Stuttgart 21 in Wermelskirchen?

“Stuttgart 21 auch bei uns”. Bei uns in Wermelskirchen. So eine reißerische Überschrift aus der Bergischen Morgenpost. Viel weniger reißerisch ist dann der Artikel. Unser Bürgermeister stammt aus Stuttgart und wäre er heute dort, befände er sich auf der Seite der Bahnhofsbefürworter. Das ist sein gutes Recht. Auch als schwäbischer Dellmann. Als Bürgermeister äußert er sich aber auch zum Bürgerprotest und kommt zu erstaunlichen Einsichten. Das Stuttgarter Bahnhofsprojekt sei zwar seit Jahren bekannt, “den Bürgern aber nicht ausreichend kommuniziert worden. Und das ist auch unser Problem in Wermelskirchen, vor allem bei unpopulären Entscheidungen.” “Doch Weik”, so schreibt die Morgenpost weiter, ” sieht die Verantwortung für diese weit verbreiterte (Original der Bergischen Morgenpost, W.H.) Reaktion von Bürgern auch bei der Verwaltung und der Politik: ‘Wir haben ein ganz großes Problem, unsere Themen und Entscheidungen auch zu kommunizieren. Dagegen müssen wir etwas tun.'” Gut gebrüllt, Löwe. Verquaste Verwaltungssprache, unverstehbares Politikerdeutsch, semantische Täuschungsversuche, all dies trägt nicht unwesentlich zur Entfernung von Bürgern und Politik bei. “Professionelles Know-how von PR-Agenturen”, wie Eric Weik es für wünschenswert hält, ist indes kaum eine gute Lösung. Glatt gestrichene Public- Relations-Phrasen wären nur eine weitere Form der Uneigentlichkeit, der Täuschung.  Politiker, lokale Parteien, Bürgermeister, Stadtverordnete oder Kommunalbeamte müssen wieder lernen, die Sprache der Bürger zu sprechen, die Dinge offen und einfach formuliert auf den Punkt zu bringen, sich öffentlich so zu äußern, daß man sie ohne Übersetzer zu verstehen in der Lage ist, Interessen hinter vermeintlichen Verwaltungs- oder Politikzwängen offenzulegen – kurzum: mit den Bürgern in das Gespräch auf Augenhöhe einzutreten. Das wäre schon genug. “Stuttgart 21” in Wermelskirchen? Ach iwo. Das war doch nur der Überschriftentrick von Frau Tillmanns. Und wenn schon: Ein bißchen Protest müsse die Politik gelegentlich auch mit starkem Rücken aushalten, zitiert sie den Bürgermeister. Stimmt. Und freuen sollte sich die Politik, wenn sich die Bürger einmischen, wenn sie ihre Meinung sagen, wenn sie sich Gehör verschaffen gegen Parteien, Verwaltungen oder Politiker. Denn nichts ist gesünder für die Demokratie als muntere Bürger, die sich selbstbewußt zu Wort melden. Stuttgart 21 in Wermelskirchen? Ach iwo. Schade.

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