Tag: 2. Juli 2017

Der Staat befindet nicht darüber, was natürlich ist

Die Tatsache, dass Alleinerziehung durch eine Mutter oder einen Vater inzwischen akzeptiert ist, wirft nicht zuletzt die Frage auf, weshalb an das Hinzutreten einer zweiten Erziehungsperson besondere biologische Qualifikationsanforderungen gestellt werden müssten. Das Eherecht sollte, mit anderen Worten, nicht mehr neben dem geschmacklosen Witz und der moralischen Hetze – „Homosexuelle tun dies und das, sind so und so“ – das letzte Refugium einer Sittenpolizei sein, die sich Bescheidwissen anmaßt. Der Staat befindet nicht darüber, was natürlich ist, er entscheidet im Bereich des gesellschaftlich Verträglichen. Redensarten wie die, es habe die Natur die Ehe hervorgebracht, um die Reproduktion der Arten zu garantieren, sind unfreiwillige Anträge auf abermaligen Biologieunterricht.

 Jürgen Kaube, Gleichgeschlechtliche Ehe. Man nennt das Freiheit, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom zweiten Juli Zweitausendundsiebzehn