Ach, wie blöd

Seit zweiundzwanzig Jahren herrscht Putin über Rußland. Achtzehn Jahre davon als „Präsident“, vier als Ministerpräsident. Die Bezeichnung Präsident alleine kennzeichnet ein politisches System noch keineswegs als Demokratie. Der autoritäre Herrscher Putin soll nunmehr aber, wenn man der nationalistisch-populistischen Liberaldemokratischen Partei (LDPR) Rußlands glauben kann, mit der Bezeichnung „Herrscher“ ausgestattet werden. Das berichtet der Merkur. Der Begriff „Präsident“ in Russland sei noch nicht „vollständig verwurzelt“, schreibt die staatliche Nachrichtenagentur Ria Novosti. In den Augen der LDPR grenze man sich mit der russischen Bezeichnung „Pravitel“ (Herrscher) auf diesem Wege auch von den USA ab, die ihr Staatsoberhaupt seit jeher Präsident nennen. In der Begründung heißt es weiter, man wolle von einer aus einer Fremdsprache stammenden Berufsbezeichnung wegkommen – in diesem Fall Französisch beziehungsweise Latein. Vor zwei Jahren noch wurde dieser obskure Vorschlag in der Duma, dem Parlaments-Substitut in Moskau, abgelehnt. Mit der politischen Bildung der Bevölkerung kann es nach mehr als dreißig Jahren autoritärer Herrschaft von Jelzin und Putin, nach mehr als neunzig Jahren Diktatur der Bolschewisten, nach jahrhundertelanger Herrschaft von Klerus und Zaren nicht sehr weit her sein. Daß aber die Eliten des Landes zu einem derartigen Vorschlag samt kruder Begründung greifen, läßt mich dennoch schaudern.

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