlungen. Rußland zurückzudrängen aus der Ukraine ist Voraussetzung für eine neue Friedensordnung in Europa. Rußland zurückzudrängen aus der Ukraine ist eine Voraussetzung für die Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine. Ich bin für Waffenstillstand und Verhandlungen.