“Es ist kein Zufall, dass populistische, nach totaler Macht strebende Herrscher stets die freie Presse angreifen – in den USA, in Polen, Ungarn, der Türkei. In Russland. Hannah Arendt hat den Mechanismus beschrieben, auf den Putin und seinesgleichen bauen: ‘Ein Volk, das nichts mehr glauben kann, kann sich zu nichts mehr entschließen. Ihm wird nicht nur die Fähigkeit geraubt zu handeln, sondern auch die Fähigkeit zu denken und zu urteilen. Mit so einem Volk kann man machen, was man will.’”
Aus einer Antwort von Claus Kleber, langjährige Moderator des “Heute Journals“, auf eine Interviewfrage der „Zeit“, zitiert nach Altpapier
Kategorie: Wermelskirchen
Achtundzwanzig
Achtundzwanzig Prozent der Kundschaft der Tafeln sind Kinder und Jugendliche. Ihr Anteil ist größer als der von Senioren. Achtundzwanzig Prozent Scham. Achtundzwanzig Prozent Verzicht, Sorge und Stress, wenn in Schule, Kita, Verein, Freizeitheim Geld eingesammelt wird oder die Sandalen zu klein werden. Jedes dritte Kind ohne Geld für Bildung, Hobbys, Ferien, Medien, Geschenke, Computer, Lebensmittelunverträglichkeiten, Handy. Einhundert Prozent Scham.
Präzise kritisieren und verbessern
Vielleicht ist das der eigentliche Skandal, den es aufzuklären gilt: dass diejenigen, die das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für eine unverzichtbare, großartige Institution halten, es nicht scharf genug kritisiert haben, wenn es erkennbar seinem Anspruch und Auftrag nicht nachkam.
Caroline Emcke, Was ARD und ZDF jetzt brauchen, in: Süddeutsche Zeitung
Vielleicht ist das der eigentliche Skandal, dass diejenigen, die an dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hängen, ihn allzu oft bloß kategorial gegen alle politisch-motivierten Anfechtungen verteidigt haben, anstatt ihn konkret und präzis zu kritisieren und zu verbessern. Vielleicht ist das das eigentliche Versäumnis, aus purem Entsetzen über die destruktiven Ambitionen der Gegner das eigene Unbehagen, die eigene Skepsis, die eigene Unzufriedenheit unterdrückt zu haben.
Verantwortungsverweigerung
Der Expertenrat für Klimafragen hat dem Klimaplan von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) laut Spiegel-Online mehrheitlich ein vernichtendes Urteil ausgestellt. Wissings Sofortprogramm sei »schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch«, stellten die vom Bund mit der Prüfung beauftragten Expertinnen und Experten am Donnerstag fest. Das im Juli kurz vor Fristablauf von Wissings Ministerium vorgelegte Programm würde bis Zweitausenddreißig gut dreizehn Megatonnen (Millionen Tonnen) CO₂ einsparen. Dann würde der deutsche Verkehrssektor in diesem Zeitraum aber immer noch zweihunderteinundsechzig Megatonnen mehr ausstoßen als erlaubt. Daher stellt der Bericht schon im ersten von eigentlich drei vorgesehenen Prüfschritten fest, dass das Papier »nicht die Anforderungen an ein Sofortprogramm erfüllt«.
Tal Wilkenfeld – Under The Sun
Tempolimit
Realsatire. Wenn die (politische) Realität die satirische Überhöhung weit hinter sich läßt. Etwa, wenn man lesen darf, daß sich die FDP in Düsseldorf für ein Tempolimit ausgesprochen hat. Für Radfahrer soll das Tempo in der Landeshauptstadt auf zehn Stundenkilometer beschränkt werden. Das kannst Du Dir nicht ausdenken.
VOB: Voice Of Baceprot
Auf dem rechten Auge klar
Es ist schwierig, mit einem neuen Auge, also einer neuen Linse im rechten Auge, der alten und diesig-verschleierten Linse im Linken und zwei verschiedenen Brillen, die nunmehr allenfalls das Bild des linken Auges ein wenig verbessern, von der neuen Linse im rechten aber so gar keine Ahnung haben. Einfach gucken, das geht gut. Lesen ist schwieriger, schreiben auch. Ich werde also, bis das zweite Auge ebenfalls mit einer künstlichen Linse ausgestattet sein wird, vermutlich viel weniger zu Papier oder zur Tastatur bringen. Gleichwohl: Ich bin froh, daß es jetzt alsbald wieder besser werden wird mit mir und den Buchstaben.
Konzerndeppendeutsch
Dass “gute Unternehmenskultur” wichtig sei und “Wertekodizes gelebt werden müssen”, sagt Wildermuth auch. Dieses Konzerndeppendeutsch weist auf ein weiteres Problem hin: Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk muss sich vieles ändern, auch die Sprache der Hierarchinnen und Hierarchen.
René Martens, Schon wieder eine medienhistorische Zäsur, in Altpapier