Schlagwort: Goethe

Butterbrottag

Heute ist der Tag des Deutschen Butterbrotes. Da kommt man von alleine wirklich nicht drauf. Seit 1999 ist alljährlich der letzte Freitag im September der Butterbrottag. So wollte und will es die Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft. Ein Butterbrot ist ursprünglich, wie man sich leicht denken kann, eine mit Butter bestrichene Scheibe Brot. Heute bezeichnet man so eine meist mit Käse oder Wurst belegte Scheibe Brot. Bei Goethe hieß es noch das “Butterbrod”, bei Luther die “Putterpomme” (Butterbemme). Aber weder dem großen Dichter noch dem nicht minder großen Reformator wäre es in den Sinn gekommen, einen ganzen Tag zu Ehren der kärglichen Knifte auszurufen, wie sie im Ruhrgebiet geheißen wird, der Bemme, wie man sie im Sächsischen ruft, der Schnitte oder Stulle, wie man sie im Norddeutschen oder Berlinerischen kennt, oder des Bütterkens, wie das gemeine Butterbrot am Niederrhein genannt wird. Da brauchte es schon größere gedankliche Kaliber als den Dichter oder das Mönchlein, nämlich eine veritable Marketinggesellschaft.

Volksmund, Goethe und Frau Aigner

“Sage mir, mit wem Du gehst, und ich sage Dir, wer Du bist.” So der Volksmund. Der wiederum geht auf den Altmeister Goethe zurück: “Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist; weiß ich, womit du dich beschäftigst, so weiß ich, was aus dir werden kann.” (“Maximen und Reflektionen”)  Und vermutlich hat der deutsche Dichtergott es von Euripides: “Jeder Mann gleicht der Gesellschaft, mit der sich umgibt.” Und jede Frau, natürlich, auch. Frau Aigner, unsere Bundesministerin für Verbraucherschutz, umgibt sich jetzt mit einem neuen Staatssekretär. Peter Bleser heißt der und ist bislang agrarpolitischer Sprecher der CDU im Bundestag. Mehr noch: Er gilt als Vertreter der – nein, das raten Sie nie: der Futtermittelindustrie. Doch, doch. Die Futtermittelindustrie, verantwortlich für den jüngsten Lebensmittelskandal, die Verseuchung von Tierfutter mit dioxinhaltigen Industriefetten aus schierer Profitgier, dieser Industriezweig rückt jetzt in Person von Herrn Bleser noch weiter im Ministerium auf. Sozusagen an die zweite Stelle hinter der Ministerin. Der Volksmund, Goethe und Euripides werden gewußt haben, warum sie aus der Umgebung auf das Wesen geschlossen haben. Wer der Futtermittelindustrie Fesseln anlegen muß, damit der Profitgier Einhalt geboten und die Gesundheit der Konsumenten gewährleistet werden kann, der sucht sich seinen Staatssekretär aus einer anderen Umgebung, etwa aus der Sphäre des Verbraucherschutzes. Aber das will Frau Aigner offenkundig nicht. Ilse Aigner ist keine Verbraucherschützerin. Ihr Ministerium heißt nur so. Den Grünen-Abgeordneten Friedrich Ostendorff zitiert Spiegel Online heute mit folgenden Worten: “Frau Aigner muss sich fragen lassen, ob Herr Bleser die richtige Besetzung für die Aufklärung des Dioxin-Skandals ist.” Spiegel Online weiter: “Eine Abkehr von der reinen Profitausrichtung sei kaum zu erwarten, da Bleser seit jeher gegen die Stärkung bäuerlicher Betriebe und für industrielle Massentierhaltung eintrete, so der Agrarpolitiker. Dem Bericht zufolge hatte Bleser während des Dioxin-Skandals immer wieder betont, schuld an den Futtermittel-Vergiftungen sei nicht das System der deutschen Agrarindustrie und der Massenproduktion, sondern kriminelle Machenschaften Einzelner. ‘Natürlich erwähnte er nicht, dass es nur dank der Ausrichtung der deutschen Landwirtschaft auf Massenproduktion und der undurchsichtigen Handelswege bei der Futterherstellung überhaupt möglich ist, dass ein einzelner Futtermittelhersteller Tausende von Bauernhöfen vergiften kann’, sagt Reinhild Benning, Agrarexpertin der Umweltschutzorganisation BUND.” Tja. Muß man sich aigentlich noch wundern, wenn die Politikerverdrossenheit nachgerade stündlich zunimmt?